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Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Titel: Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Essling
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und lächelte mich an, aber die Tränen sind immer noch da gewesen.
    Cathy hat großes Glück mit ihrer Mutter. Die hat Kinder sehr gern, das spürt man. Sie hätte selbst noch gerne ein Baby, kann aber keines mehr bekommen. Das hat Inge jedenfalls Mama erzählt.
    Für Inge ist es gut, dass sie Babysitter ist. Sie lernt schon seit ein paar Jahren Englisch in der Schule und kann es jetzt anwenden. Nur meint sie, das Amerikanische sei nicht so ein richtiges Englisch, wie sie es in der Schule lernt. Aber sie kann Geld verdienen. Auch Inges Freundinnen sind Babysitter bei amerikanischen Familien.
    Ich würde das ja auch ganz gern machen, aber meine Schwester hat gemeinerweise gesagt, auf mich müsste man ja noch selbst aufpassen.
     

Ein deutsches Heim mit Spitzendeckchen
    Wir sind jetzt in der dritten Klasse und haben Handarbeit. Eine furchtbar langweilige Angelegenheit. Ungerechterweise haben nur die Mädchen Handarbeit. Manche, wie zum Beispiel Maria Martin oder Anita Weber machen das ganz schön und fein. Sie werden dauernd von unserer Lehrerin gelobt und uns als Vorbild hingestellt. Gisi und ich haben aber keine große Lust am Nähen und Sticken. Wir wollen halt die ganze Arbeit immer schnell hinter uns bringen. Und das sieht man.
    Damit es nicht ganz so langweilig ist, haben wir unterm Pult meistens Lakritzschnecken, die wir aufziehen und heimlich essen. Oder wir picken mit Salzstängchen ganz vornehm in einen Negerkuss. Das schmeckt prima.
    Wenn wir schwätzen, wird es sofort gemerkt und wir werden ausgeschimpft. Nur die mustergültige Anita schwätzt nie und wird uns auch hier als leuchtendes Beispiel vorgehalten. Dabei schwätzt sie auch. Sie macht das nur viel raffinierter, weil sie dabei die Hand vor den Mund hält. Weder Herr Löwer noch Frau Lerche haben das je gemerkt. Lerche, so heißt unsere Handarbeitslehrerin. Allerdings ist ihre Stimme alles andere als melodiös. Wenn sie zu mir sagt: „Was hast Du denn da wieder fabriziert?“ hört sie sich eher etwas verrostet an.
    Klammerbeutel, Nadelkissen und lauter so altmodisches Zeug müssen wir machen.
    Christel Schauer fand Handarbeit auch schrecklich. Da hat sie es so eingerichtet, dass, wenn wir Handarbeit haben, sie Katholischunterricht hat. Weil sie in Amerika doch katholisch sein soll. Sonst hat niemand von uns eine Ausrede, um diesen Unterricht zu schwänzen. Zu allem Unglück ist er auch noch am Freitagnachmittag von drei bis fünf.
    Das Schwerste, das wir bisher gemacht haben, war ein Nachthemd für uns selbst. Ich hatte einen blassrosa Stoff mit kleinen roten Tupfen drauf, die so aussehen, als hätte der Stoff Scharlach. Die Taille haben wir gesmokt. Ich ziehe das Nachthemd nicht gerne an, obwohl ich es sogar ganz fertig bekommen habe. Das Gesmokte in der Mitte zieht nämlich vorne alles hoch und das sieht komisch aus. Außerdem kratzt die Smokarbeit innen.
     
    Nach den großen Ferien, als wir das erste Mal wieder Handarbeit hatten, sagte unsere Lehrerin, sie möchte mit „Frau Lehrerin“ angeredet werden. Wir waren ziemlich überrascht. So was Altmodisches! „Ja“, sagte sie, „das ist nämlich so, ich habe in den Ferien geheiratet und heiße nicht mehr Frau Lerche!“ Jetzt waren wir allerdings platt. Wie konnte nur ein Mann auf die Idee kommen, ausgerechnet eine Handarbeitslehrerin zu heiraten. Ein altdeutsches Heim mit selbst gehäkelten Spitzendeckchen, die überall rumliegen, grauenhaft!
    Unsere Frau Lehrerin ist ganz rot geworden. Das sah ganz komisch aus, weil sie rote Haare hat, die eher an ein Fuchsfell erinnern. Sie hat ihre Brille zurechtgerückt und noch einmal betont, sie wünsche „Frau Lehrerin“ genannt zu werden. Da hat die Barbara einfach gefragt: „Wie heißen Sie denn jetzt?“ Barbara hat dabei ihren blonden Zopf zurückgeworfen und ganz freundlich gelächelt. „Das tut nichts zur Sache!“ Jetzt war die ehemalige Frau Lerche ziemlich aufgebracht. Ich habe mich artig gemeldet und gesagt: „Wir finden, dass „Frau Lehrerin“ sich doof anhört, dass Sie unsere Lehrerin sind, wissen wir auch so!“ Gisi rief schnell dazwischen, sie solle uns doch ihren Namen sagen. Zwei andere Mädchen vermuteten fast gleichzeitig, wenn sie so ein Geheimnis daraus mache, müsse der neue Name ja furchtbar sein. So ging das eine ganze Weile hin und her, bis wir endlich erfuhren, dass aus Frau Lerche eine Frau Zeisig geworden ist.
    Da war zu unsrer heimlichen Freude die Stunde fast schon rum.
    In der nächsten Handarbeitsstunde

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