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Lockende Versuchung

Lockende Versuchung

Titel: Lockende Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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angenehm, sich die Hände ein wenig zu wärmen.“
    Während Sir Edmund Platz nahm, tat er Julianna den Gefallen, die Finger über das flackernde Feuer auf dem Rost zu halten. „Ich glaube, dieser raue Wind kündigt den ersten Schnee an“, murmelte er dabei.
    „Es scheint in der Tat so.“ Julianna hatte sich wieder auf ihrer Polsterbank niedergelassen. Einen Augenblick lang herrschte Schweigen, dann sagte sie zögernd: „Ihr wolltet etwas mit mir besprechen, Sir Edmund?“
    „Genau. Es betrifft die Dienerschaft.“
    Diese Erklärung überraschte Julianna nun nicht in geringsten.
    „Ich hätte es völlig vergessen, wenn Brock nicht meine Aufmerksamkeit darauf gelenkt hätte“, fuhr Sir Edmund fort.
    Julianna runzelte ärgerlich die Stirn. Offensichtlich hatte der Haushofmeister doch gemerkt, dass sie weniger geneigt war, Sir Edmund in ihre Streitigkeiten einzubeziehen, als er selbst.
    „Siehst du, im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Weihnachtsfest ergeben sich alljährlich einige Änderungen in meinem Haushalt.“
    „Änderungen?“, wiederholte Julianna überrascht. Das stand ja nun wahrhaftig in keinem Zusammenhang mit ihrem Streit.
    „Allerdings. In den vergangenen Jahren haben wir – das heißt Crispin und ich – der Dienerschaft immer ein paar arbeitsfreie Tage gewährt und uns in dieser Zeit selbst versorgt.“ Bei der Erinnerung daran verfiel Sir Edmund in eine Art Lächeln. „Mrs Davies hinterließ stets kalte Speisen, deren Menge für die gesamte britische Flotte ausgereicht hätte. Manchmal gingen wir in ein Konzert oder auch ins Theater, und am Morgen des Christfestes haben wir dann diePunschbowlen gefüllt, um die Weihnachtssinger zu bewirten.“ Doch plötzlich schüttelte der den Kopf, als wolle er diese Bilder rasch vertreiben. „In diesem Jahr haben sich die Umstände nun etwas geändert, und ich frage mich, ob du nicht ein paar Tage im Kreise deiner Familie verbringen möchtest, damit das Gesinde über die Feiertage nach Hause fahren kann.“
    „Nicht im Traum würde ich daran denken, die Bediensteten um ihren gewohnten Weihnachtsbesuch daheim zu bringen!“, rief Julianna erschrocken, denn sie konnte sich die feindselige Stimmung im Souterrain sehr gut vorstellen, falls sie einen solchen Anlass zum Ärgernis geben sollte. „Ich werde also nach Bath fahren und dort die Heilquellen ausprobieren.“
    Sir Edmund hob voller Entsetzen die Brauen fast bis zum Haaransatz empor. „Das kommt überhaupt nicht infrage! Meine Gemahlin ohne Begleitung nach Bath schicken? Ich könnte mich ja nirgendwo mehr sehen lassen! Ich dachte … dein Vetter …“
    „Die Underhills wohnen zu beengt, um Gäste aufnehmen zu können. Und ich vermute, Ihr schlagt mir nicht vor, das Weihnachtsfest mit meinem Stiefbruder zu verbringen. Lieber würde ich nämlich in die Themse springen.“ Obwohl sich Julianna heftig auf die Lippe biss, konnte sie nicht verhindern, dass wieder ein paar Tränen über ihre Wangen liefen.
    „Nun, nun, Kindchen, ich hatte ja keine Ahnung, dass du so wenig Verwandte hast.“ Aber ich habe mir wohl auch nicht die Zeit genommen, mich danach zu erkundigen, warf sich Sir Edmund insgeheim vor. Er neigte sich rasch über Julianna und wischte ihr mit dem Taschentuch übers Gesicht, wie man es gemeinhin bei einem weinenden Kind tat. Julianna fühlte sich zutiefst gedemütigt.
    „Wir werden die Dienerschaft eben hier behalten und uns gemeinsam etwas für die Feiertage vornehmen“, fuhr Sir Edmund in einem Ton fort, dem die Enttäuschung deutlich anzumerken war.
    Julianna stieß seine Hand zur Seite und wehrte damit auch seinen unbeholfenen Trostversuch ab. Sie war kein Kind mehr und hatte Schlimmeres erlebt als ein einsames Christfest.
    „Nein, Sir Edmund, ich werde keinesfalls dem Gesinde die Festtage verderben. Ich bin sehr wohl in der Lage, mich selbst anzukleiden und auch einen Bissen zum Essen zu finden“, erklärte sie entschieden. Doch dann veranlasste sie irgendetwas Unbegreifliches fortzufahren: „Könnten wir nicht den bisherigen Brauch aufrechterhalten? Ich weiß, dass ich kein annehmbarer Ersatz für Crispin bin …“ Aber Ihr seid es auch nicht! , hätte sie um ein Haar hinzugefügt.
    „Keineswegs. Ich wäre sehr erfreut über deine Gesellschaft“, erwiderte Sir Edmund mit dem Entzücken eines Menschen, dem ein Besuch beim Zahnbrecher bevorsteht. „Du kannst mir ja an Crispins Stelle feiern helfen.“ Erleichtert nahm er diese abschließende Feststellung wahr, um sich

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