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Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Titel: Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Essling
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meldete sich dauernd jemand, nur, um „Frau Zeisig“ sagen zu können. Da machten wir alle mit, sogar die Musterkinder. Als das dauernd so weiterging, auch in den nächsten Stunden, stellte sich die Lehrerin entschlossen an die Tafel und schrieb darauf:
Frau Zeisig,
das weis’ ich
so heiß’ ich!
    Daraufhin sind wir wieder normal geworden.
     
     

Wer kauft schon Mutterschaftsorden?
    Wir haben eine Neue in der Klasse. Sie heißt Hannelore Bosse. Sie ist älter als wir, weil sie sitzen geblieben ist. Sie hat große, wasserblaue Augen und grünliche Haare. Sie wohnt im Bahnhaus, weil ihr Vater bei der Bahn ist. Der ist aber krank und meistens zuhause. Ich darf nicht mit ihr spielen, weil die Familie Bosse asozial ist. Sie haben so viele Kinder! Hannelore ist die Jüngste, dann kommt ihre Schwester Edeltraud, die zwei Jahre älter ist. Dann sind es keine Kinder mehr, sondern lauter junge Männer, mindestens fünf. Sie waren aber mal viel mehr. Im Krieg sind nämlich vier Brüder gefallen und zwei Schwestern gestorben. Das ist natürlich traurig, aber Frau Bosse hat ja noch genügend Kinder übrig.
    Ich bin gerne bei ihnen, denn da kommt`s auf einen mehr oder weniger nicht so an. Die Brüder sind auch fast immer daheim und lesen Wildwesthefte. Sie haben aber auch richtige Comichefte, wie ich sie von Nancy kenne. Allerdings in Deutsch. Ich darf dort alles lesen, sie leihen es mir sogar aus. Natürlich darf ich so was daheim nicht lesen. Ich bekomme die Heftchen abgenommen, wenn ich erwischt werde. Nur die Micky Maus darf ich offiziell lesen, weil in den anderen Heften soviel Gewalt drin ist.
    Aber was ist das denn anderes als Gewalt, wenn Donald Duck seine Neffen jagt und verprügelt? Selbst wenn sie schlimme Streiche gegen ihn ausgeheckt haben? Er verliert immer vollkommen die Beherrschung.
    Und der große böse Wolf will dauernd die drei kleinen Schweinchen fressen.
    In den anderen Comics wird eben geschossen und die Guten gewinnen immer. Also siegt die Gerechtigkeit. Was ist daran so schlecht?
    Man kann ein ganze Menge herrlicher Hefte am Wasserhäuschen kaufen. Allerdings kann ich mir keine leisten. Mir wird alles abgenommen. Doch mein Vater liest die Heftchen später auf der Toilette.
    Ich habe Heinz Bosse schon öfter am Wasserhäuschen Bier trinken sehen. Da kaufen sie dann auch Zigaretten und was zum Lesen. Sie haben so viel Zeit, weil sie arbeitslos sind. Und das kommt daher, dass jeder schon mindestens einmal „gesessen“ hat.
    Frau Bosse hat einen Mutterschaftsorden. Hannelore hat ihn mir gezeigt. Früher wurde man nämlich dafür belohnt, wenn man viele Kinder bekam. Ich weiß aber von mir, dass Kinder auch viel Geld kosten. Einen Orden kann man jedoch nicht essen, höchstens verkaufen. Wer kauft aber schon Mutterschaftsorden? Heute ist es außerdem nicht mehr modern, viele Kinder zu bekommen. Ein einziges Kind kann seinen Eltern schon ordentlich zu schaffen machen. Das weiß ich aus Erfahrung.
    Meine Mutter ermahnt mich ständig, mir den Hals zu waschen, damit ich keinen Dreckrand habe. Ich wasche mich nicht gern, werde aber immer dazu gezwungen. Hannelore und ihre Geschwister werden nie zu etwas gezwungen. Ihr Dreckrand am Hals ist auch viel größer als meiner. Außerdem riecht sie nicht gut. Deshalb will sonst auch niemand mit ihr spielen.
    Hannelore hilft auch schon im Haushalt, ich habe es selbst gesehen. Edeltraut hat Kartoffelsalat gemacht und Hannelore harte Eier gekocht und geschält. Da sie so schmutzige Finger hatte, sind schwarze Flecken auf die Eier gekommen. Das hat aber nichts gemacht. Sie hat die Schmutzspuren einfach abgeleckt.
    Ich habe nicht mitgegessen.
    Bosses haben auch einen Plattenspieler und viele schöne Platten. Die leihen sie mir auch manchmal aus. Dafür leihe ich ihnen welche von uns. Das darf mein Vater natürlich nicht merken.
     
    Wenn die Amerikaner alle nach Amerika zurückgingen, hätten wir genug Wohnungen und es gäbe keine Wohnungsnot mehr. Aber jetzt bleiben die Amis hier, weil sie unsere Freunde sind und uns vor den Russen beschützen wollen. Die Russen waren früher ihre Freunde, jedenfalls haben sie mit ihnen gegen Deutschland gekämpft.
    Nur die Guten gehen wieder nach Amerika. So kommt es mir jedenfalls vor, weil jetzt auch Fitzgeralds gegangen sind. Davor sind Collins fort. Und Nancy fliegt nächsten Monat.
    Missis Fitzgerald hat mich zum Abschied in die Piex eingeladen. Da haben wir Limonade getrunken und Donuts gegessen. Nur sie, Cathy und ich. Dann

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