Loge der Lust
dass ein Strafzettel hinter dem Scheibenwischer ihres Wagens steckte, auch das Einwohnermeldeamt von Gardenrye hatte bereits geschlossen, als sie wieder zurück war. Die Kleinstadt besaß nur ein kleines Rathaus, und das Amt hatte gerade mal zwei Stunden täglich auf. Teena war verärgert, weil sie sich nicht vorher informiert hatte. Nun musste sie auch noch Matthew belügen und sich in den nächsten Tagen unter einem Vorwand freinehmen, um das versäumte Ummelden nachzuholen.
Als sie vor dem Rathaus stand, den Kopf resignierend auf das Lenkrad gelegt, klopfte plötzlich jemand gegen das Seitenfenster an der Fahrerseite. Teena erschrak. Joshuas freundliches Gesicht tauchte neben ihr auf. Er öffnete von außen die Tür und stützte sich am Rahmen ab.
Besorgt fragte er: „Gibt es Probleme? Ich bin vorbeigefahren und habe dich hier parken sehen. Ein Landrover Discovery fällt in unserem Küstenstädtchen auf.“
„Nein, es ist alles in Ordnung.“
„Du bist gerade erst eingetroffen, und das Amt hatte schon zu, habe ich recht?“
Verdutzt schaute sie zu ihm auf.
„Ha! Ich habe zufällig ins Schwarze getroffen.“
„Ja, ja, ich komme immer zu spät“, seufzte sie.
Er trommelte mit den Fingern aufs Wagendach. „Wo hast du dich den ganzen Nachmittag herumgetrieben?“
Sie überlegte, ob sie vorgeben sollte, bei Monicas Frisör gewesen zu sein, doch das hätte er schnell durchschaut, da ihre Haare unverändert waren. Also ging sie in die Offensive: „Du hast mich erwischt. Wirst du mich bei Matthew verraten?“
„Nein …“
„Danke“, antwortete sie erleichtert.
„… unter einer Bedingung.“
Am liebsten hätte Teena ihm in den Magen geboxt, damit sein hinterhältiges Grinsen verschwand.
„Geh mit mir aus“, sagte er und fügte ein „Bitte“ hinzu.
„Ins ‚Flesh'?“
Josh schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Um Gottes willen, nein. Ich mag keine Bars. Ich zeige dir den besten und einzigen Pub in unserem kleinen Städtchen – ‚The Anchor'.“
„Der Anker?“ Sie rollte mit den Augen. Wie sonst hätte das Lokal auch heißen sollen? In Gardenrye drehte sich alles nur um Schifffahrt und Fischfang. Hoffentlich schmeckte das Ale nicht nach Seetang. „Ich habe ja keine Wahl.“
Er zwinkerte. „Nein, hast du nicht. Ich hole dich gegen acht ab.“ Er hob die Hand zum Abschiedsgruß und ging hinüber zu seinem Wagen, einem Austin Mini, der mehr Roststellen als lackierte Flächen besaß.
„Halt! Warte. Du brauchst doch noch meine Adresse“, rief sie ihm hinterher.
„Shell Road Nr. 26.“ Grinsend stieg er ein und brauste davon.
Lag ihre Personalakte offen in der Bezirksdienststelle herum, oder warum wussten die Kollegen so gut über alles Bescheid?
Teena fuhr nach Hause, aß einen Mikrowellenauflauf mit Kartoffeln und Brokkoli, den sie mangels Mikrowelle in einem Kochtopf erwärmt hatte und kaum angetastet in den Mülleimer warf, weil er fürchterlich schmeckte. Danach machte sie sich frisch. Obwohl sie zwischen den Männern in Gummistiefeln und Holzfällerhemden vermutlich auffallen würde wie ein bunter Hund, konnte sie sich nicht verkneifen, Strapse, Lederrock und Stöckelschuhe anzuziehen. Wann sonst sollte sie sich sexy kleiden, wenn nicht auf einem Date? War es denn eine Verabredung? Joshua machte immer wieder Anspielungen, die erahnen ließen, dass er sie mochte. Aber was war mit ihr? Konnte sie sich vorstellen, Josh näherzukommen? Sie fühlte sich geschmeichelt. Er war ein guter Kerl, bestimmt zuverlässig und treu. Zugegeben, er zog sich schräg an, obgleich sein Retrolook und seine Beatlesfrisur in dieser Kleinstadt schon wieder cool wirkten. Aber er ließ ihr Herz nicht unberührt. Sie fühlte sich wohl in seiner Gegenwart, er neckte sie gerne und hatte sie ein wenig unter seine Fittiche genommen. Ob aus Sympathie Liebe werden konnte, würde sich zeigen.
Teena durchforstete ihren Kleiderschrank nach einem passenden Oberteil und verzweifelte beinahe. Ein T-Shirt konnte sie nun wirklich nicht anziehen, blieb nur die altmodische beigefarbene Rüschenbluse, die ihre Eltern ihr zum Abschied geschenkt hatten. Tina war nichts anderes übrig geblieben, als sie in den Koffer zu packen, da ihre Mutter Sybill zugeschaut hatte, um sicherzugehen, dass Teena die Bluse nicht „rein zufällig“ in London vergaß. Eigentlich wollte sie das Oberteil nur als Putzlappen verwenden, aber nun fand sie, es würde gar nicht so schlecht zu dem Abend mit Joshua passen. Nur ein Detail
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