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Lockende Versuchung

Lockende Versuchung

Titel: Lockende Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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…“ Die weiteren Worte verklangen auf der Treppe.
    Als die Eingangstür ins Schloss gefallen war, verharrte Julianna weiterhin zusammengekauert und schweißüberströmt in ihrem Versteck, bis der Schlag einer Uhr ihr anzeigte, dass die Zeit für das Abendessen der Dienerschaft herangekommen war. Tief atmend kroch sie hinter dem Schrank hervor und schlich zur Tür hinaus. Mit den lautlosen Tritten, die Edmund ihr beigebracht hatte, machte sie sich auf den Weg zu Jeromes Räumen, wobei sie jedes Mal wie zu Stein erstarrt verharrte, wenn die Holzdielen auch nur das geringste Knacken von sich gaben. Das kurze Stück zwischen den beiden Zimmern schien sich geradezu endlos zu erstrecken, und sie lauschte dabei angstvoll auf jedes Geräusch, das ihr die Gefahr, entdeckt zu werden, ankündigen konnte.
    Zum Glück kannte sie jeden Winkel des dämmrigen, verlassenen Korridors, denn Jerome hattesich ihr gerade hier nur allzu oft auf unwillkommene Weise genähert. Dennoch war ihre Aufmerksamkeit bis aufs äußerste gespannt, und sie fragte sich immer wieder, während ihr ein Angstschauer nach dem anderen über den Rücken lief, warum sie nur auf diesem fragwürdigen Abenteuer bestanden hatte.
    Jeromes Schlafzimmer lag im Dunkeln, nur spärlich erleuchtet von dem Schein des heruntergebrannten Kaminfeuers. Ein Geruch nach Branntwein und Schweiß lag in der Luft und weckte in ihr die widerwärtige Erinnerung an die lüsternen Hände ihres Stiefbruders. Knisternd stob ein Funke aus einem glühenden Holzscheit. Um ein Haar hätte sie vor Schreck aufgeschrien. Verzweifelt sank sie in die Knie. Es war aussichtslos. Sie konnte es nicht tun. Sie musste davonlaufen, so schnell wie möglich, ehe irgendjemand sie hier fand. Sie musste sich in Edmunds Arme flüchten …
    Da fiel ihr Blick auf den Geldschrank neben Jeromes Bett. Der Gedanke an die Sicherheit unter Edmunds Dach hatte Julianna so beruhigt, dass sie auf einmal wieder vernünftig handeln konnte.
    Sie kroch zu dem Geldschrank und zwang sich, ihn in aller Ruhe genauer zu untersuchen. Dann zog sie aus ihrem Unterrock ein Sortiment von eisernen Haken, die Stück für Stück in Leinenläppchen eingewickelt waren, damit sie kein verräterisches Klappern verursachten. Methodisch probierte sie jeden einzelnen im Schloss des Geldschrankes aus und lauschte dabei angestrengt auf ein leises Klicken, das ihr den Erfolg ihrer Bemühungen anzeigen würde.
    Nach endlosen Versuchen gab das Schloss schließlich nach. Vorsichtig öffnete Julianna die Tür, ergriff hastig das Kontobuch und verstaute es in einer großen Tasche, die Gwenyth eigens zu diesem Zwecke im Innern ihres Rockes angebracht hatte. Dann drückte sie die Tür leise wieder zu und drehte den Haken zweimal im Schloss, wie sie es vorgefunden hatte. Etwas verwirrt von dem Erfolg, der ihr nahezu mühelos in den Schoß gefallen zu sein schien, überlegte sie einen Augenblick, ob sie den Rückweg durch den Haupteingang wagen oder doch lieber durch ein Seitenfenster im Erdgeschoss auf die Straße hinausklettern sollte. Noch unentschlossen öffnete sie leise die Tür zum Korridor.
    „Hallo, wen haben wir denn hier?“, ertönte zu ihrem maßlosen Schreck plötzlich die Stimme ihres Stiefbruders. „Ich hatte gehofft, dass du noch einmal wiederkommst. Es ist mir unverständlich, wie ich ein so hübsches Ding wie dich einfach vergessen konnte.“ Jerome umfasste ihr Kinn und hob ihr Gesicht zu sich empor, um sie besser betrachten zu können. Wenn er sie erkannte, war alles verloren.
    Mit aller Macht kämpfte Julianna gegen das Verlangen an, in wilder Panik davonzulaufen. Stattdessen drängte sie sich eng an Jerome heran. Ihr Stiefbruder hatte offensichtlich nicht mit einer so unmittelbaren Fühlungnahme gerechnet, denn er ließ überrascht die Hand sinken und stöhnte wild auf, als Julianna ihn herausfordernd über die Leistengegend strich.
    Das Bewusstsein, dass sie dabei war, Jerome mit seinen eigenen Waffen zu schlagen, schien ihre Kräfte zu verdoppeln. Sie tastete mit der freien Hand nach den zu einer schweren Rolle zusammengewickelten Dietrichen, holte weit aus und schlug ungestüm damit auf die deutlich sichtbare Ausbuchtung in seiner Hose. Im selben Augenblick biss sie heftig in seine Unterlippe. Mit einem kehligen Schmerzenslaut krümmte sich Jerome zusammen, sodass Julianna nun die Möglichkeit hatte, mit einem Schwung ihres Rockes das dicke Kontobuch auf seinen Kopf niederschmettern zu lassen. Lautlos sank Jerome zu Boden und

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