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Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition)

Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition)

Titel: Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Sachar
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Arme.
    »Also, was hast du mir zu sagen?«
    Stanley holte tief Luft, um ruhiger zu werden. »Als Mr. Sir unsere Wasserflaschen gefüllt hat, bin ich zum Wagen geschlichen und hab ihm den Sack mit den Sonnenblumenkernen gestohlen.«
    »Ich verstehe.« Sie wandte sich an Mr. Sir. »Ist das der Grund, weswegen Sie ihn hergebracht haben?«
    «Ja, allerdings glaube ich nicht, dass er die Wahrheit sagt. Ich vermute, einer von den anderen hat den Sack gestohlen und der Höhlenmensch versucht X-Ray oder wen auch immer zu decken. Es war ein Zehn-Kilo-Sack, und er behauptet, er habe alles allein aufgegessen.«
    Mr. Sir nahm Stanley den Sack aus der Hand und reichte ihn der Chefin.
    »Ich verstehe«, sagte sie wieder.
    »Der Sack war nicht mehr voll«, sagte Stanley, »und außerdem hab ich viele verschüttet. Sie können in meinem Loch nachsehen.«
    »In dem Zimmer dort drüben steht ein geblümtes Köfferchen, Höhlenmensch. Würdest du es mir bitte holen?« Sie wies auf eine Tür.
    Stanley schaute zur Tür, dann zur Chefin, dann wieder zur Tür. Langsam ging er darauf zu.
    Es war so etwas Ähnliches wie ein Ankleidezimmer, mit einem Waschtisch und einem Spiegel. Neben dem Waschbecken sah er das Köfferchen. Es war weiß mit rosa Blumen.
    Er brachte es der Chefin und sie stellte es vor sich auf den Glastisch. Sie öffnete den Verschluss und hob den Deckel.
    Es war ein Kosmetikkoffer. Stanleys Mutter besaß einen ganz ähnlichen. Er sah etliche Flaschen Nagellack, Nagellackentferner, mehrere Lippenstifthülsen sowie verschiedene Tiegel und Puderdosen.
    Die Chefin hielt ein Fläschchen mit dunkelrotem Inhalt hoch. »Siehst du das hier, Höhlenmensch?« Stanley nickte.
    »Dies ist mein ganz persönlicher Nagellack. Siehst du die satte dunkelrote Farbe? Diesen Lack kann man in keinem Laden kaufen. Ich muss ihn selbst herstellen.«
    Stanley hatte keine Ahnung, wieso sie ihm das zeigte. Er fragte sich, wann die Chefin je einen Anlass haben sollte, sich zu schminken oder die Nägel zu lackieren.
    »Möchtest du wissen, welche geheime Zutat ich hineinmixe?«
    Stanley zuckte mit den Achseln.
    Die Chefin öffnete die Flasche. »Klapperschlangengift.« Mit einem kleinen Pinsel fing sie an, den Lack auf die Nägel der linken Hand aufzutragen. »Es ist vollkommen harmlos – wenn der Lack getrocknet ist.«
    Sie lackierte die Nägel der linken Hand zu Ende. Einige Sekunden lang wedelte sie mit der Hand durch die Luft, bevor sie sich daranmachte, auch die Nägel der rechten Hand zu lackieren. »Das Gift wirkt nur, solange der Lack noch flüssig ist.«
    Als sie fertig war, stand sie auf. Sie streckte die rechte Hand aus und berührte Stanleys Gesicht mit ihren Fingern. Mit den spitzen, noch feuchten Nägeln fuhr sie langsam über seine Wange. Er spürte, wie sich seine Haut spannte.
    Mit dem Nagel ihres kleinen Fingers streifte sie leicht die Wunde hinter seinem Ohr. Ein stechender Schmerz durchfuhr ihn und unwillkürlich machte er einen Schritt zurück.
    Die Chefin wandte sich nun Mr. Sir zu, der vor dem Kamin saß.
    »Sie glauben also, dass er die Sonnenblumenkerne gestohlen hat?«
    »Nein, er sagt, er hätte sie gestohlen, aber ich glaube, dass es –«
    Sie trat einen Schritt auf ihn zu und schlug ihm ins Gesicht.
    Mr. Sir starrte sie entsetzt an. Drei lange rote Striemen liefen quer über seine linke Gesichtshälfte. Stanley konnte nicht erkennen, ob es Blut war oder Nagellack.
    Es dauerte einen Moment, bis das Gift in die Haut eingesunken war. Plötzlich schrie Mr. Sir auf und hielt sich mit beiden Händen das Gesicht. Er ließ sich nach vorn fallen und blieb auf dem Läufer vor dem Kamin liegen.
    »Ihre Sonnenblumenkerne interessieren mich herzlich wenig«, sagte die Chefin mit sanfter Stimme.
    Mr. Sir stöhnte.
    »Wenn Sie es unbedingt hören wollen«, fuhr die Chefin fort, »mir hat es besser gefallen, als Sie noch geraucht haben.«
    Einen Moment lang schien der Schmerz nachzulassen. Mr. Sir atmete ein paar Mal tief ein. Dann zuckte sein Kopf heftig zurück und Mr. Sir schrie schrill auf, heftiger als zuvor.
    Die Chefin wandte sich wieder Stanley zu. »Ich würde vorschlagen, du gehst jetzt wieder an deine Arbeit.«
    Stanley setzte sich in Bewegung, aber Mr. Sir lag ihm im Weg. Stanley sah, wie die Muskeln in seinem Gesicht zuckten. Der ganze Körper krümmte sich in Todesqualen.
    Stanley kletterte vorsichtig über ihn hinweg. »Ist er – ?«
    »Pardon?«, sagte die Chefin.
    Stanley hatte zu viel Angst, um seine Frage zu

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