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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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Y’Zir.«
    Winters hörte, wie der Zigeunerspäher nach Luft schnappte, trotz der Magifizienten, die das Geräusch dämpften. »Ich werde diese Nachricht an die edle Dame Tam weiterleiten«, sagte er. »In der Zwischenzeit verfolgen wir jene, die für diesen Angriff verantwortlich sind. Ich werde Euch Nachricht durch einen meiner Männer zukommen lassen, sollte ich etwas herausfinden.«
    Winters neigte den Kopf. »Ich danke Euch, Leutnant.« Sie zögerte und überlegte, ob sie die Frage stellen sollte, die sie quälte. Sie spürte einen leichten Luftzug, als der Schatten sich abwandte, und rief ihm nach. Ihre Stimme klang heiser, so stark waren die Gefühle darin, die sie so gerne verborgen hätte. »Gibt es Neuigkeiten von der Expedition in die Ödlande?«

    Sie spürte, wie Adrys zögerte. »Das ist eine Militäroperation der Neun Wälder, edle Dame Winters, und ich habe nicht die Erlaubnis, mich mit Euch darüber auszutauschen.«
    Winters schloss die Augen. »Da habt Ihr ganz und gar recht. Ich entschuldige mich, Leutnant.«
    Adrys’ Stimme wurde weicher. »Gerüchte behaupten, dass Ihr und der Junge, Neb, einander gernhabt.«
    Sie wurde rot und sagte nichts.
    »Wir tun unser Bestes, um ihn zu finden. Aedric selbst kümmert sich darum.«
    Winters spürte, wie ihr flau im Magen wurde, und die Welt um sie herum kippte weg, während die Worte tiefer in sie eindrangen. Ihn zu finden. »Ist er verschollen?« Nun war von den starken Gefühlen nur ein verzweifeltes Flüstern geblieben.
    Aber der Zigeunerspäher war bereits verschwunden und ließ sie mit einem Gefühl des Grauens zurück, das in ihr aufkeimte wie ein dunkler, kalter Samen.
    Der schwarze Vogel, den sie zuvor weit oben erspäht hatte, stieß ein Kreischen aus; für Winters klang es in diesem stürmischen Himmel wie Gelächter.
    Jin Li Tam
    Jin Li Tam rang mit ihrem unruhigen Magen und hielt sich tief über den Sattel gebeugt. Sie hatte die Auswirkungen von Jakobs Pulvern auf ihren Gleichgewichts- und Bewegungssinn völlig unterschätzt. Der Ritt drohte, ihr das leichte Mittagessen wieder zu entreißen, das sie vor einer Stunde zu sich genommen hatte.
    Irgendwo hinter ihr erging es Lynnae nicht besser. Sie fuhr inzwischen mit Jakob in der Kutsche, und zu ihrem Schutz war eine Einheit von Rudolfos höchstdekorierten Zigeunerspähern
abgestellt. Sie war mit Jakob an der Reihe, weil sie längere Schichten auf sich genommen hatte, um Jins Zeitplänen für die Treffen mit den Hauptleuten der Streunenden Armee entgegenzukommen.
    Dennoch war es gut, wieder im Sattel zu sitzen, den kalten Wind auf dem Gesicht und die Stärke des Pferdes unter sich zu spüren. Seit sie sich in den Gebirgsausläufern versammelt hatten, die die Neun Wälder umgaben, war Jin eingehüllt von den Geräuschen und Gerüchen einer marschierenden Armee. Und die Nächte, die sie um der Wärme willen dicht gedrängt in dem Wagen mit Jakob und Lynnae verbrachte, riefen etwas in ihr wach, das schon seit geraumer Zeit eingeschlafen war.
    Wie lange war es her? Vielleicht war das letzte Mal während der Zeit gewesen, als sie mit Rudolfo die anderen acht Häuser bereist hatte, um den Verwaltern und Bürgern der größeren Städte vorgestellt zu werden, die überall dort aufgeblüht waren, wo Rudolfos Familie ihre Residenzen errichtet hatte. Mit Sicherheit aber während des Krieges zuvor.
    Zu ihrer Rechten hörte sie ein Flattern und einen dumpfen Schlag. Sie blickte hinüber und sah einen kleinen braunen Vogel, der sich im Fangnetz des Zweiten Hauptmanns verfangen hatte. Philemus griff mit behandschuhten Fingern hinab, um den Vogel herauszunehmen, und zog einen geknoteten Faden von seinem winzigen Fuß. Nachdem er den Handschuh abgelegt hatte, betastete er die knotigen Erhebungen auf dem Garn und reichte es an Jin weiter. Sie las es rasch mit den Fingern.
    Es hat begonnen. Sie sah auf und kniff die Augen zusammen, um in dem grauen Zwielicht des wolkenverhangenen Himmels etwas zu erkennen. Irgendwo weiter vorne hatten die Kämpfe begonnen. Seit die Streitkräfte aus dem Süden sich den Sumpflanden näherten, hatten sie das Vordringen der Armeen von Pylos und Turam mit ihrer Spähervorhut verfolgt, und gestern waren die Waldläufer von Pylos in das Gebiet der Sümpfler oder vielmehr
in den Streifen Wildnis eingedrungen, der gemeinhin als unbemannte Grenze galt und sich gleich vor ihrer Armee erstreckte.
    Aber gegen wen kämpfen sie? Die Sumpfarmee patrouillierte im hohen Norden und suchte dort nach

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