Lockruf Des Mondes
und die mich alle ablehnen und hassen werden, weil ich Engländerin bin. Obendrein bin ich auch noch die Frau des Lairds der Sinclairs, und sie werden mich auch dafür hassen, weil er dein Feind ist.«
»Und das glaubst du, weil ...?«
»Weil es stimmt. Ich wünschte, es wäre nicht so, aber ich habe begonnen, mich damit abzufinden. Die Highlander hassen Engländer.«
»Du hast dem Clan-Chef der Sinclairs gesagt, du wärst lieber mit einem Ziegenbock verheiratet. Glaubst du nicht, dass das ebenso viel mit der Feindseligkeit seines Clans zu tun hat wie die Tatsache, dass du Engländerin bist?«
»Das meinte Cait auch, doch es gab schon bei meiner Ankunft niemanden, der mir ein Lächeln schenkte.« Emily holte tief Luft und ließ sie langsam wieder entweichen. »Wir lächeln keine Fremden an. Ist das ein englischer Brauch?«
Emily dachte kurz darüber nach und blinzelte, um die letzten Tränen aus ihren Augen zu verdrängen. »Ich weiß es nicht, aber ich war schließlich hergekommen, um ihren Laird zu heiraten.«
»Auf Anweisung des Königs.«
»Nun ja, das schon.«
»Das musste den Stolz des Clans verletzen. Ihr Laird ist ihr Oberhaupt, und sie sind ihm treuer ergeben als dem König.«
»Aber in erster Linie schuldet man doch seinem König Treue.«
»In England ist das so und vielleicht sogar im schottischen Flachland, jedoch nicht hier oben, Mädchen.«
»Das ist nicht richtig! Es ist eine Sünde, einen Clan-Chef über den König eures Landes zu stellen.«
»Und wer sagt das?«
»Die Kirche. Ich bin mir sicher, dass die Kirche eine solche Einstellung vertritt.«
»Ach ja?«
»Interessiert dich das denn gar nicht?«
»Nein.«
Sie starrte ihn an, als könnte sie sich so etwas nicht vorstellen. »Hast du denn keine Angst vor einer kirchlichen Bestrafung?«
»Nein.«
Ihre Reaktion war wirklich sehenswert. Emily sah zutiefst schockiert aus. »Aber das ist ja schrecklich!«
»Findest du?«
»Dann hat Cait also recht gehabt. Drustan wird sie nicht mit dem Segen der Kirche heiraten.«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Aber bei einer so respektlosen Einstellung würde kein Priester zu euch auf die Burg kommen.«
»Unser Priester findet unsere Einstellung nicht respektlos.«
»Nein?«
»Nein.«
»Euer Priester? Lebt er denn bei eurem Clan?«
»Ja.«
»Hasst du mich auch?«, fragte sie mit unsicherer Stimme. »Wie kommst du darauf?«
»Weil du dich benommen hast, als hasstest du mich.«
»Wann?«
»Als du mich aus dem Boot gehoben hast.«
»Da hast du mich aufgehalten, und ich war gereizt.«
»Das tut mir leid.«
»Du warst wohl innerlich zu aufgewühlt in dem Moment.«
»Ja.« Sie holte wieder tief Luft und schwieg abwartend. Aber auch Lachlan wartete, was sie als Nächstes sagen würde.
Schließlich ließ sie den Atem mit einem verdrossenen Seufzer wieder entweichen. »Also, hasst du mich nun oder nicht?«
»Nein.«
»Ich hasse dich auch nicht.«
6. Kapitel
L achlan verstand nicht, warum, aber er hörte diese Worte gern. Trotzdem erwiderte er: »Das ist nicht wichtig.«
»Nein, das ist es wohl tatsächlich nicht. Wahrscheinlich interessiert es dich genauso wenig wie die Tatsache, dass ich es nicht richtig von dir finde, Cait und mich entführt zu haben.«
»Bei meinem Clan bist du besser dran als bei den Sinclairs.«
Emily biss sich auf die Lippe und sah ihn fragend an. »Ich wüsste nicht, wieso.«
»Hier wird dich niemand hassen, Emily.«
»Ulf tut es schon.«
»Ulf ist verärgert über deine scharfe Zunge und deine Beleidigungen.«
»Er ist ein Griesgram.«
Lachlan lachte. »Das hast du gut beobachtet.«
»Das war kein Kompliment.«
»Er würde es aber so auffassen.«
»Ihr Highlander seid ein merkwürdiges Volk.«
»Wenn du wüsstest!«
Sie sah ihn mit einer solchen Unschuld in den Augen an, dass er es sich kaum versagen konnte, sie zu berühren. »Dein Ehemann hat noch nicht das Bett mit dir geteilt, oder?«
Emily schnappte nach Luft und errötete vor Verlegenheit. »Du solltest so etwas nicht fragen!«
»Aber ich habe recht.«
Sie errötete noch heftiger und wandte den Blick ab.
»Sag mir die Wahrheit, Sassenach.«
»Die dürfte dich nicht interessieren.«
»Sag es mir.«
Sie schlang die Arme um sich, als versuchte sie, sich Mut zu machen. »Nein, das hat er nicht«, bekannte sie mit einem gereizten Blick. »Bist du jetzt zufrieden?«
Lachlan hatte sich schon gedacht, dass sie noch unberührt war, es jedoch aus ihrem eigenen Mund zu hören, hatte geradezu
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