Loderne Glut
er wußte, was er tat, saß er schon im Mercer und fuhr davon.
Als er den kalten Zugwind auf seinem Gesicht spürte, fühlte er sich schon besser. Hank brauste die holperige Landstraße hinunter, wurde immer schneller, drängte den Mercer bis an den Rand seines Leistungsvermögens, obwohl er wußte, wie miserabel die Bremsen waren, weil er dieses Gefühl der Schnelligkeit und Freiheit brauchte. Er mußte einen größeren Abstand zwischen sich und diesem Haus herstellen.
Der Mercer fuhr mit einer Geschwindigkeit von sechzig Meilen pro Stunde, als er das Mädchen bemerkte. Es stand mitten auf der Straße. Das Scheinwerferlicht des Wagens hatte sie erschreckt, als sie gerade die Fahrbahn überqueren wollte. Sie stand wie erstarrt da, als Hank sich ihr schneller näherte, als sie sehen konnte.
Hank besaß die Reflexe eines Rennfahrers, und einen knappen halben Meter vor ihr riß er den Wagen nach rechts und durchbrach einen Zaun und riß die Pfosten auf einer Länge von fünfzehn Metern aus der Erde, während er mit aller Kraft auf die Bremsen trat und versuchte, den Wagen zum Stehen zu bringen. Er walzte auf einer Strecke von sechs Metern alle Hopfenpflanzen, -Stangen und -drähte auf einem von Cauldens Feldern platt, ehe der Wagen endlich stand.
Er brauchte einige Zeit, um sich zu fangen, in der er einfach dasaß und auf das von den Autoscheinwerfern angestrahlte Hopfenfeld starrte. Dann begann er die Hopfenranken und -fäden beiseite zu räumen, damit er aussteigen konnte. Seine Knie waren weich; aber er sammelte neue Kräfte, als er zur Straße zurückging und dann auf die Stelle zurannte, wo das Mädchen sein mußte.
Es war dunkel; aber er konnte sie in der Mitte der Straße sitzen sehen. Er hatte nicht geglaubt, daß er sie gestreift hatte, doch jetzt war er sich dessen nicht mehr sicher.
»Ist Ihnen etwas passiert?« fragte er besorgt und kniete sich vor sie nieder.
»Ich habe in meinem Leben noch nie so etwas Schnelles gesehen«, stotterte sie benommen.
Hank roch den Alkohol in ihrem Atem und begriff, daß sie betrunken war. Sacht nahm er ihren Arm und zog sie auf die Füße. »Kommen Sie - ich bringe Sie jetzt nach Hause.«
Lächelnd fiel sie gegen ihn. Ihr Körper war wie Gummi. »Sind Sie der Mann, der bei den Cauldens wohnt?«
»Der bin ich. Kommen Sie mit. Wenn ich meinen Wagen aus dem Feld herausbringe, fahre ich Sie nach Hause.«
»Mit Ihnen nach Hause fahren? Amanda wird das nicht gefallen.«
»Sie wird es gar nicht bemerken«, sagte er und legte den Arm um ihre Taille, um sie zu stützen. So führte er sie zu seinem Wagen.
Er mußte noch mehr Ranken entfernen, um Platz auf dem Beifahrersitz für sie zu schaffen.
»Angenehm«, murmelte sie und lehnte sich im Ledersitz zurück.
Er brauchte noch einige Minuten, um die Vorderfront des Wagens von Hopfenpflanzen und -fäden zu befreien und den Boden zu inspizieren. Er war trocken, und er glaubte, ohne fremde Hilfe wieder auf die Straße gelangen zu können. Er bog den geborstenen Zaun auseinander und stieg dann in den Wagen.
Wenngleich Scheinwerfer und Mond nur spärliches Licht spendeten, konnte er doch sehen, daß die Frau jung und auf eine dunkle, aufdringliche Weise hübsch war. Sie hatte ein stark geschminktes Gesicht mit bereits ausgeprägten Zügen; doch der rote Lippenstift lenkte seine Aufmerksamkeit auf ihren Mund.
Als sie seinen Blick bemerkte, lächelte sie auf eine langsame, verführerische Art. »Ich mag schnelle Männer.«
Er startete den Motor und steuerte den Wagen im Rückwärtsgang aus dem Feld. »Wohin kann ich Sie bringen?«
»Zu Charlies Roadhouse.«
Hank zögerte nur einen Moment, ehe er sagte: »In Ordnung.« Es mochte ihm guttun, wenn er ein bißchen Leben um sich hatte. »Aber nur, wenn dort keine Gedichte vorgelesen werden.«
Sie lachte auf eine Weise, die ihm kundtat, daß sie schon mehrmals in Charlies Roadhouse gewesen war und wußte, daß dort keine Gedichte rezitiert wurden.
Er genoß die Fahrt mit ihr zu der Straßenherberge, genoß den Anblick einer Frau, die entspannt im Sitz neben ihm saß, nicht kerzengerade und steif. Er liebte den Anblick einer Frau, die aussah, als könnte sie von Herzen lachen.
Die Gaststätte lag ungefähr fünf Meilen außerhalb der Stadt, ein bißchen abseits von der Fahrbahn, mit einem kiesbestreuten Parkplatz davor, auf dem in diesem Moment drei Wagen standen. Die Lichter und das Gelächter im Haus bewogen Hank, dort einzukehren.
Das Mädchen war bereits ausgestiegen, als
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