Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lob der Torheit

Lob der Torheit

Titel: Lob der Torheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erasmus von Rotterdam
Vom Netzwerk:
bloßes Narrenspiel. Dieses legt dem auf mich verfertigten und bereits angeführten Lobsprüche des Cicero seine Stärke bei: es wimmle alles von Narren. Wenn jener weise Mann ferner sagt: »Der Narr ändert sich wie der Mond, der Weise bleibt wie die Sonne« was sagt er dadurch anders, als: das ganze Menschengeschlecht sei närrisch und Gott allein gebühre der Titel eines Weisen? denn, durch den Mond versteht man die menschliche Natur; durch die Sonne hingegen Gott, die Quelle alles Lichtes. Christus stimmt in dem Evangelium diesem bei, da er sagt, man müsse Gott allein gut nennen; nun, wenn jeder Unweise ein Narr, jeder Gute aber ein Weiser ist, wie die Stoiker lehren, so folgt notwendig, daß alle Sterblichen närrisch sind.
    Salomon sagt im fünfzehnten Kapitel seiner Sprüche: »die Narrheit macht dem Narren Freude«; er gesteht es also rund heraus, ohne die Narrheit habe dieses Leben nichts angenehmes. Hierher gehört auch dieses: »wo viele Weisheit ist, da ist viel Schmerzen; und wo viel Verstand ist, grämt man sich sehr.« Eben hiervon redet auch dieser vortreffliche Prediger, im siebenten Kapitel: »das Herz der Weisen ist bei der Traurigkeit; das Herz der Narren bei der Freude«. Es war ihm nicht genug, daß er sich mit der Weisheit bekannt machte, nein, er wollte zugleich mich kennen. Wer mir auf mein Wort nicht glauben will, der höre seine Worte des ersten Kapitels: »ich habe mein Herz darauf gesetzt, zu wissen was Klugheit und Lehre, was Irrtümer und Narrheit seien.« Hier ist zu bemerken, daß er aus Ehrerbietung für die Narrheit sie zuletzt genannt hat; denn der Prediger schreibt (und bekanntermaßen ist dieses die Predigerweise), der, welcher an Würde der erste ist, solle die letzte Stelle einnehmen; und hiermit stimmt das evangelische Gebot überein.
    Daß die Narrheit der Weisheit vorzuziehen sei, sagt auch deutlich jener Ecclesiasticus, wer er immer gewesen, in seinem vier und vierzigsten Kapitel. Doch nein, meine Herren, ich werde seine Worte nicht ehender anführen, als bis sie mir (beim Herkules sei es geschworen) gewisse Einleitungsfragen, wie es beim Plato die machen, welche sich mit dem Sokrates unterreden, richtig beantwortet haben. Nun, schickt sichs besser, etwas Seltenes und Kostbares zu verbergen, als etwas Gemeines und Geringes? Wie! Sie schweigen? Gut! wenn Sie gleich mäusestill da stehen, so soll das Sprichwort der Griechen für Sie antworten: »Den irdenen Wasserkrug läßt man an der Tür stehen.« Nein, niemand versündige sich durch Verspottung dieses Sprichworts; wir finden es bei dem von unsern Meistern göttlich verehrten Aristoteles. Würde, meine Herren, einer von Ihnen Narrs genug sein, seine Edelgesteine und sein Geld auf die Straße hinaus zu legen? Im innersten Zimmer, in den geheimsten Winkeln eiserner Kisten, werden Sie es verschließen; was Sie öffentlich liegen lassen, muß wirklich ein Quark sein. Wenn man also das Kostbare verschließt und das Schlechte öffentlich liegen läßt: folgt nicht deutlich, die Weisheit, die er zu verbergen verbietet? Nun möge man seine eigenen Worte hören. »Der Mensch, der seine Narrheit verbürgt, ist besser als der Mensch, der seine Weisheit verbirgt.«
    Die heiligen Bücher schreiben auch der Narrheit ein aufrichtiges Gemüt zu, alldieweil der Weise meint, daß niemand ihm zu vergleichen sei. Einmal versteh ich es so, was der Prediger im zehnten Kapitel sagt: »Wenn der Narr auf der Straße geht, so glaubt er, weil er närrisch ist, jeder, der ihm begegnet, sei ein Narr.« O welche Redlichkeit! er achtet jeden so gut als sich; er, da jedermann hohe Gedanken an sich selbst hat, teilt seinen Ruhm mit jedermann. Ein so großer König schämte sich auch dieses Beinamens nicht, da er im dreißigsten Kapitel sagt: »Ich bin der Närrischste unter dein Menschen.« Und auch Paulus, der Heidenlehrer, bezeugt in seinem Brief an die Korinther, daß er sich den Titel eines Narren sehr wohl gefallen lasse: »Als ein Narr (spricht er) sag ich es; mehr als irgend ein Anderer«, als ob er sichs zur Schande rechnete, an Narrheit übertroffen zu werden. Freilich widersprechen mir einige Nasenweise, die sich mit ihrem Griechischen brüsten, die heut zu Tage, recht krähenmäßig, die Augen so vieler Theologen auspicken, und ihren Auslegungsquark Andern aufdringen wollen; und hier kann mein Erasmus (den ich oft aus Hochachtung nenne) Anspruch wo nicht auf die erste, doch auf die zweite Stelle machen. Ja (rufen sie) sich so auf die

Weitere Kostenlose Bücher