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Lockruf der Vergangenheit

Lockruf der Vergangenheit

Titel: Lockruf der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
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für andere hatte er gesehen, wie erschüttert ich war, und versuchte nun, mich abzulenken. Ich war ihm dankbar dafür. Ich brauchte Zeit, um mich an den Gedanken zu gewöhnen, daß Colin nicht einer von uns war.
    Dr. Young blieb nicht lange weg. Jedenfalls schien es mir so. Ich riß mich aus meinen Gedanken, als er sich wieder zu mir setzte, diesmal neben mich, und das Buch auf den Tisch legte.
    »So, schauen wir einmal. Das war Seite…« Er warf einen Blick in mein Buch und blätterte dann in seinem. »Da haben wir es schon. Ach nein, stimmt nicht. Falsche Seite.«
    Aus dem Augenwinkel sah ich die weißen Seiten flattern, doch vor mir sah ich nur Colins Gesicht. Eigentlich hätte ich froh und glücklich sein müssen, daß er unser Schicksal nicht teilte…
    »Augenblick mal«, hörte ich Dr. Young murmeln. »Was ist das denn? Die Seitenzahlen stimmen überein, aber der Text ist ein anderer.«
    »Wie bitte?« Ich beugte mich über den Tisch. »Haben Sie in Ihrem Buch die gleichen Fehler?«
    »Nein, es ist etwas anderes. Nehmen Sie Ihr Buch, Miss Pemberton, und lesen Sie mir vor, was vor der Passage über die Pemberton Krankheit steht.«
    »Gut.« Ich nahm das Buch zur Hand und las: »›Es gibt jedoch noch eine andere Fiberkrankheit, die in ihren Symptomen von der Pest abweicht; sie ist nämlich nicht seuchenartiger Natur – ‹«
    »Gut. Das stimmt überein. Jetzt lesen Sie auf der nächsten Seite weiter.«
    »Als dieses Fieber das erstemal auftrat, zeigte sich, daß es nicht zu heilen ist und unweigerlich zum Tode führt. Die Geschichte beweist – «
    »Halt!« sagte Dr. Young und schob mir wortlos sein eigenes Buch hin. Es enthielt einen ganz anderen Text. »Das verstehe ich nicht.«
    »Ich auch nicht. Würden Sie mir bitte einmal Ihr Buch geben, Miss Pemberton?« Dr. Young legte beide Bücher aufgeschlagen nebeneinander, um die Seiten zu vergleichen. Nur mein Buch enthielt die Passage über den Pemberton Tumor.
    »Aber die Seitenzahlen stimmen doch überein«, sagte ich verwirrt. »Was ist da passiert? Ich verstehe das nicht.«
    Dr. Young nahm mein Buch vom Tisch, drehte es um und sah sich genau an, wie es gebunden war. Plötzlich blickte er auf. »Da haben wir es!«
    »Was denn?«
    »Die Seite hier gehört gar nicht hinein. Sehen Sie? Man hat die Originalseite, die bei mir noch vorhanden ist, vorsichtig entfernt und durch eine andere ersetzt. Der Originaltext geht dann auf der nächsten Seite weiter.«
    »Aber was soll das? Ich verstehe das nicht?«
    »Jemand hat die Seiten in diesem Buch ausgetauscht, um die Behauptung der Pemberton Krankheit zu untermauern.«
    »Ist das wahr?« rief ich. »Soll das heißen, daß es das Gehirnfieber gar nicht gibt? Daß der Tumor eine Erfindung ist?«
    »Nun, Thomas Willis hat jedenfalls nie darüber geschrieben.«
    »Dr. Young – «
    »Schauen Sie, Miss Pemberton, wenn man genau hinsieht, erkennt man, daß diese Seite nachträglich eingeheftet wurde. Da gibt es für mich keinen Zweifel. Und wenn wir uns das unter meinem Mikroskop anschauen, werden wir es noch genauer erkennen. Aber was mich vor allem an der Sache interessiert, ist die Frage, warum die Seiten ausgetauscht wurden.«
    »Warum?« Meine Stimme klang gepreßt.
    »Was würden Sie vermuten, Miss Pemberton? Denken Sie in die gleiche Richtung wie ich?«
    Mein Blick wanderte zwischen den beiden Büchern hin und her. Jetzt, da ich wußte, worauf ich zu achten hatte, war offensichtlich, daß die Seite mit der Abhandlung über die Krankheit der Pembertons eine Fälschung war. Es war ebenso offensichtlich, daß sie mit großer Sorgfalt eingeheftet worden war, um als echt zu erscheinen. Aber warum die ganze Mühe? »Nein, Doktor, ich habe überhaupt keine Erklärung. Ich bin nur völlig durcheinander.«
    »Ich muß zugeben, mir geht es ähnlich. Derjenige, der diese Seite ausgetauscht hat, war ein Künstler oder zumindest ein Mensch, der sehr aufs Detail achtete. Diese Abhandlung ist, abgesehen von dem Versehen, daß das mit dem Wort Fieber passiert ist, eine hervorragende Fälschung. Willis’ Stil ist beibehalten, der Druck ist identisch, selbst das Papier scheint das gleiche zu sein. Irgendwer wollte der Geschichte von der Erbkrankheit eine feste, unerschütterliche Grundlage geben und suchte sich als Mittel dazu Thomas Willis’ Buch aus. Mit anderen Worten, es scheint, daß die Pemberton Krankheit aus irgendeinem Grund von jemandem erfunden wurde, der dann keine Mühe scheute, Beweise dafür zu erdichten, die alle

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