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Lockende Versuchung

Lockende Versuchung

Titel: Lockende Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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denn hier so köstlich?“
    Julianna überblickte stolz die saubere Küche und wies dann auf den Herd. „Ich dachte, ein warmes Frühstück am Christmorgen müsste eine angenehme Abwechslung sein. Deshalb habe ich Schinken gebraten und Pfannkuchen. Jetzt muss ich nur noch die Eier kochen und den Tee aufbrühen. Könntet Ihr vielleicht Teller und Besteck dort auf das Tablett legen? Wir sollten in meinem Salon frühstücken. Dort ist es jetzt bestimmt schön warm.“
    Sir Edmund hob grüßend die Hand. „Aye, aye, zu Befehl.“ Dabei imitierte er den Dialekt aus Somerset, wie ihn sein Leibkutscher sprach.
    Julianna kicherte vergnügt. „Habt Ihr Euch die Fähigkeit zum Kopieren von Mundarten auch schon vor Jahren zugelegt?“
    „So könnte man sagen“, erwiderte Sir Edmund mit gespielter Bescheidenheit. „Ich habe tatsächlich seit Langem die Angewohnheit, mundartliche Besonderheiten, die ich bei anderen höre, sogleich zu übernehmen. Manche verübeln mir das allerdings, weil sie denken, ich will sie zum Narren halten.“
    Mit einigen Schwierigkeiten schafften es die beiden gemeinsam, das Geschirr und die Speisen in das obere Stockwerk zu transportieren, und sprachen dann der herzhaften Mahlzeit zu. Als Teller und Schüsseln restlos geleert waren, lehnte sich Sir Edmund zufrieden in seinem Armstuhl zurück und klopfte anerkennend auf den Magen.
    „Es hat ausgezeichnet geschmeckt“, erklärte er mit unverkennbarer Begeisterung. „Du bist eine großartige Köchin. Meinen allerbesten Dank.“
    „Das war doch das Wenigste, was ich für all Eure Freundlichkeiten tun konnte.“ Lächelnd stellte Julianna die Teetasse ab. „Aber lasst das nur ja nicht Mrs Davies hören.“
    „Tantchen Enid? Ja, ich vermute, sie wäre in der Tat nicht besonders entzückt, nicht wahr?“ Diesmal sprach Sir Edmund in dem hohen, singenden Tonfall der walisischen Köchin, und beide brachen in schallendes Gelächter aus.
    Danach herrschte für einen Augenblick Schweigen in dem kleinen gemütlichen Raum. Dann griff sich Sir Edmund an die Stirn und zog ein hübsches Kästchen aus der Westentasche.
    „Hier ist ein kleines Weihnachtsgeschenk für dich. Nimm es als Gabe von Crispin – und von mir“, fügte er mehr zu sich selbst hinzu.
    „Oh, ich danke Euch, Sir Edmund. Das ist sehr … oh …!“
    Als Julianna den Deckel hob, erblickte sie eine schwere goldene Kette mit einem großen Smaragd als Anhänger.
    Sir Edmund nickte ihr aufmunternd zu. „Er lässt sich öffnen.“
    In der Tat wies der Stein an der Seite ein winziges Scharnier auf. Vorsichtig klappte Julianna die Deckplatte zurück und entdeckte darunter eine wundervolle Miniatur von Crispin. Der Künstler hatte ihn so lebensvoll wiedergegeben, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen. Wie wunderbar war es doch, nach all den Monaten der Trennung das geliebte Gesicht wiedersehen zu können!
    „Ich hatte es noch vor seiner Abreise in Auftrag gegeben“, erklärte Sir Edmund. „Es ist ihm wirklich sehr ähnlich, und ich wusste, dass du es zu schätzen wissen würdest.“
    „Oh, ja, das tue ich wirklich. Danke! Vielen Dank!“ Julianna fand keinen passenderen Ausdruck für ihre Freude als eine herzliche Umarmung, die Sir Edmund ein wenig verwirrte. Er rückte rasch zur Seite, ergriff seine Teetasse und hob sie wie zur Abwehr.
    „Wollen wir nicht auf Crispin trinken? Auf seine erfolgreiche Reise und auf seine glückliche Heimkehr?“
    „Gewiss, Sir Edmund, gern. Aber ich habe ja auch ein Geschenk für Euch.“

    Sie kramte in der Schublade von ihres Vaters Schreibsekretär und brachte das Buch zum Vorschein, das sie kürzlich gekauft hatte. „Nur eine Kleinigkeit – als Andenken.“
    „Ah, ein Buch von Henry Fielding Joseph Andrews . Ich bewundere Fielding und bin sicher, dass es sich sehr vergnüglich lesen wird. Vielen Dank, mein Kind.“
    Nach dem Frühstück machten sie sich fertig zum Kirchgang. Während des Gottesdienstes bedankte sich Julianna zum wiederholten Male bei dem lieben Gott für die Befreiung von Jeromes Vormundschaft und für den sicheren Hafen, den sie in Sir Edmunds Hause gefunden hatte. Sie betete auch für Crispins Sicherheit, für den Erfolg seiner Unternehmung und seine baldige gesunde Heimkehr.
    Daheim nahmen sie dann rasch einen kalten Imbiss zu sich und bereiteten den Empfang der Weihnachtssänger vor, die an diesem Tage traditionsgemäß ihre Runde machten. Der Glanz des dunkelgrünen Smaragdanhängers brachte Julianna zu dem Entschluss, nun

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