Lockruf des Verlangens (German Edition)
ermunterte sie mit tiefem Brummen. »Komm schon. Öffne deine schönen Augen.«
»Dunkel.«
Er wusste nicht, was sie damit meinte, doch der Wolf brachte ihn dazu, sich hinunterzubeugen und sie sanft in die Unterlippe zu beißen. »Hawke«, sagte er. »Das solltest du sagen.«
Eine Falte erschien zwischen ihren Augenbrauen.
»Hawke«, wiederholte er nachdrücklich. »Hawke.«
»Hawke«, murmelte sie schläfrig und schlug die Augen auf. Reinste Freude stand in den Kardinalenaugen, doch kurz darauf trat Erschrecken an ihre Stelle, und sie setzte sich auf. »Was hast du getan?« Eine geistige Tür schlug so heftig zu, dass Sterne hinter seinen Augenlidern aufflackerten.
Knurrend griff er nach ihrem Kinn. »Wag ja nicht, mich auszusperren.« Sein Wolf schlug gegen die Wand, die er nicht sehen, aber fühlen konnte, denn das Paarungsband ließ keine Distanzierung zu.
Eine Woge von Gefühlen spülte die Barriere fort und verband sie, bis er Sienna wieder überall spüren konnte. Erschauernd atmete er ein, nahm ihren Kopf in beide Hände und sagte: »Wenn du das noch einmal machst, versohle ich dir den Hosenboden.«
Sie kniff die Augen zusammen. »Rede nicht so mit mir.«
Das Lachen kam tief aus seinem Herzen. »Dir auch einen guten Morgen, Sonnenschein.« Dann küsste er sie. Konnte gar nicht mehr aufhören, bis sie ihn in die Unterlippe biss. »Was ist?«, brummte er.
»Ich brauche Luft.«
Das gab ihm die Möglichkeit, sich ein wenig zurückzunehmen. »Judd sagte, eurer Familie gehe es gut.« Hawke hatte nicht weiter nachgefragt, erst recht nicht, als Judd ihm erzählt hatte, was Alice Eldridge gesagt hatte, bevor sie wieder in den komaähnlichen Zustand zurückgeglitten war, in dem sie seit ihrer Ankunft in der Höhle dahingedämmert hatte.
Sienna erinnerte sich an das herzzerreißende Gefühl, kurz bevor sie in Ohnmacht gefallen war, schloss die Augen und trat hinaus ins Laurennetz.
Aber da war nichts.
Sie blinzelte und schüttelte den Kopf.
»Sienna.« Ein Kuss auf ihrer Wange.
Sie fasste in sein Haar. »Lenk mich nicht ab!« Doch sie wandte ihm ihr Gesicht zu, nahm und gab zurück, obwohl die Furcht ihrdie Kehle zuschnürte. Denn er war ein Gestaltwandler, brauchte Berührung, um glücklich zu sein. »Das Laurennetz ist fort.«
Sein Kopf fuhr hoch. »Was?«
»Still.« Mit ihren geistigen Fingern griff sie nach dem blitzenden wolfsblauen und flammenfarbenen Band, das sie mit Hawke verband – um Gottes willen ! – , fast erlag sie der Versuchung, in seiner Schönheit und seinem Schrecken zu verweilen, ging dann aber weiter und ließ ihre Sinne schweifen.
Als Erstes fand sie Judd, der ebenso wie sie an Hawke gebunden war. Von ihm führte ein Band zu einem weiblichen Geist, der Sienna auch schon im Laurennetz begegnet war, obwohl es keine Mediale war: Brenna. Auf eine vollkommen andere Art war Judd mit jemandem verbunden, den sie auch kannte: Walker. Sie selbst hatte eine Verbindung zu beiden, und alle drei waren sie direkt mit Toby und Marlee verbunden.
Doch es gab noch mehr geistige Energien in diesem Netzwerk.
Neun andere, unerklärlich wild und stark, schlossen sich wie Speichen eines Rades an Hawke als Mittelachse. Ein zehnter Geist stand ihm näher, wie unter seinem Schutz. Alle waren durch Schilde gut geschützt, die nur durch heftige Gewalt durchdrungen werden konnten – Erinnerung durchfuhr sie wie ein scharfer Schmerz –, und niemand war ein Medialer. An den Speichenenden sah sie noch mehr Verbindungen.
»Ich sehe Lara und die Offiziere«, flüsterte sie verwundert darüber, wie »unaufgeräumt« das Netzwerk war, die Bänder verliefen kreuz und quer. »Indigo … habe ich sofort erkannt. Sie strahlt Stärke und Lebendigkeit aus. Und Drew ist tief mit ihr verbunden.« Ihr wurde ganz warm ums Herz. »Das da muss Coopers Gefährtin sein.« Er schützte sie, und sie stand ihm sehr nah.
»Riley erkenne ich auch.« Er war die Ruhe im Sturm, der Fels, an den sich alle anlehnten. »Eigenartig«, sagte sie leise, denn das stärkste Band führte von Riley ins Nichts. »Mercy.«
Starke, leicht raue Finger fassten ihr Kinn. »Sind alle in Sicherheit?«
»Ja.« Sie berührte das Band von Lara. Es war anders als die anderen, instinktiv war ihr klar, dass für die Verbindung zwischen Leitwolf und Heilerin andere Regeln galten, wie auch für die Verbindungen von Offizieren zu Heilern. Es war alles sehr komplex und einfach wunderbar.
»Sienna.«
Sie öffnete die Augen und sah den Wolf. Das
Weitere Kostenlose Bücher