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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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hinter ihnen auf dem Weg, Zweige und Gras überall in seinem Gewand. Weitere Männer traten neben ihn, ähnlich getarnt. Wenn sie zehn Schritte weiter im Gebüsch gesteckt hätten, hätte man sie kaum erkennen können. »So sieht man sich wieder, Mylord.«

24
    W er ist er?«, fragte John Miller ein paar Augenblicke später und zeigte respektlos mit dem Finger auf Victor. Die Waffenknechte hatten ihre Haumesser, Äxte, Dolche und was sich sonst noch an ihnen gefunden hatte, abgegeben und standen in einem engen Kreis zusammen, Mordlust in den Augen und Hilflosigkeit in der Haltung. Victors Knappe stand zähneknirschend zwischen ihnen. Ein halbes Dutzend der Gesetzlosen bewachten sie. Victor stand abseits. Er war gezwungen worden abzusteigen. Die Schätze, die die Gruppe mitgeführt hatte, unter ihnen zwei von Victors heiß geliebten Jagdfalken, wurden von einer weiteren Handvoll Gesetzloser mit den glücklichen Mienen neuer Besitzer betrachtet.
    »Sein Name ist Victor d’Aspel«, sagte Edith. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen oder beides zugleich tun sollte. Sie wusste nur, dass sie nicht mehr viele Rückschläge verkraften würde, bevor sie sich irgendwo zusammenrollte, haltlos schluchzte und das Schicksal verfluchte. Ihr war völlig klar, worauf John Miller hinauswollte, und ihr war ebenso klar, wie Victor darauf reagieren würde. Der zukünftige Mann ihrer Mutter wusste es noch nicht, aber John Miller war die Antwort auf all seine Hoffnungen. Es würde nicht mehr lange dauern, bis er darauf kam. Alles, was Edith tun konnte, war, den Augenblick der Erkenntnis hinauszuzögern. Nicht dass es zu irgendetwas nutze gewesen wäre.
    John Miller machte eine ermunternde Geste. »Und? Was ist er? Der Possenreißer Eurer Truppe? Der Pferdeknecht? Der Koch?«
    Victor richtete sich auf. »Ich bin der Lord von Kyme, du Bauer!«, sagte er auf Normannisch.
    John Miller war sprachgewandter, als er wirkte. »Ah«, sagte er, sein Normannisch war besser als Victors Angelsächsisch, »ein Herr. Und auch noch von Kyme. Dann seid Ihr ein Konkurrent der beiden hier, denn bei unserem letzten Treffen haben sie sich als Lord und Lady de Kyme vorgestellt.«
    »Der Lord von Kyme bin ich allein!«
    »Noch nicht!«, rief Robert wütend.
    »Diese beiden«, sagte Victor, »sind die Kinder meiner zukünftigen Frau, der rechtmäßigen Lady de Kyme.«
    John Miller nickte. Edith wusste, dass er im nächsten Moment jene Worte sprechen würde, die Victor retten und sie und Robert in eine noch ausweglosere Gefangenschaft überführen würden. Beinahe war es komisch – sie würden auf ihre ganz eigene Weise das Geschick ihres Vaters teilen.
    »Was sind sie Euch wert?«, fragte John Miller. Edith schloss ergeben die Augen.
    »Wert?«, echote Victor.
    »Wie viel zahlt Ihr mir, damit ich sie wieder freilasse?«
    Victor war dümmer, als Edith gedacht hatte. Er stieß ein raues Lachen aus. »Zahlen? Ich würde höchstens dafür zahlen, dass ihr sie …« Er unterbrach sich und räusperte sich. Endlich war sein Hirn mit der Denkarbeit nachgekommen. »Lösegeld?«, sagte er. »Das ist es also …«
    »Wir würden auch für Euch eines verlangen, normannischer Herr, aber an wen senden wir dann die Forderung?«
    »Völlig richtig«, sagte Victor. Und dann, mit so wenig Pathos, dass es eine schlimmere Beleidigung war, als wenn er sich theatralisch auf die Knie geworfen hätte: »Tut den beiden nichts, sie sind mir so wertvoll, als wären es meine eigenen Kinder.« Er betrachtete seine Fingernägel, während er dies sagte.
    »Das kommt darauf an, wie schnell Ihr zahlt, normannischer Herr.«
    »Und was ist, wenn es euch zu langsam geht?«
    »Dann senden wir sie Euch stückweise zurück. Mit den Ohren fangen wir an.«
    »Das wagt ihr nicht!«, zischte Robert.
    »Oh?«, meinte Victor und verbesserte sich sofort. »Ich meine: Oje!«
    »Wie steht es also, normannischer Herr?«
    Edith öffnete die Augen und betrachtete John Miller. Plötzlich war ihr klar, dass nicht nur Victor eine (schlechte) Komödie spielte. John Miller folgte ebenso einem Manuskript, nur dass bei ihm nicht klar war, welchem. Bei Victor war das Ziel von Weitem zu erkennen: Ich verspreche euch, das Lösegeld zu holen. Dafür lasst ihr mich und meine Leute frei und behaltet nur die beiden Geiseln, und …
    »Lasst mich und meinen Knappen und meine Männer frei, dann hole ich das Lösegeld«, sagte Victor. »Ich werde mich beeilen; jeder Tag, den diese beiden edlen Kinder in Gefangenschaft

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