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Löffelchenliebe (German Edition)

Löffelchenliebe (German Edition)

Titel: Löffelchenliebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kaufhold
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Süddeutschland.«
    Die Tage gehen ins Land, und wie so oft ist der Sommer viel zu schnell an mir vorbeigezogen. Ich hatte nur drei Mal Flipflops an, vier Mal ein luftiges Kleid, war nur zwei Mal an der Elbe, habe nur ein Mal gegrillt und kein einziges Mal Sex im Freien gehabt. Ich wollte doch eigentlich viel häufiger auf dem Balkon sitzen, eisgekühltes Wasser mit Limettenscheiben und Minze trinken, ich hatte vor, Tomaten anzubauen und jedes Wochenende auf einer Decke im Park zu liegen. Und Ausflüge ins Grüne wollte ich auch unternehmen. Doch jetzt ist es zu spät. Die Heide ist braun, und es ist kalt. Und dann war da noch die alljährliche Sommerpressereise, die mich diesen Juli nach Island führte. »Ganz außergewöhnlich für diese Jahreszeit«, erklärte die Pressedame bei meiner Ankunft, »es schneit !« Also ritt ich auf einem Islandpferd, das mir viel zu klein unter meinem Po vorkam, durch den Schneematsch, badete im stinkenden Schwefeldampf, während sich auf meinem Kopf die Flocken türmten, und interviewte zwei Schriftsteller und eine Elfenbeauftragte vor prasselndem Kaminfeuer.
    »Wir haben dreißig Grad im Schatten«, rief David durchs Telefon. Dann rauschte es, und der Empfang war weg.
    Der Empfang war auch weg, als Ina mich anrief. Mehrmals in den letzten Monaten gab mein Handy immer genau dann den Geist auf, wenn ich sie an der Strippe hatte, und immer just in dem Augenblick, wenn sie in mahnendem Ton fragte: »Hast du David noch mal auf das Kinderthema angesprochen ?«
    Als sie mich dann doch einmal im Hausflur erwischte, brach es aus mir heraus: »Nein, habe ich nicht. Und ich weiß auch nicht, was das überhaupt noch bringen soll. Die Fronten sind doch geklärt. Ich muss mich damit abfinden, dass David keine Kinder will, und ich sollte dann im besten Fall auch irgendwann keine Kinder mehr wollen. Die Alternative ist: Ich bohre immer wieder nach und versuche, ihn von einer baldigen Zeugung zu überzeugen, von wegen steter Tropfen höhlt den Stein, was ich für einen ganz schlechten Start in ein gemeinsames Leben mit Kindern halte. Oder ich muss mich von ihm trennen. Mehr Möglichkeiten gibt es nicht. Es kann natürlich passieren, dass er sich schon vorher von mir trennt, weil ich ihm mit meinem ewigen ›Sollen wir nicht doch …‹, ›Stell dir doch mal vor, wie schön …‹, ›Du liebst mich gar nicht richtig !‹ gehörig auf die Nerven gehe.«
    »Aber …«, setzte Ina an.
    »Aber«, übernahm ich, »ich will mich nicht damit abfinden, dass David keine Kinder will, und ich wage zu bezweifeln, dass meine biologische Uhr auf einmal einfach zu ticken aufhört. Ich will auch niemanden überreden müssen, der Vater meiner Kinder zu sein – und ich will mich erst recht nicht trennen.«
    Ina war das erste Mal, seit ich sie kenne, sprachlos.
    Neulich habe ich im Café am Weiher einen Mann beobachtet. Er war um die vierzig, saß auf der Terrasse unterm Heizstrahler einen Tisch weiter und las versunken in einem Buch. Unter dem gut geschnittenen Anzug trug er ein blütenweißes Hemd, er war schlank, sein Haar dunkel, und er hatte ein schönes Gesicht und einen feinen olivfarbenen Teint. Die Art, wie er sein Buch hielt und seinen Blick hingebungsvoll über die Zeilen gleiten ließ, wie seine schwarzen Schuhspitzen in der frühen Abendsonne glänzten und fest auf dem Kies ruhten, wie er hin und wieder an seinem Weißwein nippte und sein markantes Kinn sich dabei hob, das alles löste in mir eine solche Sehnsucht aus, die von einem Moment zum nächsten meinen gesamten Körper auszufüllen schien. Als würde dieser Mann, über den ich nichts wusste, außer dass er höchstwahrscheinlich gerade von der Arbeit kam und ungemein entspannt aussehen konnte, all meine Sehnsüchte in sich vereinen. Komischerweise wünschte ich mir in diesem Augenblick nichts mehr als eine warme Badewanne, in der ich versinken konnte.
    Ich habe diesen Mann angestarrt und mir vorgestellt, wie er wohl lebt. Bestimmt wohnt er in einer dieser unbezahlbaren Altbauwohnungen mit Blick auf den Weiher, mit abgezogenen Dielen und üppigem Stuck an der Decke. Im Esszimmer ein großer, heller Eichentisch, ausgewählte Kunst an den Wänden, eine moderne Wohnküche mit alten Kacheln und einer großen Espressomaschine, eine Bibliothek voller Bücher, indirekter Beleuchtung und einer gemütlichen Chaiselongue. Urlaub macht er in San Francisco oder in Paris, wo er eine Mansardenzweitwohnung auf dem Montmartre unterhält, und in der Toskana, wo

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