Loge der Lust
sie da nur hineingeraten? Da waren auf der einen Seite die schrulligen neuen Kollegen und auf der anderen die heißblütige Nachbarin. Gegensätzlicher hätten die Bewohner Gardenryes nicht sein können.
Teena zog den Lederrock an und kombinierte ihn mit einem engen schwarzen T-Shirt, auf dem sich ihre Brustwarzen abzeichneten. Damit sah sie aus wie eine Rockerbraut, ein wenig verrucht. Nur die dunklen Turnschuhe passten nicht, aber sie hatte nichts anderes, nicht einmal eine Nylonstrumpfhose. Sie ließ die Haare offen und fühlte sich, als würde sie etwas Verbotenes tun. Wie die Kollegen wohl reagieren würden?
Eilig fuhr sie zum Bäcker, kaufte sich einen Bagel und eine Flasche stilles Mineralwasser. Dann steuerte sie das Polizeirevier an. Der wolkenverhangene Himmel riss auf, und die Sonne kam hervor. Es war angenehm warm an diesem Morgen. Mit einem Knoten im Magen betrat Christeena das Gebäude.
„Guten Morgen, Monica.“ Sie quälte ein Lächeln hervor.
Die Empfangssekretärin hatte in einer Akte geblättert und schaute nun über den Rand ihrer Brille zu ihr hinüber. „Sie sind fünf Minuten zu spät.“
„Du“, verbesserte Teena sie.
Monica runzelte die Stirn. „Wie bitte?
„ Du bist zu spät.“ Teena schritt an ihr vorüber. „Wir sind doch jetzt ein Team.“
Sie sah nicht zurück, konnte sich aber vorstellen, wie Monica die Zähne zusammenbiss oder gar die Zunge herausstreckte. Gerade wollte sie an Matthew Hallows Tür klopfen und hatte schon die Hand gehoben, als ihr neuer Chef aus dem Besprechungszimmer herüberrief: „Wir sind hier.“
Zögerlich trat sie ein. „Guten Morgen.“ Sie atmete auf, als sie sah, dass Lewis Poth nicht anwesend war. Matthew und Joshua saßen am Tisch, aßen Stullen und tranken Kaffee.
Als hätte Matthew ihre Gedanken erraten, sagte er: „Lewis kommt erst mittags. Wir arbeiten hier in zwei Schichten, früh und spät. Joshua übernimmt diese Woche die Früh- und Lewis die Spätschicht. Ich bin eigentlich immer hier.“ Er lachte.
„Gibt es keine Nachtschicht?“, fragte sie und legte die Tüte mit dem Bagel auf den Platz neben Joshua. „Und was ist mit dem Wochenende?“
Josh antwortete mit vollem Mund: „Jeder hat reihum mal Bereitschaft. Der Plan hängt bei Monica.“
„Du wirst vorläufig von neun Uhr morgens bis sechs Uhr abends Dienst haben, zur Einarbeitung, mit einer Stunde Pause, die du frei über den Tag verteilen kannst, allerdings sollte die Mittagspause am längsten sein.“ Matthew hielt die Tasse hoch. „Aber hol dir erst einmal einen Kaffee. Du trinkst doch Kaffee? Oder bist du einer von diesen Teefanatikern? Müssen wir unbedingt Tee trinken, nur weil wir Englänger sind?“ Er schnalzte und trank die halbe Tasse in einem Zug leer, obwohl der Kaffee sehr heiß sein musste, denn er dampfte noch.
Eigentlich bevorzugte Teena Tee, am liebsten asiatischen Gunpowder, doch sie wagte nicht, das zuzugeben. Sie nickte nur, stellte die Flasche Mineralwasser ab und ging zurück zur Anmeldung.
„Wo stehen denn die Tassen?“
„Die bringt sich jeder selbst mit.“ Monica zeigte auf ein Tablett mit drei umgekehrten Bechern. „Sobald du dir eine besorgt hast, kannst du sie dazustellen. Spülen musst du natürlich selbst.“
Teena wurde wütend. Sie hatte sich vorgenommen, ruhig zu bleiben, aber Monica reizte sie ständig. „Soll das heißen, ich kann jetzt keinen Kaffee trinken, weil ich noch keine eigene Tasse habe?“
Lächelnd schob Monica die Brille hoch. „Der Supermarkt ist gleich hier um die Ecke. Du kannst in der Mittagspause hingehen.“
Teena hätte schreien können. In diesem Augenblick bemerkte sie einen Becher auf dem Tablett, der ihr nur allzu bekannt vorkam. Er hatte einen Foto-Aufdruck, einen süßen Irish-Setter-Welpen. Herausfordernd nahm Teena die Tasse, die am Tag zuvor Monica benutzt hatte, goss sich bedächtig Kaffee ein und gab einen gehörigen Schuss Milch hinzu. Dann lehnte sie sich gegen den Aktenschrank und trank. Sie hätte sich wohl die Zunge verbrannt, wenn sie nicht so viel Milch genommen hätte.
Monica murrte. Sie rümpfte die Nase, schwieg jedoch und setzte sich mit dem Rücken zu Teena.
Diese triumphierte. Gemächlich schritt sie um die Anmeldung herum und musterte Monicas auffällige Frisur.
„Du hast einen Ansatz.“ Teena lehnte sich über den Schreibtisch und zeigte auf Monicas Scheitel. „Soll ich dir ein neues Färbemittel aus dem Supermarkt mitbringen, wenn ich mir eine Tasse kaufen
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