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Lockruf Der Leidenschaft

Lockruf Der Leidenschaft

Titel: Lockruf Der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
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seinen Gefangenen an und reckte zum Gruß die Hand.
    Nicholas erwiderte den Gruß. Der Direktor war ein zivilisierter Mann, der gerne gebildete und intelligente Gesellschaft bei einem Glas Portwein genoss, und nur selten hatte Kincaid während seines Aufenthaltes einen einsamen Abend verbringen müssen.
    »Frühstück ist da, Mylord.« Eine Wache erschien in dem schmalen Eingang zum Turm, wo Nick untergebracht worden war.
    »Wenn ich mich ein wenig mehr bewegen dürfte, dann hätte ich gewiss auch mehr Appetit darauf«, entgegnete Nicholas, ehe er sich wieder ins Innere des Turmes zurückzog. In der runden, aus Steinen errichteten Kammer seines Gefängnisses brannte ein Feuer und schmückten eine Steppdecke und eine dicke Matratze das schmale Bett, und auf dem einfachen Holzbohlentisch unter dem schmalen, vergitterten Fenster standen sogar einige Bücher. Wenn man also den Verlust der Freiheit außer Acht ließ, gab es keinen Anlass zur Beschwerde über diese Art der Unterbringung. Auch von seinen Gefängnisaufsehern hatte Nicholas keinerlei Beleidigungen oder auch nur den Hauch von Unhöflich-keit zu ertragen, aber nichtsdestotrotz waren sie noch immer seine Aufseher. Wenig begeistert wandte er sich seinem Ale und dem Rinderlendenstück zu. Ob Polly noch im Bett lag? Es war bereits nach sieben, aber wenn sie erst um Mitternacht ins Bett gekommen war, könnte sie jetzt durchaus noch schlafen und Kraft schöpfen für ihre morgendliche Arbeit mit Killigrew und die Vorstellung am Nachmittag. Aber was konnte sie andererseits während seiner Abwesenheit schon getan haben, das sie in den späten Abendstunden noch wach hielt? Vielleicht geleitete Richard sie zum Hofe und ermunterte sie, ihre gelassene und scheinbar allein auf Gewinn ausgerichtete Fassade aufrechtzuerhalten, die sie über die Monate hinweg bereits perfektioniert hatten. Doch was auch passieren mochte, es musste aüf jeden Fall verhindert werden, dass sie über den gleichen Kamm geschoren wurde wie ihr Gönner. Doch Richard würde diese Gefahr erkennen und die entsprechenden Schritte unternehmen.
    Nick hatte keinerlei Nachrichten von der Welt außerhalb dieser Mauern erhalten, wenngleich der Gefängnisdirektor sich dafür entschuldigt hatte, dass die Vorschriften dies verboten. Auch hatte Nicholas selbst keine Nachrichten entsenden dürfen -nicht einmal Anweisungen an Margaret zur Einteilung des Haushaltsgeldes. De Winter würde dafür sorgen, dass es Polly an nichts mangelte, dessen war Nicholas sich sicher, doch nichts konnte seine quälende Angst um sie mildern, die Verzweiflung in Anbetracht seiner Hilflosigkeit lindern. In Gedanken konnte er Polly noch immer fühlen, konnte er sie sehen und hören.
    »Lord Kincaid?« Die schwerfällige Stimme des Direktors riss ihn aus seinen Gedanken. »Direktor, ich bitte um Entschuldigung. Ich bin wohl ein wenig zerstreut.« Nicholas wandte sich von den emporzüngelnden Flammen und den darin tanzenden Erinnerungen ab und begrüßte jenen Mann, der die Herrschaft über Nicholas' gegenwärtige Lebensbedingungen besaß. »Bringt Ihr womöglich Neuigkeiten von der Anklage?« »Ganz im Gegenteil, Mylord.« Der Direktor strahlte. »Gerade kam ein Bote aus Whitehall und brachte das hier.« Er hielt Nicholas ein Schriftstück hin, während sein Lächeln noch eine Spur breiter wurde. »Es wird mir zwar Leid tun, Eure Gesellschaft zu verlieren, aber ich freue mich mit Euch.«
    Nicholas las den unter dem Siegel von Buckingham aufgesetzten Befehl, Lord Kincaid zu entlassen sowie sämtliche Anklagen, egal ob bereits erhoben oder noch in Vorbereitung, fallen zu lassen. »Aber warum?«, fragte Nicholas. »Das widerspricht doch sämtlicher Logik.«
    Der Gefängnisdirektor wusste keine Antwort darauf und verstand in Wahrheit auch nicht ganz, weshalb sein ehemaliger Gefangener sich lange mit solchen Fragen aufhielt. Der Direktor deutete zu dem Wachmann in seiner Begleitung. »Euer Degen, Lord Kincaid. Und im Hof erwartet Euch eine Kutsche.«
    »Dann danke ich Euch für Eure Höflichkeit und Eure zahlreichen Liebenswürdigkeiten, Direktor.« Nick schob seinen Degen in die Scheide zurück und fühlte sich augenblicklich wieder wie ein ganzer Mensch, gehörte endlich wieder seiner eigenen Welt an. Die beiden Männer verbeugten sich noch einmal voreinander, und der Gefängnisdirektor begleitete Nick in den Hof, wo er dieselbe mit keinerlei Erkennungszeichen versehene Kutsche bestieg, die ihn dieses Mal jedoch aus den Mauern des Towers

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