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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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drei Vögel geschickt und ihnen als Ziel den Wall zugeflüstert«, sagte Aedric. »Sie sind alle mit unberührten Nachrichten zurückgekehrt. Zwei waren verwundet. Unsere letzte Nachricht aus dem Wald lautet, dass Rudolfo in aller Stille ausgeritten ist, um Vlad Li Tam zu
finden, und die Armeen sich inzwischen in Pylos und Turam sammeln und ein Auge auf den Norden geworfen haben. Dies ist nicht die richtige Zeit, uns hier draußen auf eine wenig erfolgversprechende Aufgabe einzulassen, ohne die Möglichkeit zu haben, Nachrichten nach Hause zu schicken.«
    Neb dachte darüber nach. »Meint Ihr, Renard könnte uns helfen? «
    Aedric zuckte mit den Schultern. »Ich bin mir nicht sicher, ob das, was er anbietet, Hilfe ist.« Er nickte zu Isaak. »Diese Metallmänner sind mit Sicherheit ein wahres Wunder der Welt, aber an diesem anderen war etwas Tödliches … etwas, das anders war als bei Isaak. Er hatte Blut an den Händen, dessen bin ich mir sicher, und er hätte nicht gezögert, noch mehr zu vergießen.«
    Neb zweifelte nicht an Aedrics Worten. Er hatte gesehen, wie das Metallungetüm im Wachhaus durch sie hindurchgefegt war, war dabei gewesen, als es drei Stufen auf einmal genommen hatte, um die Mauer zu erklimmen. Sicher hatte auch Isaak Blut an den Händen, aber sein Bedauern und seine Reue darüber wurden in jedem hinkenden Schritt des Metallmanns offenbar. Er wirkte nicht wie eine Gefahr, aber demjenigen, der ihn dort auf dem Hüterwall als Vetter bezeichnet hatte, haftete ein gefährlicher Geruch an. Doch trotz der Gefahr wurde Neb von etwas Mächtigem getrieben – von einer Neugier, die an Zwang grenzte. Schließlich nannte er es beim Namen: »Was ist mit Sanctorum Lux?«
    Aedric nickte bedächtig. »Ganz richtig«, sagte er. »Darum müssen wir uns auch noch kümmern.« Er seufzte, blickte nach Westen zum Hüterwall, dann nach Osten, wo sich die zerklüfteten Umrisse der Berge am Horizont erhoben, und schließlich zu Isaak und zu Neb. »Wir müssen etwas darüber in Erfahrung bringen. Aber ich denke, General Rudolfo würde nicht mit so hohem Einsatz spielen, um der Antwort auf diese Frage nachzujagen. Dieses Unterfangen kommt zu einer schlechten Zeit, und wir sind schlecht dafür gerüstet.«

    Er meint uns , erkannte Neb, obwohl er nicht ergründen konnte, weshalb Rudolfo so viel auf ihn hielt. Bei Isaak war es durchaus nachvollziehbar: Der Metallmann trug riesige Mengen von Wissen in sich und war für ihre Arbeit an der Wiederherstellung der Bibliothek unersetzlich. Selbst eine nur einmonatige Abwesenheit würde sich in den Neun Wäldern bemerkbar machen, aber sollte ihm etwas zustoßen und er gar nicht zurückkehren, konnte das die Arbeit an der Rettung des Lichts vollkommen zum Erliegen bringen. Er war der Vorarbeiter aller Mechoservitoren und der Einzige ihrer Art, der die Prinzipien verstand, nach denen sie funktionierten, so dass er sie warten und am Laufen halten konnte. Und er war … Neb suchte nach einem Wort und fand es schließlich. Besonders. Anders. Von seiner Art war er der Einzige, der einen Namen angenommen hatte, und der Einzige, der einen Androfranziner-Talar trug. Zumindest bis jener andere aufgetaucht war, der einen Talar getragen und sich Charles genannt hatte wie derjenige, den die Mechoservitoren als ihren Vater betrachteten.
    Und einmal hatte Isaak die Worte von Xhum Y’Zirs Bannspruch rezitiert, hatte den Tod auf Windwir herabgesungen. Er hatte sich in eine Waffe verwandelt, die über den Völkermord weinte, zu dessen Ausführung sie missbraucht worden war.
    Es war nachvollziehbar, dass Rudolfo Isaak nicht aufs Spiel setzen wollte. Aber was war mit Neb? Er war ein Junge, ein junger Offizier, der für sein Alter schon zu viel gesehen hatte, und doch nur so wenig. Winters erkannte in ihm eine große Bestimmung – Nebios ben Hebda, den Heimatsucher. Denjenigen, der früher oder später der sagenhafte Heimatfinder des Sumpfvolks werden und sie in ein gelobtes Land jenseits ihrer wildesten Vorstellungen führen würde. Aber selbst Neb hatte mit dem abergläubischen Unterbau dieser Prophezeiung zu kämpfen, obwohl er Vertrauen in die Sumpfkönigin Winters hatte.
    Neb richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf ihre leise Unterhaltung
und leckte sich über die trockenen Lippen, ehe er sprach. »Trotzdem«, sagte er, »wenn es ein Heiligtum des Lichts gibt – wenn es eine weitere Bibliothek ist, wie Isaak es vermutet …«
    Aedric unterbrach ihn. »Dann werden wir darauf vertrauen, dass

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