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Lockende Versuchung

Lockende Versuchung

Titel: Lockende Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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einen warmen Körper …
    Langsam kehrte die Erinnerung zurück: eine dunkle Kutsche … eine Liebeserklärung … Edmund schlafend … daheim angekommen … auskleiden … ins Bett gehen – in Edmunds Bett! Hatte sie in der Nacht den Verstand verloren? Wenn er aufwachte und sie hier fände – sein Zorn wäre nicht auszudenken! Diese Vorstellung lichtete den Nebel in ihrem Kopf. Vorsichtig löste sie sich aus Edmunds Umarmung. Er regte sich, murmelte etwas Unverständliches und rollte sich dann zur Seite, um weiterzuschlafen.
    Nachdem Julianna eine Weile reglos gewartet hatte, kroch sie aus dem Bett und suchte auf dem Fußboden nach ihren Kleidern. Hier lag ihr Hemd, dort ein Schuh, da der Umhang. Hastig schlang sie ihn um sich, denn sie fröstelte in den morgendlichen Kühle. Neben den Unterröcken fand sich der Federschmuck an, dann das Fichu und schließlich auch das Gewand. Aber wo war der zweite Schuh?
    Plötzlich begann Edmund, sich zu recken und zu drehen. Entsetzt raffte Julianna die Sachen zusammen, stolperte an der Tür über den zweiten Schuh, stieß krachend gegen den Rahmen und hastete dann in fliegender Eile über den Gang zu ihrem Zimmer. Zähneklappernd kramte sie ein dickes Barchentnachthemd hervor und schlüpfte hinein. Wie betäubt fiel sie schließlich in ihr Bett und fühlte sich unbeschreiblich elend.
    Im Halbschlaf tastete Edmund nach Julianna und wurde auf einen Schlag hellwach, als er ins Leere griff. Er hatte offensichtlich so lebhaft von ihr geträumt, dass er es kaum ertragen konnte, sie nicht neben sich vorzufinden.
    Stückweise tauchten Bilder von dem Ballabend bei George Pritchard in seiner Erinnerung auf. Ich habe mich weidlich zum Narren gemacht, dachte Edmund niedergeschlagen. Musste ich denn derart großsprecherisch Shakespeare zitieren oder gar Julianna in aller Öffentlichkeit küssen? Wie er am Ende nach Hause gekommen war, wusste er überhaupt nicht mehr. Möglicherweise hatte er auf der Heimfahrt noch weitere Unschicklichkeiten begangen. War er vielleicht Julianna auf den Leib gerückt? Oder hatte er sich ihr zu Füßen geworfen und in sentimentalem Selbstmitleid seine Gefühle offengelegt? Der Gedanke an alle diese zutiefst beschämenden Möglichkeiten legte sich wie ein Alp auf seine Brust.
    Doch es hatte keinen Sinn, sich in seinem Schlafzimmer zu vergraben. Besser war schon, vor Julianna hinzutreten und sie zu bitten, sein unmögliches Benehmen dem zu viel genossenen Punsch zuzuschreiben. Mit etwas Glück hatte dieses heimtückische Getränk auch Juliannas Erinnerungsvermögen etwas getrübt.
    Als Julianna erwachte, war es heller Tag, und der Schwindel hatte einem wütenden Hämmern in ihrem Kopf Platz gemacht. Stöhnend richtete sie sich auf und schwor sich, nie wieder ein so starkes Getränk wie den Punsch von Mr Pritchard zu sich zu nehmen. Der Preis für die vergnügten Stunden des vergangenen Abends war einfach zu hoch.
    „Ihr seid schon wach, Mylady? Ich bitte vielmals um Entschuldigung … aber … ich habe Euch hier nicht erwartet … das heißt … Mr Brock sagte …“
    Wieso habe ich bisher nicht bemerkt, dass Gwenyth eine derart schrille Stimme hat, fragte sich Julianna mit schmerzverzerrter Miene. „Kannst du nicht etwas leiser reden, Gwenyth? Das ist ja unerträglich.“
    „Ist etwas nicht in Ordnung, Ma’am?“
    „Die ganze Welt ist nicht in Ordnung, Gwenyth … aber vor allem mein Kopf.“ Julianna presste die Hand auf die Stirn. „Hole mir Kaffee, viel Kaffee, stark und heiß, aber ja nichts zu essen! Und beeile dich.“
    Nachdem Gwenyth verschwunden war, kroch Julianna aus dem Bett, zog sich ein schlichtes Gewand über und schob sich einen Stuhl nahe an den Kamin, um sich dort ihre eiskalten Finger zu wärmen. Verdrießlich wartete sie auf die Rückkehr des Mädchens, das schließlich mit einergroßen Kaffeekanne erschien und sogleich wieder entlassen wurde. Beim Einschenken zitterten Juliannas Hände so sehr, dass sie nur mit Mühe die Tasse füllen konnte. Vorsichtig nippte sie an dem kochend heißen, bitteren Getränk, das sofort den üblen Geschmack in ihrem Munde beseitigte und ihre Sinne langsam wieder zum Leben erweckte.
    Ein Klopfen an der Zimmertür, das ihr wie der Hammerschlag eines Schmiedes auf seinen Amboss erschien, schreckte sie auf. Noch ehe sie antworten konnte, wurde die Tür aufgerissen, und Edmund polterte herein. Stöhnend ließ er sich in einen Armsessel fallen.
    „Oh, es riecht nach Kaffee! Habe Mitleid mit einem alten

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