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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Drecksköter auch nicht. Oder seh ich das falsch?«
    »Natürlich nicht, Messire«, brachte Sire Guy nur mühsam zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Robert ließ den Bogen sinken.
    Edith fühlte, wie ihre Knie weich wurden, doch sie zwang sich, aufrecht zu stehen. »Ich bin Edith de Kyme. Mit wem habe ich das Vergnügen?«
    »Roger de Laci«, erwiderte der grauhaarige Normanne.
    Edith zuckte zusammen. Roger de Laci war der Aufseher des Königs, verantwortlich für Nottinghamshire und Yorkshire. Er vertrat für den König das Gesetz. Deshalb würden sich Ediths Mutter und Victor d’Aspel zuallererst an ihn wenden, wenn sie die Flucht der Kinder entdeckt hatten.
    Edith machte einen tiefen Knicks. »Es ist mir eine Ehre, Sheriff.« Innerlich verfluchte sie alle: Robert, Sire Guy und seinen Köter – und vor allem sich selbst. Denn natürlich hätte sie sich zurückhalten müssen, um nicht aufzufallen. Bald würde auch der Sheriff von der Flucht der Geschwister hören und sich sofort an sie erinnern.
    »Die Ehre ist ganz auf meiner Seite, Lady Edith«, sagte Roger de Laci gelassen. »Und nun wollen wir sehen, dass wir ins Trockene kommen. Kommt Ihr, Sire Guy? Eure Töle könnt Ihr gerne draußen lassen.«
    Sire Guy folgte den anderen Männern. Auf der Schwelle wandte er sich noch einmal zu Edith um. »Ich bin Sire Guy de Gisbourne«, zischte er. »Aber Ihr braucht Euch den Namen nicht zu merken. Wenn Ihr an mich denkt, denkt an Deable – denn bei unserer nächsten Begegnung holt Euch der Teufel!«
    »Natürlich denke ich an einen Hundenamen, wenn ich an Euch denke«, sagte Edith.
    Die Zuschauer an den Fensteröffnungen johlten laut. Sire Guy ballte die Fäuste und wurde knallrot.
    »Und was ist mit dem Geld für die getöteten Gänse?«, fragte Edith. »Ich kann mich nicht erinnern, dass der Sheriff meiner Forderung widersprochen hätte.«
    Sire Guy zog eine Handvoll kleiner Münzen aus seinem Beutel und warf sie verächtlich auf den Boden.
    Edith hätte beinahe erwidert: Moment, Ihr bekommt noch was raus! , aber dann schwieg sie. Mit ihrem impulsiven Auftritt hatte sie sich Sire Guy bereits zum Feind gemacht. Sie musste ihn nicht noch so demütigen, dass er vor lauter Hass nicht mehr wusste, was er tat.
    Edith wandte sich an die beiden Hütejungen. »Das ist euer Geld«, sagte sie. »Hebt es auf, bevor es im Matsch versinkt.« Zu Robert sagte sie halblaut: »Wir müssen sofort von hier verschwinden.«
    Robert nickte. Auf seinen Wangen brannten zwei rote Flecken. »Wir nehmen eine Abkürzung durch den Wald von Barnsdale, nicht die Straße, die außen herumführt. Im Wald sind wir auch besser vor dem Gewitter geschützt.«
    »Durch den Wald? Nie im Leben! Wir werden uns da bestimmt verirren …«
    Robert schüttelte den Kopf. »Ich habe den Wanderbauern und den fahrenden Händlern zugehört, wenn sie nach Kyme kamen. Deshalb weiß ich genau, welche Strecke wir nehmen müssen.«
    Draußen ertönte ein heftiger Donnerschlag, dann begann es zu schütten.

7
    D ie Gestalt, die mit hängenden Schultern und eingezogenem Kopf die Straße entlangmarschierte, die Kleidung schwarz vor Nässe, war ein Mönch. Das Gesicht verbarg er unter seiner Kapuze. Das Gewitter war nach Osten abgezogen, der Klosterbruder hatte es mit voller Wucht abbekommen. Reisende Mönche waren selten in England; in der Regel blieben die Brüder in der Abgeschiedenheit ihrer Abteien. Der hier schien sich allerdings gut in der Welt zurechtzufinden. Er bog, ohne zu zögern, von der Straße ab und trat in die Herberge ein, wo er sich direkt vor das Feuer stellte und die triefende Kutte ausschüttelte wie ein Hund. Tropfen sprühten. Nicht alle waren reines Wasser, weil der Mönch ausgiebig zu niesen begann. Die Schankgäste, die bislang den warmen Platz vor dem Kamin besetzt hatten, wichen fluchend aus und machten so unfreiwillig Platz auf der Bank, auf der sie sich gedrängt hatten. Der Mönch ließ sich sofort in der entstandenen Lücke nieder. Er seufzte. Man konnte sehen, dass er es in der letzten Zeit nicht so genau genommen hatte mit der Klosterzucht: Seine Tonsur, die normalerweise nur einen Ring kurz geschnittenes Haar um einen kahl rasierten Schädel übrig gelassen hätte, war zugewuchert.
    Wenig später näherte sich ihm einer der Schankgäste mit einem Holzbecher und bot ihm zu trinken an. Es brachte Glück, wenn man einen Mönch bewirtete. Man konnte hoffen, dass der Mönch für einen beten würde. Und man konnte nie genug Leute

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