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Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Titel: Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Essling
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Gefühl, an ihn zu denken.
     
    Ich weiß nicht, wie das passiert ist, aber ich habe mitgemacht. Ich bereue es und ich schäme mich so. Nun ist es aber geschehen.
    Auf dem Spielplatz waren eine ganze Menge Kinder, von jeder Sorte welche. Die großen Buben haben sich auf dem Klettergerüst bald gelangweilt. Da kam Peter Maisch auf die Idee:
    „Wir ärgern die Brinkmann!“
    Sofort sind alle dabei gewesen. Wolfs Haus steht ja fast am Spielplatz. Da sind wir dann alle hingegangen. Dem Eingang gegenüber haben wir uns aufgestellt und lauthals gebrüllt:
„Brinkmann, Stinkmann
alte Hur, zeig Dich nur!“
    Niemand wusste genau, wer den Vers erdichtet hatte, aber alle haben sie mitgebrüllt, ich auch. Dabei wollte ich das ja gar nicht. Ich kenne ja Frau Brinkmann und wusste, dass das, was wir dauernd gerufen haben, nicht wahr ist.
    Ich hatte wohl Angst, dass die anderen mich für feige hielten. Aber jetzt glaube ich, dass es feiger von mir war, da mitzumachen.
    Da flog ein Fenster im ersten Stock auf und Tante Hermine schrie: „Wollt Ihr wohl abhauen, Ihr Gesindel!“ Unser Chor übertönte sie aber. Da hat sie ganz laut gebrüllt: „Ich hole die Polizei, wenn Ihr nicht sofort aufhört, anständige Leute zu belästigen!“ Ich glaube, ihre Stimme ist richtig übergekippt. Sie schlug das Fenster so heftig zu, dass es ordentlich krachte.
    Ich hoffte im Stillen, dass sie mich nicht erkannt hatte, weil es ja schon fast dunkel war, und Tante Mine keine Brille aufhatte.
    Wir wurden auf einmal ganz still. Was ist, wenn die Polizei uns wirklich alle festnimmt? Peter Maisch hat aber gemeint, dass wir ja keine nächtlichen Ruhestörer seien, da es ja fürs ins Bett gehen noch viel zu früh wäre. Und er würde die Brinkmann gerne in Lockenwicklern und wütend am Fenster sehen.
    Mir war das jetzt nicht mehr ganz geheuer. Ich bin ruhig hinter einen Baum getreten und habe mich im Schutz der Dunkelheit auf und davon gemacht. Die andern haben noch weiter geschrien, immer denselben bösen Vers.
    Später habe ich gehört, dass kein Fenster mehr aufgegangen ist und Herr Malek auch nicht da war.
    Ich schämte mich so. Ich konnte auch nicht verstehen, warum wir so was gemacht haben. Bei anderen Leuten sind wir doch auch nie auf solche Gedanken gekommen. Da klingeln wir höchstens und rennen weg. Ist es vielleicht deshalb, weil Brinkmanns nicht ganz so sind wie die meisten Leute in Kattenbach?
    Jetzt ist Frau Brinkmann verheiratet, da kann sie niemand mehr Stinkmann rufen. Sie hat nur standesamtlich geheiratet und heißt jetzt Missis Miller. Paul hat mir erzählt, dass sie schon eine Passage nach Amerika gebucht haben. Es ist schade, dass Waldo auch weggeht. Aber vielleicht ist es besser für ihn und seine Mutter.
    Christel Schauer ist immer noch nicht in Amerika. Ich wünschte, Christel hätte die Passage und Waldo bliebe hier.
     
     

Verbrannter Staub
    Die Höhensonne war mal wieder da. Da kriegen wir alle Papierbrillen und müssen uns im Kreis aufstellen. Im Kreis deshalb, damit jeder was von den Strahlen abbekommt. Es geht nach Jungen und Mädchen getrennt, weil wir nur Turnhosen anhaben.
    Herr Löwer hat uns erklärt, dass die Höhensonne so etwas wie ein starker Sonnenersatz ist, deshalb heißt sie auch so. Außerdem heißt sie noch „Original Hanau“.
    Die Höhensonne tut uns gerade in der sonnenarmen Zeit gut, wegen der Vitamine. Diese Vitamine gibt’s aber nicht umsonst. Es sind insgesamt immer drei Bestrahlungen und die kosten zusammen sechs Mark. Deshalb müssen wir uns vorher immer anmelden, wer zur Höhensonne gehen kann. Ich soll immer gehen, obwohl das so teuer ist. Aber manche in der Schule können es nicht.
    Ich finde es gut, denn es kostet Zeit, die vom Unterricht abgeht. Die Brille finde ich auch gut, weil damit alles so lustig aussieht. Riechen tut’s auch komisch, wie verbrannter Staub. Jedenfalls wie ich mir vorstelle, wie verbrannter Staub riecht.
    Gisi guckt immer genau, ob schon jemand Busen hat. Man merkt es nicht, dass sie jeden so genau anschaut, weil sie ja auch eine Brille aufhat. Aber ich kenne sie. Sie hat nämlich schon eine kleine Erhebung und hat deshalb Angst, eine andere in unsrer Klasse hätte mehr.
    Ich habe noch gar nichts. Wenn ich mich so anschaue, finde ich nur, dass mein Körper eine formlose Masse ist. Das habe ich auch meiner Mutter erklärt, weil Inge schon eine richtige Figur hat, sogar mit Taille. Mama hat angefangen zu lachen, aber wie! Sie hat so gelacht, dass ich beinahe geweint

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