Loge der Lust
enttäuscht, dass sie an diesem Abend wieder nur masturbiert hatte, obwohl sie mit einem Mann zusammen gewesen war.
Der nächste Tag begrüßte Teena mit Sonnenschein. Der Regen war weitergezogen. Keine einzige Wolke stand am blauen Himmel. Frischer Wind wehte durch das gekippte Fenster in die Wohnung. Es duftete nach Lavendel. Teena vermutete, dass ihr Nachbar zur Rechten eine solche Pflanze auf dem Balkon stehen hatte, denn auf Rosalins Seite wuchsen nur zwei Kletterrosen an einem Rankgitter, wie sie bei ihrem Besuch bemerkt hatte. Einige Kohlmeisen saßen auf dem Balkongeländer und zwitscherten aufgeregt. Es war ein wunderschöner Morgen, der das Erlebnis der letzten Nacht unwirklich erscheinen ließ.
Teena stand auf und reckte sich. Ihr Blick fiel auf die Perücke, die sie auf das Sofa gelegt hatte. Das Rosa biss sich mit dem Cordbraun der Couch. Da hatte sie den Beweis! Der Maskierte im Lagerraum des Spirituosengeschäfts war kein Traum gewesen. So unschuldig der Tagesanbruch auch war, so sündig war der Abend zuvor gewesen. Wie sollte sie weiter vorgehen? Bis auf die Perücke hatte sie keine Hinweise, und selbst diese wenigen hatte sie vermutlich zerstört, als sie die unechten Haare aufgesetzt hatte. Was für ein Desaster! Sie war bestimmt die schlechteste Polizistin in ganz England.
Sie zog ein lindgrünes Trägershirt, Röhrenjeans und Roz‘ Stöckelschuhe an, denn ganz wollte sie nicht wieder in ihren burschikosen Kleidungsstil verfallen, aber so extrem sexy wie am Tag zuvor würde sie auch nicht mehr auftreten. Ihre Haare ließ sie offen. Sie fühlte sich beschwingt. Lag das am sonnigen Morgen oder an den aufreibenden Stunden der letzten Nacht?
Vorsorglich wickelte Teena die Perücke in eine Plastiktasche aus dem Supermarkt und steckte sie zusätzlich in einen schwarzen Jutebeutel. Dann schmierte sie sich ein Brot, nahm einen Apfel und fuhr eilig aufs Revier. Ihr Herz klopfte. Noch während sie einparkte, grübelte sie, ob sie den Kollegen von der Lady in Pink berichten sollte. Eigentlich hätte sie gar nicht darüber nachdenken sollen. Es war eine Selbstverständlichkeit, denn es ging schließlich um eine dringend Tatverdächtige. Aber wenn sie Bericht erstattete, müsste Teena ihnen auch von dem Maskierten erzählen. Natürlich konnte sie den Umstand verschweigen und erst gar nicht erwähnen, dass sie den Lagerraum des Coast Liquor Stores betreten hatte. Doch einerseits war sie eine schlechte Lügnerin, und andererseits konnten die Kollegen bei der Untersuchung des Kellers Anhaltspunkte finden, dass Teena entgegen ihrer Aussage dort gewesen war. Sie war schnell aus dem Lager geflüchtet. Da konnte es durchaus sein, dass ihr Slip doch noch in irgendeiner Ecke lag und sie ihn übersehen hatte. Das schwache Licht. Die Verwirrung.
Teena stieg aus dem Landrover und dachte an das Geld. Ohne sie zu zählen, hatte sie die Scheine in die Gesäßtasche des Lederrocks gesteckt. Sie durfte nicht vergessen, sie herauszunehmen, bevor sie Rosalin den Rock zurückgab, denn sicherlich waren Fingerabdrücke darauf zu finden. Aber der Maskierte war im Moment nicht so wichtig, zumal Teena nicht einmal sicher war, ob sie erfahren wollte, wer sich hinter der Balaklava versteckt hatte. Vielleicht sollte seine Identität besser im Dunkeln bleiben. Wer wusste schon, ob die Wahrheit nicht im Nachhinein einen Schatten auf das wollüstige Treffen werfen würde?
Sie stellte dieses Rätsel hintenan. Die Prostituierte zu finden, hatte Priorität. Teena witterte immer noch die Chance, sich vor den Kollegen zu profilieren, damit sie von ihnen akzeptiert wurde.
Mit einem mulmigen Gefühl im Magen betrat sie die Bezirksdienststelle.
Monica, die am Empfang saß und gerade den Telefonhörer auflegte, schaute auf ihre Armbanduhr.
„Ich bin zu spät, schon wieder“, kam Teena ihr zuvor.
„Wie gut, dass die Herren auch noch nicht eingetroffen sind.“
„Dann fällt es ja nicht weiter auf, es sei denn, du verrätst mich.“ Herausfordernd blieb Teena vor dem Schreibtisch, der als Rezeption diente, stehen.
„Kaffee?“ Monica stand schwungvoll auf, ging zur Kaffeemaschine und kam mit einer vollen Tasse zurück. Sie stellte sie auf den Tisch und schob sie Teena hin.
Verdutzt runzelte diese die Stirn. „Wie komme ich zu der Ehre?“
„Damit du schneller an die Arbeit gehst und ich nicht alle Akten allein in den Computer eingeben muss.“
Teena lachte. „Natürlich! Wie hätte es anders sein können? Ich danke dir,
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