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Lockende Versuchung

Lockende Versuchung

Titel: Lockende Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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Trunkenbold und gib ihm eine Tasse davon ab.“
    Unwillkürlich musste Julianna lachen, bereute es aber sogleich, da erneut tausend Teufel hinter ihrer Stirn tobten. „Nimm dir Kaffee, soviel du willst, aber ziehe bitte die Vorhänge zu. Das Licht blendet mich.“
    „Hast du etwa einen Kater, meine Liebe?“ Edmund musterte sie mit zusammengekniffenen Augen und schien einige Schwierigkeiten dabei zu haben. „Nun, ich muss gestehen, ich habe mich auch schon besser gefühlt.“
    Diese Worte richteten Julianna in ihrem Elend etwas auf. Mit erbarmungsloser Befriedigung stellte sie fest, dass Edmund genauso schauderhaft aussah, wie sie sich fühlte: unrasiert, ungekämmt, blass und müde. Sie mussten beide ein herrliches Bild abgeben!
    Eine Zeit lang saßen sie schweigend beieinander, tranken eine Tasse Kaffee nach der anderen und husteten oder stöhnten abwechselnd. Schließlich erholte sich Edmund als erster wieder so weit, dass er das Gespräch auf den vorangegangenen Abend bringen konnte.
    „Was hattest du denn gestern in der Eingangshalle mit Vanessa zu flüstern?“, erkundigte er sich neugierig.
    „Ach, es ging um eine Einladung. Vanessa spielt die Gastgeberin bei einem großen Maskenball, den ein Freund von ihr veranstaltet, ein Marquis von … von Dingsda.“
    „Wahrscheinlich Blessington. Geoffrey Blessington.“ An Edmunds Ton war zu erkennen, dass er von dem Marquis offensichtlich nicht viel hielt.
    „Genau. Wir sind beide eingeladen. Das heißt, die Einladung wird bald eintreffen. Es soll eine großartige Angelegenheit werden.“
    „Da ich Vanessa kenne, zweifle ich nicht daran. Ich bin schon seit undenklichen Zeiten nicht mehr auf einem Maskenball gewesen. Was wollen wir anziehen? Am besten wäre es, wir kämen als ein Paar aus der Literatur. Wie wäre es mit MacHeath und Polly Peachum aus der Bettleroper?“
    In Juliannas immer noch etwas nebelhafter Erinnerung zeichneten sich einige Einzelheiten aus dem Gespräch mit Vanessa ab, und sie klärte Edmund über die Geheimhaltung der Kostüme auf.
    „Nun, das klingt ja wie ein Freibrief für unkontrollierten Unfug“, erwiderte Edmund, genau wie Julianna es vorhergesagt hatte. „Aber ich für meinen Teil werde den Ball dennoch nicht versäumen“, fügte er gut gelaunt hinzu. „Da wir getrennt ankommen müssen, werde ich den Dogcart nehmen und selbst fahren. Für dich ist dann die Kutsche da. Sollte ich vielleicht meinen Schneider vorher aufsuchen?“
    Julianna nickte eifrig. „Auf alle Fälle. Vanessa hat mir ausdrücklich ans Herz gelegt, uns beizeiten um unsere Kostüme zu kümmern, bevor die Näherinnen und Schneider völlig überlastet sind. Ich werde deshalb noch heute zu Madame Mercier gehen … Na, vielleicht schiebe ich es auch noch ein wenig auf. Eines aber weiß ich heute schon: Auf dem Ball des Marquis werde ich ganz bestimmt keine Punschbowle trinken.“
    Ihr Lachen, in das auch Edmund einstimmte, ähnelte merkwürdigerweise mehr einem Stöhnen.
    Am Nachmittag hatte sich Julianna dann endlich etwas erholt. Der Kopf schmerzte nicht mehr so sehr, und auch die Augen waren nicht mehr so empfindlich. Zu ihrer namenlosen Erleichterung schien Edmund keine Ahnung zu haben, dass sie den größten Teil der vergangenen Nacht in seinem Bett verbracht hatte. Die Hauptsache war, dass Brock keine unbedachte Bemerkung darüber fallen ließ.
    Je mehr Julianna über ihr unmögliches Betragen nachdachte, desto mehr kam sie zu der Erkenntnis, dass Mr Pritchards Punsch nur zum Teil die Schuld daran trug. Vielmehr hatte sie seit ihrer Rückkehr nach London so verzweifelt versucht, ihre Gefühle für Edmund zu unterdrücken, dass sie sich schließlich wie besessen darin verrannt hatte. Vielleicht wäre es besser, wenn sie inZukunft nach harmlosen Möglichkeiten suchte, ihren Gefühlen Luft zu machen – etwa auf dem Maskenball.
    Eingehend erwog sie deshalb die Frage ihres Kostüms. Mit der üblichen Columbine oder gar nur mit einem Domino hatte sie selbstverständlich nichts im Sinne. Eine literarische Figur, wie Edmund vorgeschlagen hatte, schien keine schlechte Idee zu sein. Noch des Abends im Bett dachte sie über eine passende Verkleidung nach, bis ihr endlich, bereits im Halbschlaf, der erlösende Gedanke kam. Es würde allerdings eine Aufgabe werden, die die Fähigkeiten einer durchschnittlichen Schneiderin bei Weitem überstieg.
    „Ihr wolltet mich sprechen, Skeldon?“ Angewidert sah sich Edmund in der Zelle des Gefängnisses von Newgate um. Wenn es

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