Lob der Torheit
.
1509
Übersiedlung nach Cambridge, wo er in den nächsten Jahren in Theologie und Philologie doziert. In London zu Gast bei Thomas More, verfasst Erasmus Morias enkomion seu laus stultitiae (Lob der Torheit) .
1511
Publikation von Lob der Torheit .
1514
Übersiedlung nach Basel.
1516
Erasmus wird Hofrat des späteren Kaisers Karl V., vornehmliche Aufenthaltsorte sind Brüssel und Löwen. Entbindung von seinem Gelübde als Augustinerchorherr durch den Papst. Publikation von Institutio principis Christiani (Die Erziehung des christlichen Fürsten) . Erasmus legt mit Novum Instrumentum omne die erste kritische Druckausgabe des Neuen Testaments in griechischer Sprache vor, samt lateinischer Übersetzung und Anmerkungen.
1517
Erscheinen der Querela pacis (Die Klage des Friedens) , in der er gegen die Idee des ›gerechten Kriegs‹ argumentiert. Mit seiner grundsätzlich humanistischen und toleranten Einstellung ist er Vorreiter der Reformation.
1518
Die satirischen Colloquia familiara (Gespräche im vertrauten Kreis) werden veröffentlicht.
1519
Zweite Ausgabe des Novum Testamentum . Sie dient Luther als Grundlage für dessen deutsche Bibelübersetzung. Zunächst nicht Luthers Gegner, spricht sich Erasmus jedoch für eine sanftere ›innere Reform‹ aus, auch in Hinblick auf die Willensfreiheitsfrage ergeben sich Differenzen.
1520
Luthers De captivitate Babylonica ecclesiae löst Kontroversen zwischen Luther und Erasmus aus.
1524
Zurück nach Basel. Veröffentlichung der Streitschrift De libero arbitrio (Vom freien Willen) . Endgültiger Bruch zwischen Luther und Erasmus.
1529
Erasmus zieht aus dem reformierten Basel ins katholische Freiburg um.
1533
Die Anekdotensammlung Apophthegmata erscheint.
1535
Rückkehr nach Basel. Vor Drucklegung der vierten Auflage von Adagia hat Erasmus über 4000 Weisheiten angesammelt.
1536
Am 11 . oder 12 . Juli stirbt Erasmus in Basel.
Aus Kindlers Literatur Lexikon:
Erasmus von Rotterdam, ›Lob der Torheit‹
Die berühmteste aller humanistischen Satiren hat Erasmus während eines Englandaufenthaltes im Jahr 1509 im Hause des Thomas Morus (der griechische Titel –
Morias enkomion seu laus stultitiae
– spielt auf den Namen des Freundes und Gastgebers an), angeblich innerhalb einer Woche und ohne jegliche Bücher und Hilfsmittel, ausgearbeitet. Er hat sie allerdings erst 1511 , nachdem wenige Monate zuvor in Paris eine nicht autorisierte und fehlerhafte Ausgabe erschienen war, in Straßburg selbst publiziert. Das Werk wird Erasmus’ größter literarischer Erfolg: Noch zu seinen Lebzeiten erscheint es in 36 Auflagen bei 21 verschiedenen Druckern; es folgen zahllose Übersetzungen; Rabelais »verschlang« es, und Milton fand es noch 1632 in Cambridge »in jedermanns Hand«.
Im 15 . Jh. ist der Wahnsinn ein beliebtes Thema, das Moralisten, Dichter und Maler, wie beispielsweise Hieronymus Bosch oder Brueghel, inspiriert. Nur wenige Jahre vor dem
Lob der Torheit
hat Sebastian Brant in seiner Moralsatire
Das Narren Schyff
( 1494 ) die allegorische Figur der Narrheit auftreten lassen und eindringlich vor ihrer Sündhaftigkeit gewarnt; Erasmus dagegen gewinnt der Torheit ein heiteres und humorvolles Antlitz ab. Im 38 . Kapitel seiner witzigen Lobrede unterscheidet Erasmus zwei Formen des Wahns: auf der einen Seite »Kriegslust, unersättliche Goldgier, entehrende und sündige Liebe, Vatermord, Blutschande, Tempelraub und derlei Scheußlichkeiten«, auf der anderen Seite jedoch einen zweiten, anders gearteten Wahn: »Er stellt sich ein, wenn holde Täuschung das Herz vom Druck der Sorgen erlöst und mit reichem Glück überschüttet.« Der geniale Einfall des Autors, der ihm – seinem Widmungsschreiben an Thomas Morus zufolge – auf der zweimonatigen Rückreise von Italien nach England kam, besteht nun darin, dass er die personifizierte Torheit (Stultitia) eine ›declamatio‹, eine Redeübung im Sinne antiker Rhetorenschulen, halten und unverfroren ihr Eigenlob verkünden lässt.
Die gesamte Menschheit, so behauptet die gewitzte Rednerin, verdanke ihr Dasein überhaupt nur der Torheit, denn welcher vernünftige Mann würde für das allzu kurze Vergnügen der Kopulation mit der lebenslangen Fessel der Monogamie, welche denkende Frau mit den Beschwerden und Schmerzen der Mutterschaft bezahlen wollen? Auch Heldentaten im Krieg entsprängen allesamt dem Wirken der Torheit, denn was könnte
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