Lizenz zur Zufriedenheit
Mann und seit einigen Monaten leitender Key Account Manager bei einem Konsumgüterunternehmen. Er wird nach Absprache mit der Personalentwicklung von seinem Vorgesetzten zu mir geschickt. Nach Aussage des Chefs hat Stefan des Öfteren Schwierigkeiten, Terminvorgaben einzuhalten, z. B. bei der Vorbereitung von Jahresgesprächen mit dem wichtigsten Großkunden. Zwei seiner drei Mitarbeiter klagen außerdem über sein Führungsverhalten. Auf mein Nachfragen hin schildert Stefan, dass er regelmäßig Wochenendschichten schiebe, seit er die Führungsrolle übernommen hat. Dies verlange er dann bisweilen auch von seinem Team.
Wir stellen im Laufe des Gesprächs fest, dass Perfektion eine sehr hohe Stelle in Stefans Wertesystem einnimmt. Im Zuge dessen berichtet er auch sichtlich angespannt von seinem Elternhaus, insbesondere vom „überkritischen Vater“. Wir vereinbaren, uns dieses Thema in einer späteren Sitzung genauer anzuschauen. Zuvor sprechen wir allerdings über sein Zeitmanagement sowie seinen Führungsstil und kommen dabei auf die 80 / 20-Regel zu sprechen. Stefan kennt diese noch als Pareto-Prinzip 271 aus dem BWL-Studium. Dass es auch im Kontext von Selbstmanagement eine Rolle spielen kann, wusste er allerdings bislang nicht.
Mit der Zeit lernt Stefan – auch wenn es ihm zu Beginn betont schwerfällt –, die 80 / 20-Regel auf sein Zeit- und Selbstmanagement anzuwenden. Er verinnerlicht nach und nach, dass (nur) gut häufig gut genug ist und nur wenige, wirklich eminent wichtige Dinge bis ins letzte Detail ausgearbeitet und von jedem möglichen Blickwinkel aus hinterfragt werden müssen. Mittlerweile haben sich seine Wochenendeinsätze – wie auch die seines Teams – auf ein Mindestmaß reduziert.
Übung
Zufriedenheitswerkzeug: 80 / 20-Denken im Selbstmanagement
Einführung
Das Pareto-Prinzip beschreibt das Phänomen, wonach eine kleine Anzahl von hohen Werten einer Wertemenge mehr zu deren Gesamtwert beiträgt als eine hohe Anzahl von kleinen Werten derselben Menge. Pareto untersuchte zu seiner Zeit die Vermögensverteilung in Volkswirtschaften und entdeckte, dass ca. 20 % der Marktteilnehmer etwa 80 % des Vermögens besitzen. Später stellte man fest, dass sich die Regel auf viele Wirtschaftsbereiche übertragen lässt: So verursachen in einer Fabrik ca. 20 % der Produkttypen etwa 80 % des Ausschusses. Viele Unternehmen erwirtschaften mit ca. 20 % ihrer Kunden etwa 80 % des Umsatzes. Ca. 80 % der Anfragen bei einer Telefonhotline entstehen durch etwa 20 % der Anfragetypen. Usw.
Sinn und Zweck
Mehr als 100 Jahre nach Paretos Entdeckung übertrugen Management-Vordenker, allen voran Richard Koch (2008) 272 , die Denkweise auf das Selbstmanagement. Dabei geht es im Kern um die Überlegung, dass wir in der Regel mit ca. 20 % des Gesamtaufwands für eine Aufgabe etwa 80 % des Ergebnisses erzielen können. Die letzten 20 % bis zur Perfektion erfordern schließlich die restlichen 80 % an Zeit und / oder Anstrengung. Es bietet sich hier also ein Ausweg aus der Perfektionsfalle. Die Idee lässt sich allerdings noch wesentlich weiter spinnen: So ist es vorstellbar, dass ca. 20 % der Menschen und Dinge in unserem Leben für etwa 80 % unseres subjektiven Wohlbefindens sorgen. Letztendlich geht es schlicht darum, mehr Zeit und Energie genau dort einzusetzen – und alles andere weitestgehend sein zu lassen. Die so frei gewordene Zeit kann dann wiederum für die wahrhaft wertschöpfenden Elemente eingesetzt werden.
Was Sie dafür benötigen
Papier, Schreibzeug, den eventuell vorhandenen Terminkalender – und jede Menge Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und den Menschen und Dingen in Ihrem Leben. Plus: Die Bereitschaft, sich unter Umständen von mehr oder weniger lieb gewonnenen Überzeugungen, Angewohnheiten und möglicherweise auch Jobs und Mitmenschen zu trennen.
Was Sie besonders beachten sollten
Lassen Sie sich nicht vom Zahlenwerk ablenken. Zum einen kommt es dabei häufig zu Fehlschlüssen 273 , und zum anderen ist das auch gar nicht des „Pudels Kern“. Es zählt der Leitgedanke, dass einige wenige Dinge, die Sie machen, mit großer Wahrscheinlichkeit um ein Vielfaches effektiver, zielführender und Zufriedenheit stiftender sind als viele andere.
Was idealerweise dabei herauskommt
Wenn Sie Ihre verschiedenen Lebensbereiche gründlich auf 80 / 20-Mechanismen hin untersuchen, entsteht am Ende mit großer Wahrscheinlichkeit eine explizite Liste von Dingen, Verhaltensweisen, aber auch von
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