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Lockruf des Blutes

Lockruf des Blutes

Titel: Lockruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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interpretiert als das, was da ist.
    Ich dachte immer, solche Wahrsager-Hotlines wären reine Abzocke.
    Die meisten, ja. Aber diese Leute hier sind keine Betrüger. Sie bieten ihren Service einer ganz besonderen Klientel an.
    Wie besonders?
    Er zuckt mit den Schultern. Leute, die für die Zukunft der Welt von Bedeutung sind.
    Du meinst Staatsoberhäupter? Religionsführer?
    Williams bleibt dicht neben einem Schreibtisch stehen und dreht sich zu mir um. Nein. Die wahre Macht, die hinter der Zukunft unserer Welt steht. Du, Anna. Du bist eine dieser Figuren. Würdest du es gern sehen?
    Mein Herz flattert, dann wummert das Blut in meinen Ohren. Ich verstehe oder glaube nichts von alledem. Ich will nichts davon wissen. Ich zwinge die Angst aus meinen Gedanken und setze Entschlossenheit an ihren Platz. Tu das nicht, Williams. Nicht jetzt.
    Ich wappne mich in der Erwartung, dass er die Gelegenheit nutzen wird, mir die Hölle, als die er meine Zukunft sieht, zwangsweise in den Kopf zu stopfen. Das hat er schließlich schon einmal versucht.
    Doch er lächelt. Ich weiß. Du musst an Trish denken. Bring das in Ordnung. Dann unterhalten wir uns noch einmal darüber.
    Dass er plötzlich so weich wird, macht mich nervös, denn daran bin ich bei ihm nicht gewöhnt. Ich glaube, der ätzende Williams ist mir lieber.
    Er hat auf einen Knopf neben der Tür des Aufzugs gedrückt. Mit einem Summen senkt sich die Kabine herab. Der kleine Empfangsbereich taucht vor uns auf, als die Türen beiseitegleiten.
    Williams berührt mich am Arm, bevor ich den Aufzug betrete. Gott schütze dich.
    Als sich die Türen schließen, sehe ich sein Gesicht, hoffnungsvoll, zuversichtlich.
    Welchen Gott hat er gemeint? Ich bin nicht sicher, ob ich das noch wissen will.

Kapitel 32
    A ls ich durch den geheimnisvollen Wasserfall trete, der den Eingang – zu was auch immer das war – verbirgt, bin ich erleichtert, wieder hier draußen zu sein. Frey und Williams schienen sich in dieser seltsamen Umgebung sehr wohl zu fühlen. Mir ist diese hier wesentlich lieber.
    Aber jetzt wird mir umso deutlicher, dass ich keinerlei Plan habe. Ich weiß kaum mehr als in dem Moment, da ich Trish in meiner Garage gefunden habe. Allerdings habe ich eine Quelle noch nicht angezapft. Ryan.
    Und in dem Moment, als ich das denke, erinnere ich mich, dass ich seine Telefonnummer in der hinteren Tasche der Jeans gelassen habe, die ich gestern anhatte. Auf der Rückfahrt zur Wohnung empfinde ich die Tatsache, dass ich mich ständig im Kreis bewege, wortwörtlich wie im übertragenen Sinne, so frustrierend, dass ich laut darüber lachen muss.
    Als ich aus dem Aufzug steige, treffe ich auf zwei bullige Bauarbeiter, die gerade meine neue Tür einhängen. Der Hausmeister ist nirgends zu sehen, und es gefällt mir nicht, dass Fremde einfach so Zugang zu meiner Wohnung haben. Doch mein Unwohlsein ist gar nichts im Vergleich zur Verlegenheit der beiden Männer, als sie mich kommen sehen und begreifen, dass ich die Bewohnerin bin.
    Der Kerl, der gerade die Tür festhält, räuspert sich. Sehr laut.
    Der zweite wirft einen nervösen Blick in meine Wohnung.
    Und in dem Moment ist mir alles klar.
    Ich lege den Zeigefinger an die Lippen und schüttele den Kopf.
    Sie nicken, offensichtlich klug genug, um zu kapieren, dass ich es bin, mit der sie es sich hier nicht verderben sollten.
    Ich schlüpfe hinein und lausche. Ich höre Stoff rascheln und Holz an Holz schrammen, als jemand Schubladen aufzieht und wieder schließt.
    Jemand durchwühlt meine Sachen.
    Ich ertappe Burdick, den Hausmeister, im Badezimmer, an meinem Wäschekorb. Er wühlt darin herum, zieht eine Unterhose heraus und stopft sie sich in die Tasche. Sein boshaftes Gesicht ist zu einem ekelhaften Lächeln zusammengeknautscht.
    »Sie hätten die schwarze nehmen sollen, Burdick. Pink steht Ihnen nicht.«
    Burdick stockt der Atem. Er kneift unwillkürlich die Augen zu. So erinnert er mich an einen Vogel Strauß, der glaubt, weil sein Kopf im Sand steckt, sei auch der Rest seines Körpers verschwunden.
    Ich gehe zu ihm hinüber und schnalze missbilligend mit der Zunge.
    Er macht die Augen nicht auf.
    Ich lege ihm eine Hand auf die Schulter. Er zuckt zusammen.
    Nun packe ich ihn an beiden Schultern und drehe ihn zu mir herum, weg von den Spiegeln.
    »Aber Sie wissen ja, wie es heißt – eine Hand wäscht die andere. Ich denke doch, dass wir eine Lösung finden können.«
    Er brummt.
    »Ich möchte ausziehen. Noch dieses Wochenende.

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