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Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition)

Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition)

Titel: Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Sachar
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erstaunt, wie schnell Zero das alles ausrechnete.
    Zero musste gedacht haben, dass Stanley ihn aus einem anderen Grund anstarrte, denn er sagte: »Ich werde jeden Tag ein Stück von deinem Loch graben. Ich grabe eine Stunde und du übst eine Stunde mit mir. Und weil ich schneller graben kann als du, sind wir etwa gleichzeitig mit unseren Löchern fertig. Dann muss ich nicht auf dich warten.«
    »Okay.« Stanley war einverstanden.
    Während Zero das B übte, fragte Stanley ihn, wie er das ausgerechnet hatte, dass sie fünf Tage brauchen würden. »Hast du multipliziert? Oder hast du geteilt?«
    »Es ist einfach so«, sagte Zero.
    »Du scheinst ziemlich fit zu sein in Mathe«, meinte Stanley.
    »Ich bin ja nicht dumm«, sagte Zero. »Ich weiß, dass mich alle für dumm halten. Aber ich mag nun mal keine Fragen beantworten.«
    Als Stanley später am Abend auf seinem Bett lag, dachte er noch einmal über das Abkommen nach, das er mit Zero geschlossen hatte. Es wäre schon eine Erleichterung, jeden Tag eine Pause machen zu können, aber er wusste auch, dass es X-Ray nicht gefallen würde. Er überlegte, ob er Zero irgendwie dazu kriegen könnte, auch eine Zeit lang für X-Ray zu graben. Aber andererseits, warum sollte er? Ich bin schließlich derjenige, der Zero was beibringt. Ich brauche die Pause, damit ich abends noch genug Energie habe, um ihm was beizubringen. Ich bin derjenige, der wegen der Sonnenblumenkerne die Schuld auf sich genommen hat. Ich bin derjenige, auf den Mr. Sir eine Wut hat.
    Er schloss die Augen und Bilder aus der Hütte der Chefin schwammen durch seinen Kopf: ihre roten Fingernägel, Mr. Sir, der sich auf dem Boden krümmte, der geblümte Kosmetikkoffer.
    Er öffnete die Augen wieder.
    Mit einem Mal war ihm klar, wo er so ein goldenes Röhrchen schon einmal gesehen hatte.
    Das war zu Hause gewesen, in ihrem Badezimmer, zwischen den Sachen seiner Mutter, und später noch einmal in der Hütte der Chefin. Es war die Hälfte von einer Lippenstifthülse.
    K B?
     

     
    K B?
    Auf einmal schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf.
    Tonlos formten seine Lippen den Namen Kate Barlow, während er noch überlegte, ob das Röhrchen tatsächlich der küssenden Banditin gehört haben könnte.

23
    Vor einhundertzehn Jahren war der Green Lake der größte See in Texas gewesen. Sein Wasser war klar und kühl und glitzerte in der Sonne wie ein riesiger Smaragd. Im Frühling, wenn die Pfirsichbäume, die sein Ufer säumten, weiß und rosa blühten, war er ganz besonders schön.
    Am vierten Juli, dem Nationalfeiertag, gab es immer ein Picknick für die ganze Stadt. Es wurde gespielt, getanzt und gesungen und zwischendurch kühlte man sich im See ab. Jedes Jahr wurden Preise verliehen für den besten Pfirsichkuchen und die beste Pfirsichmarmelade.
    Einen Sonderpreis erhielt in jedem Jahr Miss Katherine Barlow für ihre wundervollen eingemachten Pfirsiche. Außer ihr gab es niemanden, der auch nur versucht hätte, Pfirsiche einzulegen, weil alle wussten, dass sie niemals so köstlich gelingen würden wie die von Miss Barlow.
    Jeden Sommer pflückte Miss Katherine körbeweise Pfirsiche, würzte sie mit Zimt, Nelken, Muskat und anderen Gewürzen, die sie niemandem verriet, und
    machte sie ein. So hielten sie sich den ganzen Winter lang. Sie hätten sich wohl auch noch länger gehalten, doch am Ende des Winters waren sie immer schon aufgegessen.
    Green Lake, so sagte man, sei der Himmel auf Erden und die eingemachten Pfirsiche von Miss Katherine seien die Speise der Engel.
    Katherine Barlow war die einzige Lehrerin des Ortes. Sie unterrichtete in einem alten Schulhaus, das nur aus einem einzigen Zimmer bestand. Es war schon damals alt. Das Dach war nicht dicht. Die Fenster ließen sich nicht öffnen. Die Tür hing schief in den Angeln.
    Miss Barlow war eine wundervolle Lehrerin, voller Wissen und Lebensfreude. Die Kinder liebten sie.
    Abends unterrichtete sie Erwachsene, und auch unter ihnen waren viele, die sie liebten. Sie war sehr hübsch. In ihren Klassen saßen oft zahlreiche junge Männer, die sich viel mehr für die Lehrerin interessierten als dafür, etwas zu lernen.
    Aber mehr, als dass sie etwas lernten, passierte nie.
    Einer dieser jungen Männer war Trout Walker. Eigentlich hieß er Charles Walker, aber jeder nannte ihn nur Trout – Forelle –, denn seine Füße stanken wie tote Fische.
    Das war nun nicht ganz allein Trouts Schuld. Er litt an chronischem Fußpilz – übrigens demselben, der einhundertzehn Jahre

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