Lodernde Begierde
– , aber Nichols setzte seinen Dienst verbissen fort, wenn auch häufig mit abschätzigem Naserümpfen.
Die größte Prüfung kam, als Graham sich weigerte, für eine öffentliche Aufbahrung zu sorgen, wenn der alte Herzog und seine Söhne nach ihrer dreiwöchigen Schiffsreise in England eintreffen würden.
Graham glaubte nicht, dass die Leichen nach ihrer Begegnung mit dem Elefanten und der langen Reise besonders ansehnlich wären. Auch hatte sein Vater nicht so viele Freunde, dass ein großes Begräbnis gerechtfertigt wäre. Graham hatte vor, sie still und leise in der Familiengruft auf Edencourt beisetzen zu lassen, sobald das Schiff vor Anker ging. Je weniger Aufhebens er darum machte, umso besser, auch wenn Nichols ihm dann nie wieder heißes Wasser für sein Bad bringen würde.
Der Besucher war ein kräftiger Mann, dem Graham noch nie begegnet war. Sein Name entfiel ihm sofort wieder, denn direkt nach der Vorstellung präsentierte der Mann zahlreiche Schuldbriefe des verstorbenen Herzogs.
Graham blätterte durch die unterzeichneten Belege in der Hoffnung, irgendein Zeichen für einen Betrug zu entdecken, aber die krakelige Unterschrift seines Vaters bestätigte, dass dieser die Einkünfte aus dem Anwesen auf Jahre verpfändet hatte – Einkünfte, die niemals zustande kämen, wenn nicht sofort erhebliche Summen in die Ländereien gesteckt würden! Es war alles wesentlich schlimmer, als er befürchtet hatte. Wo sollte er jemals eine Braut finden, deren Familie nicht nur Edencourt retten, sondern auch noch die Schulden von Jahrzehnten zurückzahlen würde?
»Seid Ihr sicher …« Graham rieb sich das Gesicht. »Ich meine … gibt es keinen Weg, wie wir uns einigen können?«
Sein Besucher beugte sich vor und tippte auf die Dokumente. »Euer Gnaden, das hier sind Verträge! Ich habe Eurer Familie gegenüber ein Zugeständnis nach dem anderen gemacht. Ich habe keine andere Wahl, als die Schulden nun endlich geltend zu machen.«
Graham holte tief Luft. »Ich muss erst noch eine Menge Berechnungen anstellen, bevor ich … also, ich arbeite an einer Lösung …« Würde der Mann sich von der Aussicht auf eine reiche Braut beschwichtigen lassen? Selbst in Grahams Ohren klang diese Vision schwach.
Der Mann schaute ihn mitleidig an. »Euer Gnaden, Euch steht noch Schlimmeres bevor. Ich kenne die Männer, mit denen sich Eure Familie am Ende eingelassen hat, als kein anständiger Mann mehr bereit war, ihr einen Kredit zu geben. Deshalb bin ich schnell gekommen, solange Ihr noch … hier seid.«
Graham schaute auf, als der Mann zögerte. Solange Ihr noch am Leben seid? War es das, was der Mann eigentlich sagen wollte? Bestimmt nicht. Bestimmt hatte sein Vater mehr Verstand besessen, als sich auf gefährliche Geschäftsverbindungen einzulassen.
Doch woher hätte sein Verstand plötzlich kommen sollen, wenn der alte Herzog zuvor nie etwas Derartiges hatte erkennen lassen?
Graham spreizte hilflos die Hände. »Ich beabsichtige, die Schulden meiner Familie voll und ganz zu begleichen. Wie kann ich Euch davon überzeugen?«
Der Mann schaute sich um. Sein Blick fiel gierig auf die Gemälde, die Vorhänge, das elegante, wenn auch angestoßene Mobiliar. »Nun, ich habe zufällig einen Wagen draußen stehen …«
Zufällig. Genau. Graham schaute ihn resigniert an. Sein Erbe würde bis auf die nackten Wände geplündert werden, bevor das alles hier vorbei war.
Eine Stunde später verabschiedete sich der Mann mit einem Wagen voller Wertgegenstände – einschließlich des Silbers, dessen Verlust Nichols größte Qual bereitete – und zufriedener Miene. Im Gegenzug hatte Graham einige der Schuldscheine behalten.
Jetzt kniete er vor dem Kamin und warf langsam einen nach dem anderen hinein.
Versuchst wohl, es nach mehr aussehen zu lassen, was? Wie pathetisch.
Ah, aber er war pathetisch. Zumindest fühlte er sich im Augenblick so.
Die Leute von Edencourt brauchten ihn jetzt. Und er brauchte eine reiche Braut. Er durfte keine Zeit verlieren, denn bei einer angemessenen Brautwerbung und Verlobungszeit konnte es noch Monate dauern, bis er irgendetwas in das Anwesen stecken könnte.
Die Ballsaison dauerte auch nur noch ein paar Wochen. Aller Charme der Welt würde seine Leute nicht durch einen weiteren Winter bringen. Die Last seiner Verantwortung drohte ihn niederzudrücken.
Sich das Gesicht reibend, trat er an den Schreibtisch zurück und versuchte, sich auf die Unterlagen zu konzentrieren, die vor ihm lagen. Tief in
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