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Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Titel: Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Essling
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mich und das Huhn. Dann bewege ich die Finger hin und her und schaue das Huhn ganz konzentriert durch die Flasche an. Da macht das Huhn genau das, was ich will. Es bleibt nämlich ganz ruhig liegen.
    Maria Martin hat das nicht gepasst. Sie wollte ihre Zigarettenpackungen zurück. Gleich fing auch Gisi Simoneit an: „Das doofe Vieh macht ja gar nichts. Das ist Betrug!“ Ihre Mutter sagt immer, sie hätte für ihr Alter so einen reichhaltigen Wortschatz. Da habe ich gesagt, das sei ja die Kunst, dass das Huhn nichts mache. Es würde sich erst wieder rühren, wenn ich es ihm erlauben würde. Aber die Zwei haben weiter rumgemeckert.
    Da hat mich Paul beschützt, indem er erzählte, er habe genau so was mal im Zirkus gesehen. Nur hätte der Hypnotiseur keine Flasche gehabt, sondern eine Peitsche und das Tier sei ein Löwe gewesen und kein Huhn. Aber sonst war es genauso. Daher versteht Paul was vom Hypnotisieren, auch wenn er es selbst nicht kann. „Weil“, sagte er noch, „das ist nicht jedem gegeben. Wenn Ihr weiter so einen Mist erzählt, sieht jeder, dass Ihr von nichts eine Ahnung habt.“
    Damit hat Paul mich und die Zigarettenschachteln gerettet; denn weder Gisi noch Maria waren je in einem Zirkus. Natürlich wollten sie das nicht zugeben und taten deshalb lieber so, als glaubten sie Paul.
     
    Ich bin auch noch nie in einem Zirkus gewesen, aber fast. Im Herbst kam ein Zirkus in die Stadt. Mama hat an einem Sonntag Inge Geld für den Zirkus gegeben, sogar für den Bus. Das war für uns beide.
    Im Bus war Angelika Wolf, die meiner Schwester ganz aufgeregt erzählte, sie ginge ins Kino. Wir sollten auch ins Kino, falls der Zirkus ausverkauft wäre.
    Er war´s.
    Also sind wir ins Kino gegangen, aber nicht in Schneewittchen, sondern in das Kino, wo Angelika auch drin war. Inge hat mich so beschwatzt, dass ich auch noch auf Schneewittchen verzichtet habe. Der Film hieß „Das Haus der sieben Sünden“. Ich habe mich furchtbar gelangweilt. Bis dahin dachte ich nämlich immer, Sünden seien interessant, weil sie doch verboten sind. Ich sollte auch sündigen, weil ich Inge versprechen musste, zuhause zu sagen, wir hätten den Märchenfilm gesehen.
    Dann habe ich aber doch die Wahrheit gesagt und meine Schwester hat einen großen Krach gekriegt. Danach war Inge noch lange wütend auf mich und hat mich eine alte Petze genannt. Dabei habe ich das nur erzählt, weil ich sonst geplatzt wäre.
    Mama hat Inge ganz schön rangenommen. „In so einen vulgären Film zu gehen und noch dazu Deine kleine Schwester mitzuschleppen“. … Vulgär ist ein herrliches Wort, das muss ich mir merken.
     
     
    8. Bild

    Wie hypnotisiert man Hühner?
     

Der kopflose Rächer
    Unser Bürgermeister ist gestern bei uns gewesen und hat mit meinem Vater ein ernstes Wort geredet.
    Der Bürgermeister ist wegen seiner großen Verantwortung immer ernst. Er hat immer sehr viel zu tun, tagsüber in der Kunstlederfabrik und nachts im Bürgermeisteramt. Er ist nämlich ehrenamtlicher Bürgermeister.
    Frau Uhlig hat neulich zu meiner Mutter gesagt, er sei immer so lange im Bürgermeisteramt, weil seine Frau so ein Besen sei. Ich kenne Frau Bollmann auch. Sie redet genauso viel wie Frau Mühlbauer aus unserem Haus, aber ihr läuft dabei kein Speichel aus dem Mund. Wenn Frau Bollmann redet, schimpft sie meistens über ihren Mann. Ich finde unseren Bürgermeister aber trotzdem sehr nett und das tun die meisten Leute, sonst wäre er ja nicht Bürgermeister.
    Jedenfalls hat er meinem Vater gesagt, er solle unseren Hahn abschaffen. Herr Bollmann hat dabei sein Gesicht in würdevolle Falten gelegt und seinen Bauch eingezogen. „Versteh doch, es traut sich kein Mensch mehr, auch nur bei Euch vorbeizugehen!“ Papa hat ihm versprochen, den Hahn zu schlachten. Damit war Herr Bollmann zufrieden. Dann hat er mir übers Haar gestrichen und nach der Schule gefragt. Dabei sieht er uns Schulkinder doch dauernd, weil die Schule ja im Bürgermeisteramt ist oder das Bürgermeisteramt in der Schule.
    Jetzt soll es also unserem Hahn an den Kragen, nur weil der ein bisschen wild ist. Naja, der lässt keinen Fremden in den Hof. Sogar die Mohr-Buben trauen sich nicht in seine Nähe. Jeden jagt er mit schrillem Kikerikiii weg. Wer nicht gleich die Flucht vor ihm ergreift, dem springt er auf den Kopf. Das gibt dann ein Geschrei von dem, auf dessen Kopf der Hahn sitzt. Da krallt er sich immer ordentlich in den Haaren fest und pickt auch rum. Bei mir macht er so was nie,

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