Loderne Glut
Peinliches anstellen würde, wenn sie ihm nicht verriet, was er wissen wollte. Sie ging zu ihrem Schreibtisch, um den Plan zu holen, den Taylor ihr um acht Uhr abends gegeben hatte. »Wir fahren morgen nach Terrill City in das Pionier-Museum.«
»Oh, das freut mich aber! Ich fürchtete schon, es wäre die Stadtbibliothek, in der ich die Daten des Spanisch-Amerikanischen Krieges auswendig zu lernen habe.«
Sie blickte ihn aus schmalen Augen an. »Wo haben Sie Ihren Doktorgrad erworben, Dr. Montgomery? Aus einem Versandkatalog?«
Er lachte amüsiert. »Ich habe eben noch andere Interessen im Leben außer den Wissenschaften, das ist alles; und es könnte auch Ihnen gut bekommen, wenn Sie noch etwas anderes sehen würden als die Innenseite eines Buches. Könnten wir uns auf einen Kompromiß einigen? Ich gehe mit Ihnen ins Museum, wenn Sie mich nachmittags begleiten.«
»Ich vergeude meine Zeit nicht mit Kinobesuchen«, schnaubte sie ihn an. »Ich möchte meinen Verstand ausbilden und . . .«
Er sprang auf die Beine. »Sie sollten versuchen, Ihr Leben zu verbessern !«
Einen Moment standen sie sich gegenüber und starrten sich an, und dann wich Amanda vor ihm zurück. Seit ihrer Kindheit hatte sie niemand mehr in Rage gebracht; aber dieser Mann machte sie wütend. Doch da war noch etwas anderes, als sie ihm in die tiefblauen Augen schaute, etwas, das sie überhaupt nicht verstand -, etwas, das sie tief in ihrem Inneren fühlte.
»Bitte, gehen Sie jetzt«, flüsterte sie.
Er drehte sich von ihr weg und begann Speisereste und Geschirr in seinen Rucksack zu schieben. Er hatte recht gehabt, dachte er bei sich. Irgendwo hinter der Eisschrank-Fassade steckte eine Frau. Er konnte sie wütend machen, und das war ein Schritt auf dem richtigen Weg. Und eben hatte er noch etwas anderes in ihren Augen entdeckt - etwas, das zum ersten Mal den Gedanken in ihm weckte, sie betrachtete ihn auch als einen Mann.
Er hob den Teller mit den halb aufgegessenen Erdbeertörtchen hoch und stellte ihn auf ihren Schreibtisch.
»Nehmen Sie das mit«, bat sie. »Ich möchte es nicht haben. Ich hätte gar nicht mit Ihnen essen sollen.«
»Sie wollen alle Ihre Mahlzeiten mit Taylor einnehmen? Ist er die einzige Person, die es verdient, mit Ihnen zu essen ?«
»Sie verdienen es nicht, mit ihm an einem Tisch zu sitzen.«
»Das ist das beste Kompliment, das ich in diesem Jahr gehört habe. Ich sehe Sie also morgen früh wieder, und vergessen Sie nicht - der Nachmittag gehört mir.« Er schnallte sich den Rucksack um und verließ das Zimmer durch das Fenster.
Amanda setzte sich aufs Bett. Ihr Körper fühlte sich schwer und müde an nach der Auseinandersetzung mit diesem Mann. Was für eine verrückte Zeit hatte sie doch erlebt, seit dieser Mann im Hause war, der alles auf den Kopf stellte! Taylor sagte ihr, er könnte ihren Anblick nicht ertragen, und dieser schreckliche Dr. Montgomery brachte sie dazu, daß sie sich wieder wie ein Schulmädchen benahm. Es war so, als wollte er sie dazu bewegen, alles zu vergessen, was Taylor ihr in jahrelanger Arbeit beigebracht hatte. Zweimal hatte sie von ihrem Buch aufgeblickt und sich dabei ertappt, wie sie ans Essen dachte - an eine für sie nicht gute Ernährung, die ihr Dr. Montgomery jedoch immer wieder aufzwang.
Während ihr das durch den Kopf ging, blickte sie zu ihrem Schreibtisch hinüber, auf dem noch immer der Teller mit den Erdbeertörtchen stand. Während sie sich sagte, daß sie diese nicht essen würde, stand sie auf, ging durchs Zimmer und hob den Teller hoch. Da lag keine Gabel darauf, und obwohl sie sich das Gegenteil vorgenommen hatte, nahm sie eines der klebrigen Törtchen in die Hand und begann es wie eine Verhungernde zu verschlingen.
Als sie es aufgegessen hatte, blickte sie entsetzt auf ihre sirupbekleckerten Finger. Obwohl ihr Geist das nicht zulassen wollte, schleckte sie sie ab. Sie seufzte entsetzt über sich selbst, ging zur Tür und öffnete sie leise. Sie schlich den nur spärlich erleuchteten Korridor zum Badezimmer hinunter, machte dabei so wenig Lärm wie möglich, in der Hoffnung, daß Taylor sie nicht hören würde.
Als sie wieder aus dem Badezimmer kam, musterte sie nervös Taylors Tür; aber da war kein Licht zu sehen. Auch in den Ritzen an den Türen, hinter denen ihr Vater und Dr. Montgomery wohnten, war kein Lichtschimmer zu entdecken. Als Amanda sich umdrehte, nahm sie ein Licht an der Türschwelle des kleinen Zimmers wahr, in dem ihre Mutter ihre Tage
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