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Lockende Versuchung

Lockende Versuchung

Titel: Lockende Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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Abgeschiedenheit zu durchbrechen, hatte er sie mit einem derartig abweisenden Blick bedacht, dass sie sich eiligst mit dem Vorwand entschuldigt hatte, sich nur ein Buch von ihm ausleihen zu wollen.
    „Oh, es ist ja schon so spät!“ Erschrocken wies Gwenyth auf die Kaminuhr. „Ich habe Eure Zeit unnötig in Anspruch genommen, und dabei habe ich genug zu tun!“ Sie machte einen hastigen Knicks und eilte zur Tür hinaus.
    Erneut griff Julianna zur Feder, um ihren Brief zu beenden.
    Es wird Dich erfreuen zu hören, dass die Frau meines Vetters Francis ein gesundes Mädchen zur Welt gebracht hat, das sie Pamela getauft haben. Ich habe Cecily erst einmal besucht, da sie sich von der Geburt noch nicht wieder so recht erholt hat .
    Wer hätte am letzten Weihnachtsfest gedacht, dass ein Jahr später mein Vater nicht mehr unter uns weilen und ich eine verheiratete Frau sein würde. Je näher die Feiertage rücken, desto mehr vermisse ich Papa .
    Doch nun muss ich schließen, Francis wird dafür sorgen, dass der Brief an Dich abgeschickt wird. Denk an mich, wenn Du am Weihnachtsmorgen das alte walisische Lied singst, so wie ich an Dich denken werde .
    Seufzend streute Julianna Sand über den Bogen und blies den Rest wieder herunter. Dann faltete sie ein festes Päckchen daraus, steckte drei Goldmünzen hinein und versiegelte schließlich alles mit heißem Wachs.
    Kaum hatte sie ihre Arbeit beendet, ertönte ein Klopfen an der Tür.
    „Kommt nur herein!“, rief Julianna, obwohl sie am liebsten das Gegenteil gesagt hätte.
    Auf ihre Einladung betrat Mr Brock mit grimmig zusammengezogenen Brauen das Zimmer.Was, um Himmels willen, habe ich denn nun schon wieder angestellt, dachte Julianna bei seinem Anblick. Nichts, aber auch gar nichts, was sie tat, traf auf die Zustimmung des Haushofmeisters. Schon verschiedene Male hatte er sie zum Beispiel gefragt, wann sie gedenke, der Schneiderin einen Besuch abzustatten. In seinen Worten hatte dann immer der deutliche Hinweis gelegen, dass ihre Garderobe der Stellung von Sir Edmund in keiner Weise angemessen war. Wenn sie aber irgendwann einmal um einen Wagen für eine Ausfahrt bat, erhielt sie stets die Antwort, dass der Zeitpunkt dafür äußerst unpassend sei.
    „Gestattet Ihr mir ein Wort mit Euch, Ma’am?“
    Julianna nickte steif. Es gab ja ohnehin keine Möglichkeit, Mr Brock an seinem Vorhaben, was immer es sein mochte, zu hindern.
    „Es betrifft Gwenyth, Mylady“, sagte Brock in seiner üblichen Mischung aus Unterwürfigkeit und Ironie. „Ich hatte gehofft, Ihr würdet sie nicht mehr so stark in Anspruch nehmen. Das arme Kind hat dadurch nämlich die größten Schwierigkeiten, seinen anderen wichtigen Pflichten im Hause nachzukommen.“
    „Wie denn? Kann das Personal tatsächlich nicht ein einziges Mädchen zur Bedienung der Herrin abstellen? Das verstehe ich nicht. Aber Ihr tatet recht daran, mit dieser Angelegenheit zu mir zu kommen. Sie muss auf der Stelle in Ordnung gebracht werden. Von heute an wird es mir ein Vergnügen sein, Gwenyths Salär aus meinem eigenen Budget zu begleichen.“
    Einen Augenblick lang genoss Julianna den herrlichen Triumph, ihren Widersacher vergebens nach Worten ringen zu sehen.
    „Ich danke Euch, dass Ihr meine Aufmerksamkeit auf diese Frage gelenkt habt, Mr Brock“, fuhr sie fort. „Bei der ersten sich bietenden Gelegenheit werde ich sie mit Sir Edmund besprechen.“ Nur mit Mühe konnte Julianna ihre gleichmütige Miene bewahren, während Brocks Fassung sichtlich zu schwinden drohte und er sich deshalb nach einer wortlosen Verbeugung eilig zurückzog. Dabei hoffte sie jedoch inständig, dass der Haushofmeister auf ihre List hereinfallen würde, denn sie hatte natürlich keineswegs die Absicht, sich bei Sir Edmund über ihre Behandlung zu beschweren. Das lag zum großen Teil an seiner Unnahbarkeit. Überdies erschienen ihre solche Misshelligkeiten wie der Zwist mit Mr Brock nichtig und bedeutungslos im Vergleich zu den Problemen in ihrem bisherigen Leben. Schließlich war sie seit Jahren daran gewöhnt, allein mit allen Schwierigkeiten zurande zu kommen und dabei nach außen hin Gelassenheit zur Schau zu tragen. Das Schreiben an Winnie war das jüngste Beispiel dieser ihrer Gepflogenheit.
    Bei diesen Gedanken fiel ihr ein, dass sie den Brief an Francis weiterleiten musste, und das bedeutete wieder eine unerquickliche Auseinandersetzung mit Brock wegen der Kutsche. Außerdem würde sie sich dafür umziehen müssen. Ach, was kam es schon

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