Lockruf des Verlangens (German Edition)
notwendig gewesen war, und ihn vorbehaltlos unterstützt. Ein solches Geschenk hatte er nie für selbstverständlich gehalten.
»Ich werde Kenji und Alexei bitten, eine Verteidigungsstrategie auszuarbeiten«, sagte Riley. »Die Tatsache, dass sie sich wieder in unserem Territorium bewegen, deutet auf eine rasche Eskalation hin. Wir müssen bereit sein.«
Hawke nickte. Die beiden erwähnten Offiziere waren die besten Taktiker des Rudels. »Bezieh Drew auch mit ein. Ihm könnten Schwachstellen auffallen, die wir vielleicht übersehen.« Der Fährtensucher behielt für Hawke nicht nur die Labilsten des Rudels im Auge, bei ihm liefen inzwischen alle möglichen Informationen zusammen.
»Ich werde ihn morgen zur Videokonferenz mit Kenji und Alexei dazuschalten«, sagte Riley; dann sah er Hawke neugierig an. »Hab gehört, du warst letzte Nacht tanzen.«
Sofort stand Hawke wieder unter Strom. Es gelang ihm aber, mit ruhiger Stimme zu antworten. »Hab schon mit den jungen Männern gesprochen, Lucas mit seinen Leuten ebenfalls. So ein Blödsinn wird nicht toleriert.« Imponiergehabe zwischen dominanten jungen Männern war erlaubt und wurde sogar erwartet. Heftige Gewaltausbrüche aber waren strikt verboten.
»Wie sieht es mit der Allianz aus?«
»Ausgezeichnet. Aber darum geht es nicht – es geht um Mercy und dich.« Die Regeln für Paarungen zwischen den Rudeln standen noch nicht fest, weder bei den Jugendlichen noch bei den Erwachsenen. Wenn dann noch das Testosteron dazukam, hatte man den Schlamassel von gestern Abend. »Wenngleich ich es zu schätzen weiß, dass du für uns eine Leopardenwächterin geraubt hast.«
Riley lächelte nicht über die vertraute Witzelei. »Warum hat José denn nur dich angerufen, wenn auch Lucas’ Leute dabei waren?«
Eine Weile hörte man nur das Rauschen der steifen Brise in den Bäumen.
»Willst du darüber reden?«, fragte Riley, als sich der Wind etwas gelegt hatte.
»Kein Bedarf.«
Riley wurde jedoch nicht umsonst »die Mauer« genannt. »Du stellst dich doch sonst jedem Problem.«
»Es gibt eben kein Problem.«
»Warum steht dann im Plan der Krafträume, dass du die halbe Nacht trainierst, und zwar jede Nacht.«
Hawke knurrte. »Schnüffelst du hinter mir her?«
»Gehört zu meinem Job.« Riley blieb ganz ruhig. »Ich hab dich in den Bergen den einsamen Wolf spielen lassen, aber wenn du glaubst, ich sehe zu, wie du dich selbst zerstörst, kennst du mich schlecht.«
Jetzt knurrte Hawkes Wolf, doch Riley und er hatten schon zu viel miteinander erlebt, um die Besorgnis des anderen einfach abzutun – und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben mussten. »Kannst du morgen Nachmittag für mich die Stellung halten?«
»Selbstverständlich.« Dass Riley nicht einmal fragte, was Hawke vorhatte, machte dem Leitwolf noch einmal deutlich, wie gut sein Offizier ihn kannte.
11
Sascha strich über ihren runden Bauch und richtete den Blick auf ein Glas Kirschmarmelade. »Nein. Ganz sicher nicht«, sagte sie zu dem Kind in ihrem Leib.
Das Kleine bewegte sich, sein ganzes Wesen strahlte Hunger aus.
Stöhnend griff sie nach dem Glas, hob den Deckel ab und nahm einen Löffel. Es hätte nicht so süß und gehaltvoll sein dürfen. Doch es schmeckte wie Ambrosia. Sie seufzte lustvoll, lehnte sich gegen den Tresen der Küche im Hauptquartier der DarkRiver-Leoparden und leckte den Löffel ab. Ein zweiter Happen war sehr verlockend, aber sie schraubte das Glas wieder zu und stellte es weg, obwohl das Kind noch mehr wollte. Das ist nicht gut für dich, sagte sie. Wir hatten doch schon Schokoladen-Kirsch-Eis.
»Ein Fleck ist dir entgangen.« Lucas stand im Türrahmen und winkte sie mit dem Zeigefinger zu sich.
Sie tat den Löffel in die Spülmaschine und ging zu ihm. »Tatsächlich?«
»Hmm.« Er beugte sich vor und leckte katzenhaft flink die Marmelade aus ihrem Mundwinkel, legte die Hand besitzergreifend auf ihren Bauch. »Mmmm, Kirschen.«
Lachen breitete sich in ihr aus. Das Kind kannte seinen Vater.
»Du siehst von Tag zu Tag schöner aus«, flüsterte er, sein Atem strich warm an ihrem Ohr vorbei, seine Nähe war so vertraut.
Sie fuhr mit der Hand über seine Schulter, legte sie in seinen Nacken. »Sag mir noch mehr solche schönen Sachen.«
Er lachte auf und sagte etwas, das sie von Kopf bis zu den Zehen erröten ließ. »Dorian kann dich nach Hause fahren«, schlug er anschließend pragmatisch vor. »Oder soll ich nicht doch lieber mitkommen?«
»Dann darf ich wieder keinen
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