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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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von dem belebten Platz geleitet – geschleppt beinahe –, wo ihn ein Wagen erwartete.
    Lysias war an seiner Seite, sein Gesicht rot. »Dies hätte in aller Stille vonstattengehen sollen.«

    Petronus lächelte. »Vergebt mir, wenn ich Eure Stille gestört habe.« Hinter ihm, das wusste er, schmuggelten Esarovs Männer Charles bereits durch Gassen, Fenster und Keller aus der Stadt. Wenn alles nach Plan verlief, würde er sich bei Einbruch der Nacht schon jenseits der Mauern und in zwei Tagen in Rudolfos Obhut befinden.
    Danach wartete Sanctorum Lux.
    Die starken Hände hoben Petronus in die Kutsche und schlossen die mit Eisen verstärkten Türen. Der Großteil der Leute auf dem Markt hatte ihr Treiben mit großem Interesse beobachtet, und Petronus war sehr zufrieden mit sich.
    Bisher, dachte er, schienen sich die Dinge so gut zu entwickeln, wie es nur möglich war.
    Petronus lehnte sich zurück an die gepolsterte Bank, schloss die Augen und wünschte sich, der Rest ihres Planes möge genauso glatt verlaufen. Aber selbst dann, als er versuchte, die Strategie vor sich auszulegen und sich die bevorstehenden Ereignisse vorzustellen, stellte er fest, dass seine Gedanken immer wieder zu Rudolfo und Charles und Sanctorum Lux gezogen wurden.
    Wo lag es? Wer hatte es errichtet? War es sicher?
    Die Fragen brandeten heran, während die fensterlose Kutsche holpernd über die Kopfsteinpflasterstraßen fuhr, hier nach rechts und dort nach links abbog, bis sie an den Toren vorbei war und auf der offenen Straße Geschwindigkeit aufnahm.
    Allmählich wurde Petronus von der Kutsche in einen leichten Schlaf geschaukelt. Darin träumte er von Meilen über Meilen von Büchern – alten und neuen –, die sich erstreckten, so weit das Auge reichte. Und Neb war dort, grinsend wie ein Vielfraß, zusammen mit Charles und Rudolfo und Isaak.
    Ich bin nicht in meinem eigenen Traum , erkannte Petronus.
    Aber das musste er auch gar nicht sein.
    Er musste nur wissen, dass sich das Licht in guten Händen befand.

Kapitel 15
    Winters
    Winters saß unter der schwach flackernden Lampe und wälzte einen weiteren Band des Buchs der Träumenden Könige. Seit sie vor beinahe einer Woche Ezra begegnet war, hatte sie sich, soweit es ihr möglich gewesen war, den langen, gewundenen Regalreihen gewidmet, die sich zurückerstreckten bis hin zu den ersten Tagen der Sümpfler in den Benannten Landen.
    Sie hatte mit den Bänden begonnen, die ihr Großvater hinzugefügt hatte, mit akribischer Sorgfalt aus seinen Träumen niedergeschrieben, und inzwischen las sie die ihres Vaters. Bisher hatte sie nichts entdecken können, sie war allerdings auch nicht ganz sicher, wonach sie eigentlich suchte. Ezra hatte behauptet, dass das Buch bis zu Windwirs Fall unverändert geblieben war.
    Während meiner Herrschaft. Dennoch sehnte sich etwas in ihr nach einem Hinweis, ganz gleich welchem, der seine Worte entkräften oder sie näher erläutern würde. Immer wieder hörte sie seine Worte, und jedes Mal sah sie die weißen Linien der Narbe auf seiner Brust, die unbestreitbar älter war als sie selbst. Wer immer Ezra war, er hatte das Zeichen des Hauses Y’Zir vor langer Zeit empfangen – zu Lebzeiten ihres Vaters. Und ihr Vater hatte den Fall von Windwir in seinen Träumen gesehen, wenn auch die Narbe des alten Mannes womöglich sogar noch älter als diese Vision war.

    Winters schauderte, wenn sie sich vorstellte, dass diese Schnitte noch weiter zurückliegen mochten.
    Sie hörte ein leises Pfeifen und blickte auf.
    Seamus, der Älteste aus dem Rat der Zwölf, kam näher. Selbst in dem trüben Licht wirkte sein Gesicht ausgezehrt und blass. »Meine Königin«, sagte er mit leiser Stimme, »wir haben eine Warnstufe ausgerufen.«
    Winters erhob sich rasch und schloss das Buch, in dem sie las. »Was ist los?«
    »Wir haben Vögel aus dem päpstlichen Sommerpalast erhalten«, sagte er. »Die Androfranziner werden angegriffen.«
    »Von wem?« Der päpstliche Palast stand unter dem Schutz der Zigeuner und wurde inzwischen von ein paar hundert androfranzinischen Flüchtlingen bewohnt, die sich entschlossen hatten, sich nicht in die Neun Wälder aufzumachen. Sie blies ihre Lampe aus und ging zu Seamus, der am Eingang der Höhle auf sie wartete.
    Sein Mund war ein fester, weißer Strich, als er antwortete. »Von uns, wie es scheint.«
    Zügig schritt sie los, und Seamus hatte Mühe, mit ihren kürzeren Beinen mitzuhalten. Während sie marschierten, wirbelten ihre Gedanken wild

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