Loderne Glut
das ist unmöglich<; das tat sie jedoch nicht. »Sicher, wenn Sie das so wünschen. Und was haben Sie sich ausgesucht?«
»Ich möchte die Spezialität des Hauses haben«, sagte Hank.
Amanda versuchte ihre Enttäuschung zu verbergen. Es war natürlich besser, wenn sie gute, ehrliche, gesunde Kost zu sich nahm statt fettiger, buttertriefender. . . An dieser Stelle hielt sie ihren Gedankengang an.
»Haben Sie sich einen Film angesehen, Dr. Montgomery?« fragte sie.
»Klar«, murmelte er, ohne sie anzusehen. Tatsächlich hatte er so gut wie gar nichts von dem Film mitbekommen, weil er immer nur an Amanda dachte. Er mußte von ihr weg. Er konnte es nicht ertragen, sie ständig vor Augen zu haben.
»Hat er Ihnen Spaß gemacht?« Sie wollte ihm Hunderte von Fragen stellen, traute sich aber nicht. Filme waren frivole Erzeugnisse, die dem Verstand keineswegs dienlich waren.
»Die alte Leier«, brummte er. »Böser Junge gegen guten Jungen, und ein unschuldiges Mädchen mit zuviel Make-up steht zwischen ihnen.«
»Ja«, murmelte sie, weil sie nicht wußte, wie sie ihn zu einer ausführlicheren Berichterstattung bewegen konnte.
Ihre Mahlzeit wurde serviert, und Amanda fielen fast die Augen aus dem Kopf, als sie die vielen Schüsseln sah, die um Dr. Montgomery herumgruppiert wurden: ein Obstsalat aus Erdbeeren und Pampelmusen; in Butter gesottene Forelle; Sahnekartoffeln; Gurken mit französischer Salatsoße; Spargelsouffle, Brandteigkuchen und Kaffee. Sie betrachtete ihren Teller - das sah öde und geschmacklos aus, und sie fürchtete, man könnte ihr den Neid von den Augen ablesen, wenn sie nicht an etwas anderes dachte als an die Leckereien.
»Sollen wir ein Tischgespräch führen?« fragte sie.
Hank blickte überrascht auf. Ihre Augen waren riesengroß, ihre Züge weich. Es wäre besser, wenn er nie mehr mit ihr gesprochen hätte, aber er murmelte: »Klar.«
»Worüber wollen wir uns unterhalten?« fragte sie. »Ich habe Präsident Wilsons Reform der Einfuhrzölle studiert. Oder vielleicht würden Sie lieber mit mir den wirtschaftlichen Wiederaufbau der Balkanstaaten erörtern?«
Jedesmal, wenn sie so redete, wußte er, daß sie keine Frau für ihn war. Er lächelte schwach. »Darüber weiß ich nichts.«
»Oh«, sagte sie und sah zu, wie er mit dem Fischmesser seine Forelle zerteilte. Die Buttersoße glänzte.
»Amerikanische Einkommenssteuer?« fragte sie mit hoffnungsvoller Stimme. »Ich weiß auch über die englische und dänische Einkommenssteuer Bescheid.«
Hanks Lächeln wurde breiter. »Ich nicht.«
Er zerschnitt einen Brandteigkuchen, und Amanda sog den Duft ein. Die Butter, die er auf den noch heißen Kuchen strich, schmolz und sammelte sich in den weichen kleinen Löchern. »Serbien?« sagte sie rasch. »Adrianopel? Janina? Die Türkei?« Wenn sie über einen Krieg sprachen, würde das vielleicht ihr Bewußtsein von diesen Gerüchen und diesem Augenschmaus ablenken.
»Ich weiß nichts von alledem«, verkündete er vergnügt. Nun erinnerte er sich wieder, was ihn an ihr so gestört hatte. »Warum belehren Sie mich nicht über diese Dinge?« Wenn er sie lange genug reden ließ, hielt vielleicht auch sein Mißfallen so lange an, daß er in ihr Haus zurückfahren, sein Gepäck abholen und verschwinden konnte.
Sie plapperte drauflos, während er aß. Sie sprach von den Bulgaren, die Adrianopel drei Tage lang berannt und dann eingenommen hatten. Sie führte aus, wie Österreich auf die Eroberung reagierte, und spekulierte dann darüber, ob Serbien und Montenegro sich vereinigen würden.
Je mehr sie redete - dozierte -, um so besser fühlte sich Hank. Dies war die Amanda, die ihm zuwider war. Er konnte mit Gelassenheit daran denken, daß diese Amanda zu Taylor gehörte. Vielleicht würden die beiden eine Reihe von Nachschlagewerken veröffentlichen.
Die Kellnerin servierte als Nachtisch zwei Pfirsich-Melbas. Hank wollte ihr sagen, daß sie Amandas Dessert wieder abräumen sollte, aber Amanda hatte sich schon über ihre Portion hergemacht. Sie aß auf eine Weise, wie er das noch nie bei einem anderen Menschen gesehen hatte: mit sinnlichem Wohlbehagen und einem Entzücken in den Augen — fast so, als wäre es ein Liebesakt.
»Ist das alles, was Sie über diesen Krieg wissen?« fragte er gereizt.
Amanda war daran gewöhnt, daß man ihr Wissen in Frage stellte; aber es war nicht einfach, nachzudenken, wenn diese Köstlichkeiten Zunge und Gaumen erfreuten. »R . . . Rußland ist wütend auf
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