Lockruf der Highlands: Roman (German Edition)
sie zu sehr zu betonen.«
O Gott, diese Worte hätten direkt aus dem Mund ihrer eigenen Mutter kommen können!
Fiona starrte sie lange wortlos an, dann lächelte sie unerwartet. »Okay«, sagte sie, drehte sich um und ging ins Gästezimmer. »Kann ich deine schwarzen Jeans anziehen?«
»Ja, nur zu.« Camry schloss erleichtert die Augen. Schlagartig fiel ihr wieder ein, warum der bloße Gedanke an eigene Kinder ihr eine Heidenangst einjagte.
4
L uke, der vom Geruch des fettigen Essens schon einen wässrigen Mund bekam, ließ sich in einer der Nischen im Go Back Grill nieder. Obwohl er sich noch immer nicht ganz von den zwei Monaten erholt hatte, in denen er bloß von Studentenfutter und Tütensuppe gelebt hatte, musste er zugeben, dass die Folgen verdammt angenehm waren.
Als er sich am ersten Abend auf Gù Brath im Badezimmerspiegel gesehen hatte, hatte er verblüfft registriert, dass über fünfundzwanzig Pfund Fett verschwunden waren. An dessen Stelle waren zehn Pfund harte Muskelmasse getreten, und zum ersten Mal seit Jahren war sich Luke zum ersten Mal wirklich seines eins fünfundachtzig großen, breitschultrigen, schlanken Körpers bewusst. Er hatte früher viel zu viel Zeit im Labor verbracht und sich nur geistigen Dingen gewidmet. Sobald er seine Arbeit wieder aufnahm, wollte er darauf achten, sich mehr Bewegung zu verschaffen.
»Ein Bier?«, fragte die Kellnerin, als er die Speisekarte aufschlug.
»Welche Importweine führen Sie?«, fragte er zerstreut und überflog die Karte, auf der die angebotenen Gerichte sogar auch abgebildet waren.
»Rot, Weiß oder Rosé?«
»Welche roten Importweine haben Sie?«
»Das war’s leider auch schon: roten Hauswein, weißen Hauswein oder Rosé«, lautete die trockene Antwort. »Wenn Sie etwas Exquisiteres wollen, müssen Sie nach Portland fahren. Wir haben zweiundvierzig Sorten Bier, Drinks und die Hausweine.«
Erst jetzt blickte Luke mit einem Stirnrunzeln auf – nur um sich zwei sahnig weißen Brüsten gegenüberzusehen, die von einem knallengen schwarzen Lederkorsett in Position gebracht aus der unanständig tief ausgeschnittenen Bluse quollen.
Die zu den Brüsten gehörende Frau hob sein Kinn mit der Spitze ihres Stiftes an und zwang ihn, in ihr missbilligendes Gesicht zu blicken. »Rot, Weiß oder Rosé?«, wiederholte sie ungehalten.
»Ich nehme ein Guinness.« Vorsichtig löste er sein Kinn von ihrem Stift und schaute erneut in die Speisekarte. »Und Ihr größtes Steak, dazu eine Ofenkartoffel – gefüllt – und als Beilage bitte Krautsalat. Und«, fügte er mit ein wenig mehr Nachdruck hinzu, als sie sich schon anschickte zu gehen, »eine große Portion grünen Salat, ohne Zwiebeln, mit Gorgonzola-Dressing.«
Während sie davonging, hörte Luke über dem Stimmengewirr der Gäste ein leises Kichern. Die junge Frau, die gerade den Tisch auf der anderen Seite des Ganges abräumte, lachte hinter vorgehaltener Hand. Dann sah sie ihn an.
Luke warf einen Blick in die Runde, um sich zu vergewissern, dass er der Grund für ihre Belustigung war, dann lächelte er ihr zu. »Was meinen Sie, soll ich ihr für ihren Auftritt ein höheres Trinkgeld geben oder besser gar keines?«, fragte er.
Das junge Mädchen warf ihren Lappen in den Eimer an dem Wagen mit gebrauchtem Geschirr und kam näher. »Es waren enorme Überredungskünste erforderlich, sie heute in diese Klamotten zu kriegen«, erklärte sie. »Wenn man noch bedenkt, wie unbequem so ein Ledermieder ist, können Sie von Glück sagen, dass sie ihren Stift nur benutzt hat, um Ihnen den Mund zu schließen, anstatt Ihnen damit die Augen auszustechen.« Plötzlich streckte sie ihm die Hand entgegen. »Hallo, ich bin Fiona.«
Erstaunt, aber völlig bezaubert von der Offenheit der jungen Frau ergriff Luke ihre dargebotene Hand und schüttelte sie sanft. »Luke Pascal.«
»Wohnen Sie hier in Go Back Cove, Luke?«, fragte sie. »Oder sind Sie nur auf der Durchreise?«
»Vor ein paar Minuten habe ich mir im Hotel gegenüber ein Zimmer gemietet; eine Weile möchte
ich schon bleiben. Ich habe mir eine Auszeit von der Arbeit genommen und will während meines Besuches in Maine eine Zeitlang an der Küste verbringen.«
»Der winterliche Ozean wirkt so trostlos und einsam, finden Sie nicht auch?«, fragte sie. »Manchmal ist es nur ein stumpfes Grau, das heran- und zurücktost, als würde es auf die wahre Liebe warten, und dann wieder schäumt das Meer zornig und wild, weil sich diese Liebe so lange Zeit
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