Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lockruf der Vergangenheit

Lockruf der Vergangenheit

Titel: Lockruf der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
Vom Netzwerk:
früher oder später sowieso auf die Spur gekommen, Dr. Young. Wenn nicht durch Ihren klaren Beweis durch das Blut, dann doch aufgrund von Mutmaßungen über die gefälschte Buchseite. Die Tatsache, daß der Tumor Erfindung ist, führt doch zwangsläufig zu der Frage, woran mein Onkel denn wirklich gestorben ist. Und ob nicht die Person, die die gefälschte Seite einfügte, den Tod meines Onkels wünschte oder gar herbeiführte. Ungewiß ist nur, wer es tat und warum. Die gefälschte Seite muß vor langer Zeit gedruckt worden sein, vielleicht schon vor dem Tod meines Vaters. Ich verstehe das nicht. Derjenige, der ihn und meinen Großvater getötet hat, muß auch Onkel Henry getötet haben. Das geht aus der Todesart klar hervor. Hat die Polizei dafür nicht ein bestimmtes Wort?«
    »Modus operandi«, antwortete Dr. Young und schüttelte resignierend den Kopf.
    »Ich muß nachdenken. Ich bin völlig durcheinander. Wer, um alles in der Welt, kann Onkel Henrys Tod gewünscht haben? Und warum? Zu welchem Gewinn? Ganz gewiß nicht Anna und Martha. Sie haben durch seinen Tod nichts gewonnen. Es heißt immer, Gift wäre die Waffe der Frau. Wenn das stimmt, wer von den Frauen in unserer Familie hatte dann einen Grund, Onkel Henry zu töten? Etwa seine eigene Mutter, meine Großmutter? Oder könnte es eines der Mädchen gewesen sein, das einen Groll gegen ihn hegte? Oder Theo und Colin? Was hatten sie zu gewinnen – «
    Das Wort blieb mir im Hals stecken, und Dr. Young hob mit einem Ruck den Kopf.
    »Colin!« rief er. »Der hatte in der Tat etwas zu gewinnen und nichts zu verlieren.«
    »Dr. Young!«
    »Etwa nicht? Das gesamte Vermögen der Pembertons. Die Fabriken und das Haus.«
    »Nein! Nein!« rief ich. »Das glaube ich nicht. Niemals.« Er versuchte, mich zu beruhigen, indem er wieder meine Hände umfaßte. »Ich habe den Eindruck, Miss Pemberton, daß Sie für Colin mehr empfinden als verwandtschaftliche Neigung. Aber diese Gefühle dürfen Ihren klaren Blick und Ihr Urteil nicht trüben. Sie mögen ihn lieben, aber das heißt nicht, daß er des Mordes nicht fähig ist. Haben Sie mich verstanden, Miss Pemberton?«
    »Aber es wußte doch niemand, daß es kein Testament von Henry gab«, sagte ich leise. »Theo war sogar sicher, daß sein Vater eines gemacht hatte. Alle glaubten das. Und da Theo ganz bestimmt ein großes Erbe erwartete, könnte man ebensogut annehmen, daß er den Mord begangen hat. Wenn Sie hätten sehen können, wie außer sich er gestern abend war, als er erfuhr, daß er nichts bekommen würde! Und Colin behauptet, von Sir Johns Testament keine Ahnung gehabt zu haben!«
    Ich sah Dr. Young beschwörend an. Nein, ich wollte es nicht einmal denken. Colin war unschuldig. Ganz bestimmt. Am vergangenen Abend hatte er immer wieder erklärt, nichts davon gewußt zu haben, daß Henry kein Testament gemacht und Sir John verfügt hatte, daß er zum Alleinerben eingesetzt werden sollte.
    »Außerdem«, sagte ich mit festerer Stimme, »glaube ich, daß alle drei Morde von derselben Person begangen wurden: Mein Vater, Sir John und mein Onkel Henry. Und wenn das zutrifft, kann es Colin gar nicht gewesen sein. Er war zu der Zeit, als mein Vater ums Leben kam, gerade vierzehn.«
    Dr. Young schwieg nachdenklich. Dann sagte er zu meiner Erleichterung: »Da haben Sie recht. Das spricht gegen Colins Schuld. Wenn er die Wahrheit sagt und wirklich nicht wußte, daß Ihr Onkel kein Testament gemacht hatte, dann ist der Verdacht, daß Theodore der Schuldige ist, in der Tat nicht von der Hand zu weisen. Er war damals, als Ihr Vater starb, immerhin achtzehn Jahre alt, rein körperlich des Mordes durchaus fähig.«
    Ich fühlte mich schwach und elend. Wie schrecklich war das alles! Hier saß ich in diesem behaglichen Wohnzimmer, meine Röcke über dem weichen Sofa ausgebreitet, vor mir Tee und feine Biskuits und versuchte, mir vorzustellen, wer von meinen Verwandten ein Mörder war. Dr. Young, der wohl spürte, was in mir vorging, sagte: »Hätte ich gewußt, was für Enthüllungen dieser Nachmittag bringen würde, ich hätte Ihnen Brandy statt Tee angeboten.«
    Ich lächelte, dankbar für sein Verständnis und dankbar dafür, daß er da war. Hätte ich all diese Entdeckungen allein gemacht, so wären sie noch viel schwerer zu ertragen gewesen. »Was haben Sie jetzt vor, Miss Pemberton?«
    »Das weiß ich selbst noch nicht. Ich muß auf jeden Fall sehr vorsichtig sein und mir alles gründlich überlegen. Ich bin überzeugt, daß

Weitere Kostenlose Bücher