Lockvögel
erheben keinerlei Anschuldigungen. Sie sollten aber wissen, daß die Sache sehr üble Formen annehmen könnte, wenn Sie versuchen sollten in einer Mordsache mit Angaben hinter dem Berg zu halten. Und jetzt frage ich Sie noch etwas: Haben Sie eine Detektei beauftragt, irgendwelche Beobachtungen zu machen?«
»Himmel, nein.«
»Haben Sie nicht Auftrag erteilt, Lamont Hawley, den Agenten der Consolidated Insurance Company, zu beschatten?«
»Nein, das habe ich doch schon mehrfach verneint. Nein, und nochmals nein. Ich habe weder eine Detektei noch sonst jemand beauftragt. Schluß damit! Würden die Herren jetzt bitte die Güte haben und meine Wohnung verlassen.«
Das Telefon läutete.
Sie ging zum Apparat hinüber, um den Hörer abzunehmen. Es kümmerte sie dabei nicht, daß ihr Morgenrock klaffte.
Sellers betrachtete aufmerksam ihre Figur, dann wandte er sich an mich: »Wollen Sie es noch mit weiteren Fragen versuchen?«
»Natürlich«, sagte ich. »Sie haben ja kaum die Oberfläche angekratzt. Was erwarten Sie denn von ihr? Daß sie zusammenbrechen und sagen würde: >Ja, ich gestehe, ich habe das ausgetüftelt, um die Versicherungsgesellschaft zu betrügen, und dabei ist die Sache dann in Mord ausgeartet Erhalten Sie Geständnisse so leicht?«
»Irgend etwas stimmt an dieser Sache nicht. Wir laufen auf zu dünnem Eis.«
Sie wandte sich an Sellers. »Das ist ein Anruf für Sie, Inspektor Sellers. Es ist Captain Andover. Er sagt, er müsse Sie sofort sprechen.«
Sellers ging zum Telefon, schob die Zigarre in den anderen Mundwinkel und sagte: »Ja, hier spricht Sellers. Was gibt es?«
Er hörte eine Weile aufmerksam und schweigend zu und sagte nur: »Teufel auch. Schöne Geschichte.«
Wieder gab es eine Unterhaltung, deren Sinn für Außenstehende nicht zu erfassen war.
Vivian Deshler maß mich inzwischen mit ihren Blicken, rang sich schließlich ein Lächeln ab und sagte: »Ich hoffe, es wird sich alles wieder einrenken, Donald.«
Sie rutschte auf ihrem Stuhl hin und her, wobei ihr der Morgenrock wieder vom nackten Bein glitt. Sie zog den Rock wieder zurecht und meinte: »Ich habe Verständnis für Ihre Lage. Wenn ich irgend etwas für Sie tun kann — natürlich im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten, dann...«
Inspektor Sellers knallte den Telefonhörer auf die Gabel und forderte mich mit ärgerlicher Stimme auf: »Fertig, Lam. Wir müssen weiter.«
»Ich würde aber gern noch...«
»Wir müssen fort. Schluß jetzt!«
Bedeutend freundlicher als vorhin wandte er sich an Vivian Deshler und sagte: »Es tut mir aufrichtig leid, daß wir hier so eingedrungen sind. Aber die Sache war für uns derart wichtig, daß ich sie unbedingt nachprüfen mußte — außerdem, Sie wissen ja, die Zeit arbeitet gegen uns.«
»Schon gut, Inspektor«, antwortete sie. »Es war mir ein Vergnügen.«
Ich stellte mich stur. »Aber ich hätte gern noch ein paar Fragen... «
Inspektor Sellers faßte mich am Arm und stieß mich zur Tür hinaus.
Sie schenkte uns zum Abschied noch ein verführerisches Lächeln, dann schloß sich die Wohnungstür.
»Sie und Ihre Theorien«, knurrte Sellers. »Mit denen können Sie mir gestohlen bleiben.«
»Was ist denn jetzt passiert?« fragte ich.
»Ich habe Ihnen doch vorhin schon erzählt, was ich von Identifizierungen auf Grund eines Schnurrbartes halte. Verdammt noch mal, Wenn ich einen Bart hätte, würde ich ihn abrasieren, bevor ich mich in ein Auto setze. Ich würde ihn sogar mit einem Taschenmesser abschneiden, wenn es nicht anders ginge.«
»Worüber ärgern Sie sich denn so sehr?«
»Die Identifizierung ist im Eimer.«
»Welche meinen Sie?«
»Die durch Mrs. Troy.«
»Wieso? Was hat sich denn ergeben?«
»Andover hatte ja schon gesagt, er verfolge eine Spur, die erfolgversprechend sei. Erinnern Sie sich? Er wollte es nicht riskieren, seine Karten zu früh auf den Tisch zu legen. Nachdem aber Mrs. Troy den Mann identifiziert hatte, entschloß Andover sich, die Sache nun dochauf Grund seiner Spur zu Ende zu bringen. Und was meinen Sie, was dabei herausgekommen ist?«
»Ich weiß nichts; wie sollte ich auch?«
»Dann will ich es Ihnen sagen: Der Wagen, mit dem die beiden j Leute totgefahren wurden, wurde nicht von Carter Holgate gesteuert. Der wirkliche Fahrer war ein gewisser Swanton, der einen großen Buick neuesten Baujahres fuhr und sich auf einer Cocktailparty hatte vollaufen lassen. Sein Wagen war nicht sehr beschädigt worden, und so hatte er schon geglaubt,
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