Lockruf der Gefahr - Lockruf der Gefahr - Black Hills
dir aufzunehmen. Er weiß, dass wir seine Identität kennen, deshalb hat er es gewagt, sich zu melden, direkt mit dir zu kommunizieren.«
»Aber das bin nicht ich ! Das ist nur seine verzerrte Sicht von mir. Er führt Selbstgespräche.«
»Ganz genau. Red weiter.«
»Er, puh …« Sie presste die Hand gegen die Stirn und fuhr sich durchs Haar. »Er ist ungebildet und kennt sich nicht mit Computern aus. Er hat bestimmt einige Zeit gebraucht, um so viel zu schreiben. Er will, dass ich - beziehungsweise diejenige, die er in mir sieht - weiß, dass er mich beobachtet. Er wollte ein bisschen angeben. Er schreibt, er habe über unsere Aktivitäten gelacht. Über die neue Alarmanlage. Über die Fahndung. Er ist sich sicher, dass ihn nichts von seinem Ziel abhalten kann, von seiner Jagd. Er schreibt, Carolyn habe ihm großes Jagdvergnügen bereitet.«
»Und Tyler war ein Versuchskaninchen. Alles weist daraufhin, dass er Tyler vom Weg abgebracht und ihn zum Fluss geführt hat. Tyler war ein gesunder Mann und gut in Form. Außerdem war er größer und kräftiger als Howe. Das lässt darauf schließen, dass Howe eine Waffe besitzt. Vermutlich nicht nur ein Messer. Was ist das für ein Jagdvergnügen, wenn man sein Opfer zu einem Gewaltmarsch zwingt?«
Sie sah jetzt alles ganz genau vor sich, die ganze Entwicklung. Und das half ihr, ruhig zu bleiben. »Wir wissen, dass er eine Waffe besitzt und sich in den Bergen auskennt. Er kann Fährten lesen. Er … er geht auf die Jagd.«
»Ja, gut kombiniert. Das ist das Jagdvergnügen: das Opfer auszusuchen, ihm aufzulauern und es zu töten.«
»Und er hat mich ausgesucht, weil er denkt, dass ich heiligen Boden, heiliges Erbe beschmutzt habe, indem ich mein Reservat hier eröffnet habe. Weil wir seiner Meinung nach beide den Puma als Tiergeist haben. Das ist doch Wahnsinn!«
»Er hat dich auch ausgesucht, weil du dich hier auskennst. Du kannst Fährten lesen, jagen und entkommen. Du bist also eine Art Hauptgewinn.«
»Vielleicht wollte er mich schon früher umbringen, aber Carolyn hat ihn abgelenkt. Sie war jung und hübsch und fühlte sich von ihm angezogen. Sie hat sich seine Theorien angehört und bestimmt mit ihm geschlafen. Und als sie ihn so weit durchschaut hatte, dass sie es mit der Angst bekam oder zumindest beunruhigt genug war, um sich von ihm zu trennen, hat er sie verfolgt statt mich. Von diesem Moment an war sie die Beute.«
Erschüttert ließ sie sich auf die Bank sinken.
»Du kannst nichts dafür, Lil. Es ist nicht deine Schuld.«
»Ich weiß, aber sie ist trotzdem tot. Mit ziemlicher Sicherheit tot. Und vielleicht musste heute Abend noch jemand sterben, damit er an einen Computer herankam und mir das hier schicken konnte. Wenn er weitere Menschen umbringt, einen meiner Leute, weiß ich nicht, was ich tue.«
»Darüber mache ich mir inzwischen weniger Sorgen als vorher. Er hat dich gewarnt«, sagte Coop, als sie zu ihm aufsah. »Er muss dir nichts mehr beweisen. Er muss dich nicht mehr ködern oder ärgern.«
Sie holte tief Luft. »Sag mir die Wahrheit: Übernachtet Brad bei deinen Großeltern, weil er Lucys Kochkunst schätzt, oder hast du ihn darum gebeten, damit er auf sie aufpasst?«
»Ihre Kochkunst ist sozusagen die Belohnung.« Er holte eine Flasche Wasser und reichte sie ihr.
Sie trank daraus. »Er ist ein guter Freund.«
»Ja, das stimmt.«
»Ich glaube …« Sie beruhigte sich mit einem weiteren
tiefen Atemzug. »Ich glaube, dass man Menschen auch über ihre Freunde kennenlernt.«
»Brauchst du da bei mir noch Nachhilfe, Lil?«
»Was die letzten zehn Jahre anbelangt, schon.« Sie warf einen Blick auf das Telefon und wünschte sich, es würde klingeln, wünschte, Willy würde anrufen und sagen, dass niemand verletzt war und es keine weiteren Toten gab. »Wie hältst du dieses Warten bloß aus?«
»Uns bleibt nun mal nichts anderes übrig. Hier sind wir sicher. Wenn er versucht herzukommen, löst er den Alarm aus. Hier bist du sicher. Du bist bei mir. Also kann ich warten.«
Sie unterdrückte ein Zittern, streckte den Arm aus und strich mit einem Finger über ein Margeritenblütenblatt. »Du hast mir schon wieder Blumen geschenkt. Wieso?«
»Ich glaube, ich schulde dir noch jede Menge Blumen für die letzten zehn Jahre. Als Wiedergutmachung, als Geburtstagsgeschenk, aus allen möglichen Gründen.«
Sie musterte ihn und sagte spontan: »Gib mir deinen Geldbeutel.«
»Warum?«
Sie streckte die Hand aus. »Willst du, dass ich dir wieder
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