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Lockruf des Blutes

Lockruf des Blutes

Titel: Lockruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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sich zusammen. »Meiner Freundin?«
    Im selben Moment schnappt Ryan hörbar nach Luft, sieht mich an und schüttelt stumm den Kopf. »Ich bin noch nicht dazu gekommen, es ihr zu erzählen.« Sein Tonfall macht deutlich, dass er es besser fände, wenn ich das auch nicht täte.
    Aber es ist zu spät. Trish blickt forschend von ihm zu mir. »Wovon redet ihr eigentlich?«
    Ryan erstarrt und wirft mir einen finsteren Blick zu. »Trish hat schon genug Sorgen. Sie muss nicht auch noch von dieser anderen Sache hören.«
    Trish starrt Ryan mit brennendem, vorwurfsvollem Blick an. »Was für eine andere Sache, Ryan?«
    Er weicht ihrem Blick aus und antwortet nicht.
    Also tue ich es. »Es tut mir leid, Trish, ich dachte, du wüsstest davon. Es ist Barbara.«
    »Barbara?« Sie wiederholt den Namen in demselben verständnislosen Tonfall. »Was ist mit Barbara?«
    Ich weiß nicht, wie ich das leichter für sie machen könnte. Aber eines ist sicher: Entweder weiß Trish wirklich nichts vom Tod ihrer Freundin, oder sie ist eine oscarverdächtige Schauspielerin. Ich nehme ihre Hand. »Barbara ist tot, Trish. Die Polizei hat ihre Leiche heute Morgen gefunden. Es tut mir leid.«
    »O Gott!« Trishs gequälter Aufschrei hallt in der leeren Garage wider. Sie entreißt mir ihre Hand und fährt Ryan an: »Du wusstest das mit Barbara. Und du hast mir nichts gesagt?«
    Ryan kann ihr nicht in die Augen sehen. Er beschäftigt sich mit seinem Hund, ruft ihn zu sich, reißt ein Stück von seinem Sandwich ab und hält es dem Hund hin. Betont aufmerksam beobachtet er Cujo eine Weile, bis er sich überwinden kann, Trish anzusehen. »Es tut mir leid«, flüstert er. »Ich konnte es dir nicht sagen.«
    Trishs Gesicht verzieht sich. Dicke Tränen laufen ihr über die Wangen, sie schluchzt mit zuckenden Schultern, doch sie gibt keinen Laut von sich. Erst als sie tief und zittrig Atem holt, bricht ein Klageschrei aus ihr hervor. Sie schlägt die Hände vors Gesicht. »O Gott, o mein Gott. Ich bin die Nächste. Ich bin die Nächste. Ich bin die Nächste.«
    Sie wiederholt diese Litanei unablässig und ignoriert mich völlig, als ich sie an mich ziehe, ihr über den Kopf streichle und ihr leise verspreche, dass ich sie beschützen werde. Sie wehrt sich nicht gegen mich und versucht nicht, sich loszureißen. Aber sie ist völlig steif und hält die Arme fest um die eigene Taille geschlungen.
    Über ihren Kopf hinweg sehe ich Ryan an. Zitternd starrt er uns an. Keiner der beiden Jugendlichen hat gefragt, wie Barbara ums Leben kam. Es ist, als hätten sie mit so etwas gerechnet. »Du erzählst mir jetzt besser, was hier los ist, Ryan.« Er scheint ebenfalls den Tränen nahe zu sein, hält sich aber tapfer. »Das sind die Typen von der Website«, sagt er tonlos.
    »Website?«
    Er nickt und starrt seine Freundin an. »Die wollen den Computer zurückhaben.«
    »Computer?« Ich höre mich an wie ein Papagei.
    Ryan steht auf und geht zur Rückwand der Garage, Cujo dicht auf den Fersen. Erst jetzt bemerke ich die Kleidung und eine Decke in der Ecke. Er wühlt in den Sachen herum, und als er sich wieder umdreht, hat er einen Laptop in der Hand. Wortlos bringt er ihn zu uns herüber, kniet sich hin und schaltet ihn ein. Seine Finger flitzen über die Tastatur, bis sein Gesichtsausdruck mir deutlich sagt, dass er gefunden hat, was er sucht. Es ist eine Mischung aus Abscheu und Wut, die ihm die Röte in die Wangen treibt. Ich weiß genau, was er empfindet, weil er nun den Computer zu mir herumgedreht hat und ich ganz genau dasselbe fühle.
    Ich sehe Carolyn, die hinter ihrer Tochter steht, eine Lederleine in der Hand. Die Leine ist an dem Halsband befestigt, das Trish um den Hals trägt. Trish liegt ausgebreitet auf dem Bett, ihr Gesicht ist teilweise von einem Tuch verborgen, aber sie ist deutlich zu erkennen. Sie ist nackt. Und zwischen ihren Beinen steckt eine Männerhand.
    Der Zorn, der in mir aufsteigt, gleicht nichts, was ich je zuvor erlebt habe. Blitzartig. Unkontrollierbar. Ich schlage um mich, stoße dabei den Computer aus Ryans Hand und lasse ihn gegen die Wand krachen. Ich kann nicht aufhören zu zittern; mein ganzer Körper vibriert vor glühender Wut. Ich sehe die Angst in Ryans Augen, spüre, wie Trish zurückzuckt und sich bei ihm verkriecht. Die beiden kauern sich zitternd außerhalb meiner Reichweite zusammen. Auch Cujo wimmert und weicht zurück. Meine Wut macht ihnen Angst, aber ich weiß nicht, wie ich sie zügeln soll.
    Doch das muss ich. Ich

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