Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lockvögel

Lockvögel

Titel: Lockvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
Vom Netzwerk:
fuhren zum Leichenschauhaus. Die beiden Beamten saßen vorn, Mrs. Troy und ich im Fond des Wagens.
    »Was haben Sie eigentlich für ein Interesse an diesem Fall?« fragte sie.
    »Lam ist Detektiv«, antwortete Sellers statt meiner über die Schulter. »Er schätzt Ihre Mitarbeit sehr, möchte sich jedoch nicht auf eine Diskussion über seine Gedanken einlassen.«
    »Verzeihung, ich verstehe. Ich hatte auch nur aus Höflichkeit gefragt.«
    »Sie wissen ja, wie es in unserem Beruf ist«, sprach Sellers weiter. »Verschwiegenheit ist oberster Grundsatz im Polizeidienst.«
    »Aber natürlich. Ich verstehe Sie vollkommen. Sie brauchen sich deswegen nicht zu entschuldigen.«
    Mrs. Troy stellte keine Fragen mehr.
    Wir kamen vor dem Leichenschauhaus an. »Sie warten hier draußen«, sagte Sellers zu mir. »Wir möchten diese Sache erledigen, ohne daß Sie Ihre glatten Finger dazwischen haben.«
    Die drei blieben etwa eine Viertelstunde im Gebäude. Als sie wieder herauskamen, schüttelte Sellers nachdenklich den Kopf.
    »Na und?« fragte ich. »Wie ist das Ergebnis?«
    »Wie das Ergebnis ist? Das können Sie sich doch denken. Sie hat ihn identifiziert — zwar nicht hundertprozentig, aber es war immerhin eine Identifizierung. Sie hat sich den Schnurrbart von der Seite angesehen und sagte dann, sie erkenne den Mann an seinem Schnurrbart. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, was ein Anwalt beim Kreuzverhör daraus machen würde. Er würde behaupten, sie habe nicht den Mann, sondern den Schnurrbart identifiziert. Aber es bleibt eine Identifizierung, daran ist nicht zu deuteln. Unter uns gesagt, Däumling, so ein verdammter Schnurrbart hat schon mehr falsche Identifizierungen verursacht als alles andere in der Welt. Aber was hilft’s, sie hat ihn identifiziert — und sogar recht positiv und forsch, ohne zu zögern.«
    »Bringen wir sie jetzt zurück in die Wohnung?« fragte ich.
    »Wir beide nicht«, antwortete Sellers. »Ein Beamter übernimmt das. Und eins sage ich Ihnen, Lam: Wenn ich Sie dabei erwischen sollte, daß Sie mit ihr sprechen und ihre Aussage beeinflussen, dann sperre ich Sie in ein Loch, in dem Sie nicht mehr wissen, ob es draußen Tag oder Nacht ist. Ich habe es so satt, daß Sie sich in meine Fälle einmischen und den Meisterdetektiv spielen, daß es mir sehr schwerfällt, Ihnen gegenüber nicht handgreiflich zu werden.«
    »Ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, daß wir jetzt Vivian Deshler einen Besuch abstatten?« fragte ich.
    »Was für ein Genie«, rief Sellers sarkastisch. »Wirklich, wer hätte sonst auf diesen Gedanken kommen können. Sie sind doch wirklich ein As, Lam. Da haben wir zwei Parteien, die beide Aussagen über einen Autounfall machen. Dann kommen Sie mit der glänzenden Idee, es habe nie einen solchen Unfall gegeben. Der vorgetäuschte Unfall solle nur einen anderen Unfall mit anschließender Fahrerflucht decken. Schließlich finden wir auch noch eine Zeugin, die Ihnen recht gibt. Und nun regen Sie an, mit der anderen in den Unfall verwickelten Partei zu sprechen. Nein, das ist doch wirklich zu genial.«
    »Sie brauchen gar nicht so spöttisch zu tun«, antwortete ich. »Um mit Mrs. Troy zu reden: Ich wollte nur höflich sein.«
    »Stürzen Sie sich bloß nicht in Unkosten«, erwiderte er und kaute heftig an seiner kalten, zerfaserten Zigarre.
    »Ich muß gestehen, daß das Ihrem Stil ohnehin nicht beeinflussen kann«, konterte ich.
    »Was kann meinen Stil nicht beeinflussen?«
    »Wenn man höflich zu Ihnen ist.«
    »Sie haben verdammt recht. Zu Ihnen kann man auch nicht anders sprechen. Und jetzt los! Wir wollen uns mal mit Vivian Deshler unterhalten, und zwar gleich, damit uns keiner zuvorkommt und sie so instruiert, daß sie den Mund hält oder einen Anwalt zu Rate zieht.«

11

    Nach dem Läuten kam Vivian Deshler zur Tür und erkannte Frank Sellers. »Ach, Sie sind es. Guten Tag, Inspektor. Du lieber Himmel, ich hin gerade beim Ankleiden und — ach, da ist ja auch Donald! Hat Sich wieder alles eingerenkt?«
    »Wir möchten gern einen Augenblick mit Ihnen sprechen«, sagte Sellers.
    »Das tut mir leid, ich bin aber gar nicht auf Besuch eingerichtet. Ich... ich bin gerade beim Ankleiden.«
    »Haben Sie denn keinen Morgenrock?« fragte Sellers.
    »Den habe ich an.«
    »Nun, was stört Sie denn da noch? Machen Sie auf. Wir haben mit Ihnen zu reden. Es dauert nicht lange.«
    »So kann ich mich Ihnen aber kaum zeigen.«
    »Wir kommen nicht als Jury in einer Schönheitskonkurrenz«,

Weitere Kostenlose Bücher