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Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Titel: Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Essling
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missglückte Ausflug wurde nachgeholt. „Leider“, so meinte Herr Weiß, „wird die Marienkirche gerade restauriert. Wir können sie uns also zurzeit nicht ansehen. Ich habe aber ein anderes Projekt ausgekundschaftet. Wir haben die Erlaubnis zu einer Werksbesichtigung in der Stadt bekommen. Es ist eine Stahlgießerei. Das ist sehr interessant. Freut Euch!“
    Als wir diesmal losgingen, war es heiß. Natürlich machten wir einen Umweg, damit wir mehr von der Stadt sahen. An den Resten der alten Stadtmauer wurden wir natürlich fotografiert. Das ist ungefährlich, denn diese Verteidigungsanlage zählt heute nicht mehr.
    In der Stahlgießerei war’s noch heißer und es sah unwahrscheinlich gefährlich aus. Da flossen ganze Bäche aus glühendem Stahl. Die wurden von den Arbeitern abgeschöpft und in Formen gegossen. Sie machten das mit Gefäßen, die an langen Stangen hingen. Aber trotzdem hatte ich Angst, dass jeden Moment jemand reinfallen könnte.
    Noch mehr Bedenken hatte ich aber, dass ich selbst reinfallen könnte. Wir mussten uns zwar hinter Balustraden aufhalten, aber bei dem Rumgeschubse schien es mir doch gefährlich. Ein kleiner Mann in einem Schutzanzug, der aus Asbest war und an ihm rumschlotterte, hielt uns eine Rede. In dieser Ansprache erklärte er uns so salbungsvoll, dass er auch der Pfarrer der Marienkirche hätte sein können, die Geheimnisse des Stahlgießens. Es war furchtbar langweilig und schrecklich heiß. Das Schlottermännchen hörte sich zudem so gerne reden, dass es gar nicht aufhören wollte.
    Alles war erleichtert, als Herr Weiß ihm die Hand kräftig schüttelte und sich endlos bedankte. Draußen war es nicht ganz so heiß, aber die Sonne brannte doch ganz schön.
    „Na, das hat ja gar nicht so lange gedauert“ meinte unser Lehrer. „Da haben wir ja noch Zeit, die Großbäckerei Huber zu besichtigen. Da habe ich auch eine Einladung!“
    „Ach du je, noch so was bei der Hitze. In einer Bäckerei sind Öfen drin“, das wusste sogar Christel Schauer. Wir befanden uns so ziemlich hinten im Zug. Christel natürlich, Paul, Edgar, Rita und ich. Unlustig stapften wir hinter den anderen her.
    „Das ist die reinste Schikane. Wer weiß, was ihm nach der Bäckerei noch alles einfällt!“ „Da kannst Du recht haben, Ulli“, sagte Paul, „womöglich schleppt er uns dann noch zur Abwechslung ins Museum. Mir reicht’s!“ „Mir auch.“ „Mir schon lange“, fielen die anderen ein.
    „Wisst Ihr was?“ Christel drehte sich triumphierend um.
    „Wir hauen ab!“
    „Abhauen?“
    „Ja, abhauen, einfach so!“
    „Das merkt der Philipp!“ Unter uns nannten wir unseren Lehrer oft respektlos bei seinem Vornamen. „Ja, das merkt er“, sagte Christel. „Aber erst, wenn wir fort sind!“
    Wir machten alle mit. Erst blieben wir zurück, bis die Klasse um eine Straßenecke bog. Diesen Moment nutzten wir und rannten weg. Immer wieder Deckung suchend, gelang es uns, die heimatliche Richtung zu finden. Als wir das Kornfeld erreichten, das genau zwischen der Stadt und Kattenbach liegt, verschnauften wir. Das Korn stand schon hoch, man konnte sich dahinter gut verstecken.
    Da saß auch ein amerikanischer Soldat. Der langweilte sich offensichtlich. Er schob seinen Kaugummi im Mund so hin und her, dass sich seine Gesichtszüge ständig veränderten. Er gab Christel, mit der er sofort Kontakt hatte, einen Kaugummi. Uns andere übersah er.
    Wir hatten aber jetzt endgültig die Nase voll und wollten heim. Edgar schlich sich an die Straße und kam atemlos zurück.
    „Sie kommen, sie kommen“, rief er flüsternd. „Am besten bleiben wir hier, bis sie vorbei sind“, meinte Christel. Dann wandte sie sich wieder dem Soldaten zu, der sich sonnte. Er sah so ohne Uniformjacke- und -hemd sehr jung aus.
    Wir mussten viel länger als geplant in unserem Versteck bleiben. Wer auch raus kroch, um die Lage zu klären, kam unsicher zurück. Jeder meinte, da kämen Leute und jeder war sich nicht ganz sicher, ob das nicht vielleicht unsere Klasse sei. So was ist ganz schön zermürbend. Mir ging es nicht anders. Ich sah in der Ferne Menschen und hörte Stimmen. Ich glaubte auch, einzelne Stimmen zu erkennen, war mir aber nicht ganz sicher. Also blieben wir zur Sicherheit im Korn.
    Darüber wurde es später Nachmittag. Der Ami hatte sich längst ausgesonnt und sich mit seinem Sonnenbrand zurückgezogen. Inzwischen war uns alles egal. Darum traten wir, auch auf die Gefahr hin erwischt zu werden, den Heimweg an.
    Es

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