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Lob der Torheit

Lob der Torheit

Titel: Lob der Torheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erasmus von Rotterdam
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Rock verkaufen müßte. Da Christus stets die Sanftmut, Verträglichkeit, und Verachtung des Lebens einschärfte, so ist hier seine Meinung nicht schwer zu finden; nämlich, um seine Gesandten jetzt noch mehr zu entwaffnen, sagt er ihnen, sie sollen sich nicht nur der Schuhe und des Sackes entschlagen, sondern auch den Rock wegwerfen, um das evangelische Geschäft desto hurtiger und ungehinderter betreiben zu können; sie sollen sich nichts anschaffen als ein Schwert; nicht ein solches, mit welchem Räuber und Mörder zu würgen pflegen, sondern das Schwert des Geistes, das bis in das Innerste der Seele dringt und daraus alle Leidenschaften so ausrottet, daß nichts als Frömmigkeit in dem Herzen herrscht.
    Man sehe aber, wie jener Theolog die Sache zu verdrehen weiß: das Schwert erklärt er für die Verteidigung gegen die Verfolgung; durch den Sack versteht er einen zureichenden Vorrat von Lebensmitteln; als ob Christus seine Meinung ändernd, weil es das Ansehen haben könnte, er habe seine Gesandten nicht stattlich genug ausgerüstet, über seine vorige Anordnung einen Widerruf tue. Also hätte er seiner vorigen Aussprüche vergessen: sie werden selig sein, wenn man sie schmähe, schimpfe, peinige; sie sollen den Bösen nicht widerstehen; denn die Sanftmütigen seien selig, nicht die Trotzigen; sie sollen die Vögel und die Lilien zum Beispiele nehmen; jetzt sollen sie sich wohl hüten, die Reise ohne Schwert anzutreten; ehender sollen sie ihre Kleider verkaufen. Wie er also meint, daß unter dem Worte Schwert alles verstanden werde, das zur Abtreibung eines feindlichen Angriffes dienlich sein kann: also versteht er durch Beutel und Sack alle Lebensbedürfnis.
    Also versieht dieser Dolmetscher des Geistes Gottes die Apostel mit Ober- und Untergewehr, um soldatenmäßig den Gekreuzigten zu predigen; auch läßt er es ihnen an Reisegepäcke und Mundproviant nicht fehlen, damit sie nicht genötigt seien, auch das schlechteste Gasthaus mit hungerndem Magen zu verlassen. Der Mann läßt sichs auch nicht anfechten, daß auf den Befehl, ein Schwert zu kaufen, bald ein anderer erfolgte, der das Schwert einstecken hieß; auch daß es nie erhört worden, daß die Apostel sich wider Angriffe der Heiligen des Schwertes und Schildes bedient haben; etwas, das sie ohne Zweifel getan hätten, wenn ihnen dazu ein Befehl wäre gegeben worden.
    Ein Anderer [2] , den ich aus Hochachtung nicht nenne und der ein sehr berühmter Mann ist, macht aus den bei dem Habakuk vorkommenden Häuten, das ist Gezelten der Midianiten, die Haut des lebendiggeschundenen Bartholemeus.
    Neulich wohnt ich, wie ich es oft tue, einer theologischen Disputation bei; jemand kam mit der Frage angestochen, auf welche Schriftstelle sichs gründe, daß man einen Ketzer ehender durch Feuer und Schwert als durch Vernunftgründe besiegen müsse. Ein saurer Graukopf, an dem schon die gerümpfte Stirn den Theologen verriet, schrie auf eine hämische Weise: »Dieses Gesetz hat ja Paulus gegeben, da er sprach: ›einen ketzerischen Menschen meide, nachdem du ihn etlichemal ermahnt hast‹«. Nachdem er diese Worte mit großem Nachdruck verschiedenmal wiederholt hatte, und jedermann im Zweifel war, was sich doch in des Mannes Kopfe müsse zugetragen haben, ließ er sichs endlich gefallen, sich näher zu erklären. Um diese seine Erklärung zu verstehen, müssen Sie meine Herren wissen, daß der Mann Latein geredet hat, und »meide« in dieser Sprache heißt »devita«; nun spaltete der verschmitzte Mann dieses Wort und schrie: heißt es nicht ausdrücklich de vita, »aus dem Leben weg«, und ists nicht klar, daß man die Ketzer verbrennen und die Asche in die Luft streuen müsse?
    Einige lachten; doch fehlt es auch an solchen nicht, denen diese Erklärung recht theologisch zu sein schien. Weil sich aber doch noch Ungläubige finden lassen, ließ sichs unser unbesiegbare Held gefallen, den Knoten mit einmal zu zerschneiden, indem er sprach: Merket auf; es steht geschrieben, einen Maleficanten soll man nicht leben lassen; nun ist jeder Ketzer ein Maleficant; und folglich, und so weiter. Alle Anwesenden bewunderten des Mannes Scharfsinn, und fielen seiner Meinung mit Haut und Haaren bei; keinem träumte auch nur, daß das Gesetz von Zauberern rede, die hier durch Maleficanten verstanden werden; sonst müßte man auch jeden Hurer und Trunkenbold, die ja auch Maleficanten oder Übeltäter sind, mit dem Tode bestrafen.
    Bin ich aber nicht närrisch, daß ich mich bei Dingen

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