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Lockruf der Finsternis

Lockruf der Finsternis

Titel: Lockruf der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherrilyn Kenyon
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entschuldigt?«
    »Ja.«
    »Dann lass ihm Zeit, Katra. Wenn du ein halbes Leben lang von allen um dich herum verraten worden bist, dann ist es wirklich schwierig, das hinter sich zu lassen. Sin hat Angst vor der Liebe.«
    Das verstand sie nicht. »Wie kann man denn Angst vor der Liebe haben?«
    »Wie kann man keine Angst vor der Liebe haben?« Er war überrascht. »Wenn du jemanden liebst … wirklich liebst, egal, ob Freund oder Liebhaber, dann legst du ihm dein Herz offen. Du gibst ihm einen Teil von dir, den du sonst niemandem gibst, und du lässt ihn in einen Teil von dir, den nur er verlezen kann. Du gibst ihm ein Rasiermesser in die Hand und dazu den Plan für die Stelle, wo er am tiefsten und schmerzhaftesten in dein Herz und deine Seele schneiden kann. Und wenn er zuschlägt, dann verkrüppelt dich das fast – als ob dir das Herz herausgeschnitten wird. Du bleibst zurück und fragst dich, was du getan hast, dass er dich so übel verletzen wollte. Alles, was du getan hast, war doch nur, ihn zu lieben. Was ist so falsch an dir, dass niemand dir vertrauen kann? Dass niemand dich lieben kann? Wenn so etwas einmal passiert, ist es schlimm genug … aber wenn es sich wiederholt? Wer, der noch bei Verstand ist, würde davor keine Angst haben?«
    In ihrer Kehle hatte sich ein Kloß gebildet, als sie den Schmerz hörte, der aus ihm sprach. Sie schluckte, Tränen traten ihr in die Augen, sie ging auf ihn zu und umarmte ihn.
    Ash konnte kaum atmen, als er die Arme seiner Tochter um sich spürte. Nur Simi hatte ihn jemals so umarmt. Hier gab es keine Forderungen, hier wurde keine Gegenleistung erwartet. Es war einfach nur eine Umarmung, um zu trösten.
    Und das bedeutete ihm alles.
    »Ich liebe dich, Dad, und ich würde dir niemals wehtun.«
    Er schloss die Augen, die Worte berührten ihn tief.
    »Ich weiß, Baby. Lass Sin einfach ein bisschen Luft, damit er sich selbst und seine Vergangenheit in den Griff bekommen kann.«
    »Und wenn das nicht klappt?«
    »Dann gehe ich mit ihm vor die Tür und verprügle ihn, weil meine Tochter seinetwegen geweint hat.«
    Kat lächelte durch ihre Tränen und ließ ihn los. »Wirklich?«
    »Ganz sicher. Vergiss alle mittelalterlichen Folterstrafen. Ich werde ihm zeigen, was ein Gott aus Atlantis kann, wenn er sauer ist. Hannibal Lecter aus dem Film Das Schweigen der Lämmer ist dagegen ein Chorknabe.«
    Kat lächelte und drängte ihre Tränen zurück. »Ich werde dich daran erinnern.«
    »Das kannst du tun. Ich schlage gerne Leute zusammen.«
    Sie wischte sich die Tränen ab und stellte dann eine merkwürdige Frage, die überhaupt nicht hierherpasste. »Was machst du, wenn Mom dich allein lässt?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich schreibe Liebesromane.«
    Seine Antwort kam so schnell, ausdruckslos und unerwartet, dass sie verblüfft war. »Wirklich?«
    »Nein.« Er zwinkerte ihr zu. »So begabt bin ich nicht, und ich weiß überhaupt nichts über Romantik. Ich wollte nur sehen, wie du reagierst.«
    Sie war nicht sicher, ob sie sich je an seinen Humor gewöhnen würde. »Und was machst du wirklich?«
    »Gar nichts. Wirklich nicht – es ist sterbenslangweilig. Artemis erlaubt mir nicht, dass ich irgendetwas mitbringe – eine Gitarre, einen Fernseher, wo ich einen Cartoon-Sender schauen kann, nichts. Manchmal schmuggle ich ein Buch herein, und sie flippt aus, wenn sie es findet.«
    Das ergab für Kat keinerlei Sinn. Warum war ihre Mutter so grausam? »Warum erlaubt sie dir nicht, irgendetwas hier zu haben?«
    »Es wäre eine Ablenkung, und das toleriert sie nicht. Mein Teil des Paktes besteht darin, voll und ganz zu ihrer Verfügung zu stehen. Also bin ich hier und warte. Es hat wieder mal was mit Macht zu tun … ein kleiner Sieg, den sie über mich feiern kann.«
    »Und warum lässt du das zu?«
    Der Blick in seinen wirbelnden silbernen Augen jagte ihr einen Schauer über den Rücken. »Aus dem gleichen Grund, aus dem Sin noch nicht aufgegeben hat. Auf der Welt gibt es sechs Milliarden Menschen, die jemanden brauchen, der sie vor Dingen beschützt, vor denen sie noch mehr Angst haben als vor dem Steuereintreiber oder dem messerschwingenden Fremden. Dinge, die eine Waffe nicht stoppen kann. Solange ihr Leben in der Schwebe hängt, was bedeutet da schon eine kleine Demütigung für mich? Außerdem bin ich daran gewöhnt.«
    Vielleicht – aber sie fragte sich, ob sie an seiner Stelle so altruistisch sein könnte. »Ja, aber du bist ein Schicksalsgott. Kannst du das nicht

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