Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
Vom Netzwerk:
«
    Lysias beugte das Haupt. »Edler Herr Erlund.«
    Erlund deutete auf einen Sessel mit lederner Lehne vor dem Schreibtisch, und der General setzte sich. »Habt Ihr noch etwas herausgefunden?«
    Vor drei Tagen hatten sie durch einen nicht gekennzeichneten Vogel einen anonymen Hinweis erhalten. Die Botschaft warnte vor einem Attentat und stützte sich auf einen Beweis, der einen Handel zwischen den Revolutionären und, wie es nun aussah, Plänklern der Sümpfler belegte, die unter der Wirkung einer neuen Art von Spähermagie standen. Sie hatten gerade noch genug Zeit gehabt, Erlund sicher auf seinem Schiff auf See zu verstecken und ihn durch jemanden aus dem halben Dutzend Doppelgänger zu ersetzen, die sie während dieser unruhigen Zeiten hin und wieder als Vorsichtsmaßnahme anheuerten.
    Und vor zwei Nächten war ein unsichtbarer, rasierklingenscharfer Sturm in das Anwesen eingedrungen und hatte jeden, der zwischen den Angreifern und ihrem Ziel stand, zu einem blutigen Klumpen zerfetzt.
    »Die Deltaspäher haben sie spät in der letzten Nacht hundert Meilen nördlich gefunden«, berichtete er dem Aufseher. »Sie waren tot. Sechs insgesamt.« Er hielt inne. »Der Hauptmann ist davon überzeugt, dass das alle sind.«
    Erlund wirkte überrascht. »Tot? Unsere besten Späher konnten ihnen nichts anhaben. Wie ist das möglich?«
    Lysias rutschte unruhig hin und her. Der Hauptmann, der ihm als Adjutant diente, hatte ihn mit genau dieser Nachricht geweckt,
doch er wusste nicht zu sagen, wie es dazu hatte kommen können. »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Aber ich habe einen Wagen losgeschickt, damit die Leichen hierhergebracht werden. Es waren Sümpfler, ganz wie es in dem Brief behauptet wurde. Sie sind gestorben, noch während sie rannten, und Hauptmann Syskus zufolge waren sie bis auf kleinere Schnitte und Kratzer unverletzt.«
    Erlund dachte einen Augenblick nach, sein Löffel verharrte auf halbem Weg zum Mund. »Ich möchte den genauen Bericht des Hauschirurgen haben«, sagte er.
    Lysias nickte. Vielleicht würde es dem durchtriebenen alten Schnippler gelingen, einen Hinweis auf die Magifizienten zu finden, die die Attentäter angewendet hatten. In all den Jahren hatte er nichts Vergleichbares gesehen, und in Lysias wurden Erinnerungen an die Vorlesungen über Frühgeschichte in der Akademie wach, an die Legenden von einst, aus den Tagen vor dem Zeitalter des Lachenden Wahnsinns, als die Hexenkönige die Alte Welt mit ihrer Blutgarde und ihren Bannsprüchen voll düsterer Macht beherrscht hatten, ausgehandelt in den Niederen Gefilden unter der Erde. »Den werdet Ihr bekommen, Herr.«
    »Gut.« Der Aufseher löffelte sich grauen, dampfenden Haferschleim in den Mund und spülte ihn mit etwas hinunter, das aussah wie Zitronenbier mit Honig. »Wann wäre es Eurer Ansicht nach sicher, nach Carthos zurückzukehren?«
    Lysias hatte darüber nachgedacht und wusste, dass seine Antwort nicht gut ankommen würde. »Im Moment gar nicht, fürchte ich«, sagte er. »Ich bin der Ansicht, es ist sinnvoller, wenn Ihr hierbleibt.«
    Erlund schüttelte den Kopf und stellte seinen Krug ab. »Ich werde mich nicht länger verstecken, Lysias. Esarov und seine intellektuellen Ruhestörer müssen wissen, dass sie gescheitert sind und der Aufseher des Deltas sich bester Gesundheit erfreut und mit Nachdruck seine Herrschaft ausübt.«

    Darin ähnelt er seinem Onkel. Lysias spürte, wie der Ärger in ihm aufwallte, doch er zwang sich dazu, es sich nicht anmerken zu lassen. »Es wäre nicht klug, Herr. Die Stadtstaaten sind für Euch nicht mehr sicher. Warum beauftragt Ihr nicht Ignatio, einen weiteren Doppelgänger in Eurem Palast einzusetzen, bis wir mehr über das Ausmaß dieser Bedrohung wissen?«
    Erlunds Blick verengte sich. »General Lysias?«, fragte er mit leiser Stimme.
    Lysias sah ihm in die Augen und wich seinem Blick nicht aus. »Ja, Herr?«
    »Wann ist es Euch jemals gelungen, mich von etwas abzubringen, das ich für richtig hielt?«
    Nun wandte sich Lysias doch ab und nahm damit die Zurechtweisung zur Kenntnis. »Niemals, Herr.« Aber es könnte noch Euer Untergang sein , dachte er. Auf jeden Fall hatte es Sethbert den Untergang gebracht.
    »Gut.« Der Aufseher wechselte daraufhin geschickt das Thema. »Und was für Neuigkeiten gibt es aus den Städten?«
    »Samael und Calapia fangen sich wieder. Die Verstärkungstruppen, die wir dorthin entsandt haben, setzen das Kriegsrecht rigoros durch«, sagte er. »Berande wird sich noch

Weitere Kostenlose Bücher