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Loewenmutter

Loewenmutter

Titel: Loewenmutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esma Abdelhamid
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dass sie am liebsten sofort wieder aufgelegt hätte. Aber dann fing sie doch an zu reden: »Dein Mann hat uns erzählt, du hättest einen anderen und wolltest nichts mehr von uns wissen.« – »Was, wie bitte?« – »Dass du einen anderen Mann in Tunesien hast. Hast du einen?« – »Nein, wieso? Warum soll ich einen anderen Mann haben? Das wäre das Allerletzte, was ich mir vorstellen könnte. Ich habe die Nase voll von Männern.« – »Aber Abdullah hat gesagt, er sei mit den Jungen alleine zurückgekommen, weil du nicht mitkommen wolltest. Wegen eines anderen. Deswegen hast du auch deine Kinder verraten.« Das war ein Schock. Unmöglich! Wie ist Abdullah bloß darauf gekommen? – Ich? – Meine Kinder verlassen wegen eines anderen? – Nicht einmal denken kann ich so etwas. Das ist das Allerletzte. So eine abgrundtief gemeine Lüge! Abdullah hatte mir meine Kinder genommen und mir das Wichtigste im Leben geraubt, was ich hatte. Und jetzt behauptete er das Gegenteil. Ich spürte, wie eine maßlose und ungeheuerliche Wut in mir hochstieg.
    »Abdullah hat mich hier ohne Pass sitzenlassen und ist mit den Söhnen abgehauen«, schrie ich ins Telefon. Mir war heiß, und auf meinem Hals breiteten sich rote Flecken aus. »Mein Ausweis war verschwunden, wer weiß, vielleicht hat er ihn sogar verschwinden lassen. Er wolle mir einen von Deutschland aus schicken, hat er gesagt. Alles Lüge!«, rief ich. »Verdammt, und ich hab nichts bemerkt. Nun wohnt er mit einer Algerierin zusammen und will nichts mehr von mir wissen. Nicht einmal anrufen darf ich. Stell dir das vor: Ich weiß nicht einmal, wie es den Jungs geht. Seit einem halben Jahr höre ich nichts von ihnen, kein Lebenszeichen. Kannst du dir eigentlich vorstellen, wie beschissen es mir geht? Schlecht, schlecht! Ich habe nicht mit den beiden gesprochen. Wer weiß, vielleicht haben sie schon vergessen, dass sie überhaupt eine Mutter haben. Aber sie fehlen mir so sehr. Abdullah hat mich verlassen und meine Söhne entführt.«
    Ich wurde immer lauter. Endlich konnte ich meinen Zorn aus mir herausschreien. Alle Trauer, in die ich mich monatelang eingeigelt hatte, war wie weggeblasen. Karimah war die einzige Person, die mich verstehen konnte. Und wenn nicht, so war es mir auch egal. »Sag, dass das nicht wahr ist«, stammelte sie, »das tut mir so leid!« Sie fand kaum Worte für ihr Entsetzen und ihr Mitleid. »Du kennst mich doch«, rief ich, »niemals würde ich meine Kinder alleine lassen, freiwillig niemals.« – »Ja, ich weiß. Es kam mir ja auch ziemlich komisch vor. Und ich habe gleich gesagt: So etwas tut Esma nicht. Sie trennt sich nicht von ihren Kindern.« – »Hast du Amin und Jasin gesehen?«, fragte ich nun. – »Nein, sie sind nie wieder zum Spielplatz gekommen.«
    Wir sprachen lange miteinander. Karimah erzählte, dass sie unsere Jungen nur einmal kurz nach dem Urlaub gesehen habe, dann nicht mehr. Die Lügengeschichte meines Mannes von meinem angeblichen Freund in Tunesien hatte sie über ein paar Ecken mitbekommen. Auch dass Abdullah mit einer anderen Frau zusammenlebte. Aber aus Not, so hatte er es wohl dargestellt, weil er jemanden brauchte, der seine Söhne versorgt, wenn sich die Mutter nicht um sie kümmert. Was für hundsgemeine Lügen. Ich war so entsetzt, dass ich es gar nicht mit Worten beschreiben konnte. Gleichzeitig schämte ich mich auch noch. Wegen seiner verdammten Lügen. Wie hat er mich dargestellt? Als Rabenmutter und Ehebrecherin. So konnte ich mich nie wieder nach Hamburg trauen.
    Und schon gar nicht meine Freundin nach einer Einladung fragen. Ihr Mann würde dem nie zustimmen, weil er Abdullah nicht in den Rücken fallen wollte. Nicht wegen einer Frau, die womöglich fremdgeht und deshalb ihre Kinder vernachlässigt. Mir wurde schlecht, wenn ich nur daran dachte. Karimah fragte nicht, ob ich zurück nach Deutschland kommen wolle, als wir auflegten.
    »Du musst gehen!« Mein Vater hatte für mich entschieden. Auch wenn mein Mann mir verboten hatte zu kommen. Ich musste kämpfen. Aber hatte ich überhaupt eine Chance gegen Abdullah? An manchen Tagen schien er mir unüberwindlich, und ich war hoffnungslos, an anderen wollte ich sofort aufbrechen und deutsche Urlauber am Strand um eine Einladung bitten. Doch die Touristen, die ich mit meiner Schwester in Sousse ansprach, hatten andere Dinge im Kopf als die Geschichte einer unglücklichen Mutter, die nicht einmal richtig Deutsch sprach.
    Dafür machte Vater einen tunesischen

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