Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lockende Kuesse

Lockende Kuesse

Titel: Lockende Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
für ihn, als hätten sie sich in Luft aufgelöst. Vielleicht waren sie ja in eine andere Stadt gezogen oder zurück nach London gegangen oder gar wieder nach Irland. Schließlich sah er ein, dass sie ihm eine Nachricht hinterlassen hätte, wenn ihr irgendetwas an ihm liegen würde. Nun, er konnte ihr das nicht vorwerfen; sich selbst gab er die Schuld. Was er getan hatte, war unentschuldbar. Am Ende hörte er auf, in jeder Menschenmenge nach ihrem schönen Gesicht zu suchen. Er hatte das Gefühl, dass er sie ziehen lassen musste, wenn sie ihn unbedingt loswerden wollte. Das war das Mindeste, was er für sie tun konnte. Doch musste er immerzu an sie denken, und das einzige Mittel dagegen war Arbeit. Also stürzte er sich in seine Arbeit. Doch nachts, wenn er im Bett lag, tauchte manchmal ihr Bild vor ihm auf, und der Raum füllte sich mit dem einzigartigen Duft ihres Lockenhaars - einer Mischung aus Rosen und Torfrauch. Dann schimpfte er sich einen verfluchten Trottel. Hätte er sie doch bloß nicht mit Gewalt genommen, sondern sanft und behutsam, hätte er doch bloß langsam ihre Leidenschaft geweckt und ihr mit seinen erfahrenen Händen Entzücken und Erfüllung geschenkt.
    Er schrieb die Webereien zum Verkauf aus, weil er nun endgültig beschlossen hatte, auf der nächsten Fahrt seines Handelsschiffes nach Amerika zu segeln. Er verkaufte den Ägypter zu einem sehr hohen Preis, doch da die Angebote für die beiden anderen Webereien weit hinter seinen Erwartungen zurückblieben, beschloss er, sie so lange zu behalten, bis er ein besseres Angebot bekam. Patrick war aufgefallen, dass die Ballen mit der besten Baumwolle von einer Plantage namens Bagatelle stammten, die in den Carolinas lag. Er beschloss, dorthin zu reisen und wenn möglich gleich die gesamte Ernte aufzukaufen. Mit Feuereifer machte er sich daran, Waren für die Ladung zusammenzustellen. Er musste seine Ungeduld zügeln, denn es dauerte länger als er erwartet hatte. Endlich war alles zur Abreise nach Liverpool bereit, wo die Waren unter seiner Aufsicht aufs Schiff geladen wurden. Dann stachen sie endlich in See.
    Patrick stellte fest, dass er das Meer liebte. Er merkte, dass er eine Veränderung gebraucht hatte und dass ihm die Abwechslung gut tat. Die Luft war scharf und belebend und das raue, maskuline Umfeld auf dem Schiff kam ihm ebenfalls sehr entgegen. Die einfache Kameradschaft unter den Seeleuten gefiel ihm, und er fand sich rasch in das Schiffsleben ein. Als sie im Hafen von Charleston vor Anker gingen, stellte Patrick fest, dass Schiffe aus England dort sehnsüchtig erwartet wurden. Die Waren, die er mitgebracht hatte, wurden ihm praktisch unter den Händen weggerissen, obendrein zu fantastischen Preisen.
    Er hatte an Monsieur LeCoq von der Bagatelle-Plantage geschrieben und ihm seinen bevorstehenden Besuch angekündigt. Nun steckte in seiner Tasche die Einladung der LeCoqs. Er kaufte eine Kutsche und ein Pferdegespann für die Fahrt. Als er auf Bagatelle eintraf, staunte er über die Größe und den Luxus der Plantage. Das war wahrlich keine Bagatelle, auch wenn der Name dies andeutete. Die Plantage musste mindestens zehntausend Morgen umfassen. Er sah endlose Reihen von Sklavenhütten und Hunderte von Sklaven. Das herrliche georgianische Herrenhaus, bei dessen Anblick ihm der Atem stockte, stand inmitten eines makellos gepflegten Parks. Er lenkte seine Kutsche die ausholende runde Auffahrt hinauf, und ein halbes Dutzend Sklaven erwarteten ihn, um ihm die
    Pferde abzunehmen und zu versorgen. Das Haus war weiß gestrichen und besaß einen breiten Balkon, der die gesamte Frontseite einnahm. Der Rasen sah aus wie dicker, grüner Samt, kein Hälmchen, das nicht perfekt gestutzt war. Patrick zählte über ein Dutzend Gärtner, die ihrer Arbeit nachgingen. Ein livrierter Majordomo mit gepuderter Perücke öffnete ihm das Hausportal. Patrick reichte ihm seine Karte, die der Mann auf ein Silbertablett legte. Dann schritt er majestätisch die eindrucksvolle Eingangstreppe in den ersten Stock hinauf und ließ Patrick wartend zurück. Die weiblichen Hausangestellten waren in gestreifte Baumwollschürzen gekleidet, mit makellos weißen Häubchen auf den Köpfen. Eine erstaunliche Anzahl von ihnen erschien in der kurzen Zeit, die Patrick warten musste, und er erkannte, dass sie die Neugier trieb, einen Blick auf den ungewöhnlichen Besucher zu erhaschen. Plötzlich tauchte eine Frau oben auf der breiten Treppe auf. Sie war das beeindruckendste Geschöpf,

Weitere Kostenlose Bücher