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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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habe die Rüstkammer geplündert«, sagte er. »Ich bin mir nicht sicher, wie viel davon Ihr gebrauchen könnt.«
    Winters zog einen abgenutzten Ledergürtel mit einem einzelnen, langen Spähermesser in einer unverzierten Scheide aus dem Haufen hervor. Als sie die Klinge zog, flüsterte das Leder leise. Mit dem Daumen prüfte sie ihre Schärfe, und eine dünne Perlenschnur aus Blut quoll hervor. Sie steckte es wieder in die Scheide und legte es zur Seite. Sie hatte von Hanric das Kämpfen gelernt, obwohl sie dabei keine besonders gute Figur gemacht hatte. Sie hatte gelernt, wie man eine Schleuder benutzt, verfügte aber kaum über nennenswerte Fähigkeiten mit dem Schwert oder dem Messer. Sie hatte keinen Gefallen daran gefunden und sich stattdessen lieber damit beschäftigt, ihre Träume sorgfältig aufzuschreiben und dem Buch hinzuzufügen, im Vertrauen auf ihren Schatten und die Männer, die er anführte.
    Nur dass ich sie jetzt anführe , durchfuhr es sie. Sie dachte an Hanric, der in der Erde schlief, und schluckte die Traurigkeit hinunter, die sie plötzlich überfiel.
    Seamus zog mehrere Kettenhemden und Lederharnische aus dem Haufen. »Ein paar davon könnten Euch passen«, sagte er, »aber sie waren eigentlich nicht für die Schlacht bestimmt – eher zur Ausbildung von Kindern.«
    Winters nickte. Er geht davon aus, dass wir in die Schlacht reiten. Sie fürchtete, dass er mit dieser Einschätzung richtiglag. »Was werden wir deiner Meinung nach vorfinden?«
    Seamus hielt inne und sah ihr in die Augen. »Leichen«, sagte er.
    Sie hob einen der Harnische hoch und hielt ihn sich vor die Brust. Mit schiefgelegtem Kopf musterte ihn Seamus, dann trat er hinter sie und befestigte die Riemen. Winters spürte, wie das harte Leder ihre Brüste flachdrückte, während er sie festzog. Sie
hielt den Atem an, bis er fertig war, dann atmete sie langsam aus. »Und die Angreifer?«
    Er wählte einen Helm aus, einen kleinen, runden aus Eisen, setzte ihn ihr auf den Kopf und runzelte die Stirn, als er ihr halbes Gesicht verdeckte. Er tauschte ihn gegen einen anderen aus, dann hob er ihr langes, geflochtenes Haar und legte es ihr um den Kopf. »Sie sind inzwischen längst verschwunden, da möchte ich wetten«, sagte er. »Ich mache mir eher wegen der anderen Sorgen.«zu
    Ja. Meirovs Waldläufer waren seit den Anschlägen viel weiter nördlich als üblich auf Patrouille gegangen, genauso die Grenzspäher von Turam. Und da sie in den letzten Wochen Armeen ausgehoben hatten, die langsam nach Norden marschierten, war es nur eine Frage der Zeit. Der Angriff auf den päpstlichen Sommerpalast konnte durchaus das Ereignis sein, an dem sich der Krieg zwischen ihrem Volk und seinen südlichen Nachbarn entzündete.
    »Ich werde unterwegs weitere Vögel aussenden«, sagte sie. Winters legte das Messer an und wandte sich um; Seamus trat zurück, um sie zu begutachten. Sie zog die Klinge und stieß drohend damit zu. »Wie sehe ich aus?«
    Er schnaubte. »Nehmt es mir nicht übel, edle Dame Winteria, aber Ihr seht eher aus wie eine Vogelscheuche, und nicht wie ein Soldat.«
    Sie nickte und warf in dem gesprungenen Spiegel, der an der Wand lehnte, einen Blick auf sich selbst. »Das tue ich«, sagte sie. Winters drehte sich ein letztes Mal und seufzte. »Aber es wird gehen.«
    Zehn Minuten später ritt Winters an der Spitze eines zerlumpten Haufens von Soldaten und Sumpfspähern. Sie entkorkte die Phiole und kippte sich einen Schluck der Stimm-Magifizienten in den Rachen. Abwartend räusperte sie sich leise, bis sie hörte, wie die Wirkung einsetzte und das Geräusch ihres Hustens die Kiefern zum Rauschen brachte.

    »Ich bin Winteria bat Mardic, die Königin des Sumpfvolks, und ich reite unter Waffen zum päpstlichen Sommerpalast. Wer schließt sich mir und den Meinen an?«
    Die Männer und Frauen um sie herum brüllten, und es schien, als würden jedes Mal, wenn sie die Aufforderung wiederholte, mehr und mehr Stimmen um sie herum eine Antwort rufen.
    Während sie ritten, kamen weitere hinzu: bärtige Männer, frisch mit Schlamm und Asche bedeckt, ihre Waffen hastig in den Gürtel gesteckt oder über die Schulter geschlungen, während sie noch damit beschäftigt waren, zerschlissene Rüstungsstücke anzulegen, oder ihre Pferde noch am Zügel führten, während sie ihren Kindern Abschiedsküsse gaben.
    Winters dachte an das letzte Mal, als sich ihre Armee versammelt hatte, an die Rauch- und Feuersäule, die sich vor dem Himmel des Zweiten

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