Löffelchenliebe (German Edition)
ich nach dem ersten Bissen aus. »Und noch viel besser als letztes Jahr in Florenz. Da war ich auf einer kulinarischen Pressereise durch die Toskana und habe zwei Mal Trüffelpasta gegessen. Als Vorspeise vor dem Fleischgericht. Massen essen die da ! Aber die Pasta war nicht halb so gut wie die hier.« Genüsslich wickle ich die Linguine um die Gabel, die sich dort erstaunlich gut halten.
»Ah, Florenz.« Hector nimmt einen Schluck Weißwein. »Ich liebe diese Stadt. Ich bin mindestens zwei Mal im Jahr dort, immer wenn mich die Sehnsucht überkommt. Für mich gibt es nichts Großartigeres, als auf dem Ponte Vecchio zu sitzen und zu wissen, dass über meinem Kopf die Meisterwerke von Michelangelo und Botticelli hängen. Das ist ein wahrhaft erhebendes Gefühl.«
»Oh ja, da saß ich auch schon ! Stell dir vor, vielleicht hat unser Po sogar genau dieselbe Stelle berührt.« Ich kichere.
Hector lächelt. »Vielleicht zeige ich dir irgendwann auch mal mein Lieblingsrestaurant dort. Ein ganz kleines, auf den ersten Blick unscheinbares Ecklokal. Aber sobald du die selbstgemachte Pasta auch nur riechst, weißt du, warum man zwei Monate im Voraus reservieren muss. Ein einziges Geschmacksfeuerwerk.«
»Das wäre toll !«, rufe ich so impulsiv, wie es meine Art ist. Und meine es in dem Augenblick auch so.
Nach dem Essen, das seinen Abschluss in einem perfekten Tiramisu findet, lasse ich mir das Bad zeigen. Das, was Hector beiläufig als Gäste- WC bezeichnet, entpuppt sich als riesiger Raum mit dunklem Steinboden und heller, asiatisch anmutender Badkeramik, einem großen Spiegel mit indirekter Beleuchtung, zwei Waschbecken, einem Bidet und – kann das möglich sein ? – einem Whirlpool. In großen Vasen sind Lilien mit Bambushalmen arrangiert, und auf einem kleinen Schränkchen stehen Dutzende Cremetiegel und Ampullen. Interessant, was dieser Mann für Kosmetika besitzt: Algenextrakt, Recharge-Serum, Blattgoldkur, Gelée royale. Kurzerhand entscheide ich mich für das Champagnerspray für müde Haut, schließlich ist dies das Gäste- WC, und alle Anwendungen sind folglich für Gäste gedacht. Also für mich. Ich schließe die Augen und sprühe mir den Champagner auf die müde Gesichtshaut. Es prickelt und kitzelt und … juckt wie verrückt. Verdammt ! Ich öffne die Augen und spähe in den Spiegel und finde meine Gesichtsfarbe mit einem Mal ziemlich rot. Schnell befeuchte ich ein Gästehandtuch mit Wasser und tupfe in einem Anflug von Panik über mein Gesicht. Es wird immer röter, und mein Make-up verabschiedet sich mehr und mehr. Jetzt piept auch noch mein Handy in der Handtasche, und meine Neugier zwingt mich, es mit klammen Fingern herauszuziehen.
David. Mein Herz rutscht in die Strickstrumpfhose. Er schreibt: »Anna, ich würde gerne noch mal mit dir sprechen. Können wir uns sehen ? Du fehlst mir sehr, David.«
»Ich möchte nicht mehr reden«, tippe ich umständlich mit einem Finger. »Es ist besser so, Anna.«
Sofort piepst es wieder: »Bitte, es ist mir wirklich wichtig. Und ich denke, das bist du mir schuldig.«
»Nein«, hacke ich in die Tastatur und will gerade auf Senden drücken, als meine steifen Finger wie ferngesteuert hinzufügen: »Außerdem gibt es einen anderen. Also, bitte, lass mich in Ruhe.« So, abgeschickt.
Zwei Sekunden später sieht man mich panisch auf meinem Telefon herumtippen. Es muss doch eine Rückholfunktion für SMS geben ! Warum schreibe ich nur so etwas Fieses ? Außerdem sollte David gar nicht wissen, dass es da einen anderen gibt. Gibt es ja auch noch gar nicht. Jedenfalls nicht konkret. Ob er sich jetzt ebenfalls anderweitig orientiert ? Ich will nicht, dass er eine andere Frau küsst ! Oder dass sie sein Abi-Shirt trägt und er ihr Croque mit Knoblauchremoulade macht und mit ihr campen geht und sie gemeinsam romantische Nächte im Zelt verbringen. Nur er und ich dürfen eine Isomatte teilen. Da poppt die Sendebestätigung auf. Minutenlang starre ich auf mein Handy, es schweigt.
Als ich wieder denken kann, rede ich mir ein, dass die SMS reiner Selbstschutz war, denn erst vor ein paar Tagen bin ich zwar nicht gerade wie Phönix, aber doch aus der Asche gestiegen, da will ich nicht sofort wieder zurück in den Schutt. Ich will nach vorne schauen.
Im Moment ist der Blick nach vorne allerdings alles andere als erhellend. Feuerrot starrt mir mein make-up-freies Gesicht aus dem Spiegel entgegen, die eben noch abgedeckten Rötungen bilden zusammen mit den hektischen Flecken und
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