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Lohn des Todes

Titel: Lohn des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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du.«
    »Also habe ich es mir selbst zuzuschreiben.«
    »Conny? Hallo? Jemand zuhause? Dämlichkeit statt Vorsatz? Ich bitte dich, wäre Martin in deiner Situation gewesen, hättest
     du ihn betrogen? Innerhalb weniger Wochen? Denk nach, hättest du?«
    Ich dachte nach, trank noch einen Schluck Wein. »Ich weiß es nicht«, gab ich zu. »Ich habe keinen attraktiven Kollegen, der
     mich anhimmelt. Falls ich ihn hätte, vielleicht wäre ich schwach geworden. Möglicherweise.«
    Miriam stöhnte auf, ließ sich in den Sessel zurückfallen. »Du verdienst mindestens einen Heiligenschein, wenn nicht zwei.
     Ich würde gerade brüllen, so dass man es bis hinter Mailand hört, wenn ich dich nicht zu sehr mögen würde.«
    »Ich sehe es falsch?«
    »Constanze, denk nach. Du gehörst nicht zu den europäischen Nutztieren, du hast Grips.«
    |58| »Ich weiß nicht, was ich gemacht hätte.« Langsam wischte ich mir über die Wangen, verrieb die Tränen. »Vielleicht hätte ich
     genau wie er die Flucht ergriffen. Im Moment fühle ich mich leer, wie ausgehöhlt. Und verletzt.«
    »Verletzt?«
    »Ja, ist das falsch?« Hilflos sah ich sie an. Sie antwortete nicht. Therapeutisches Schweigen. Miriam wollte mich dazu bringen,
     nachzudenken und mir selbst Antworten zu geben. »Nein, es ist nicht falsch. Kein Gefühl, das man hat, ist im Grunde falsch.
     Martin hat mich verletzt, und ich sollte wütend sein, aber dazu fehlt mir die Kraft.«
    »Die Verletzung ist ja auch noch nicht so besonders alt.« Miriam verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Nein, stimmt. Er braucht Zeit und muss eine Entscheidung fällen. Er muss sich entscheiden, wen er mehr liebt, sie oder mich.«
     Die Verzweiflung ballte sich in meinem Magen zusammen und tat weh. »Oh, mein Gott. Was mach ich denn nun?«
    »Wie wäre es damit, wenn du dir deine Wut, Verzweiflung, Hilflosigkeit und den Schmerz zugestehst? Meinst du nicht, diese
     Gefühle sind berechtigt?«
    Ich strich mir durch die Haare. »Ich habe alles falsch gemacht. Ich habe es kaputt gemacht.«
    »Womit?«
    »Mit meinem Kummer und meiner Angst.«
    »Und dein Kummer und deine Angst waren nicht berechtigt?« Miriam zog die Augenbrauen hoch.
    »Martin hat sich von mir im Stich gelassen gefühlt.«
    »Dann weiß er jetzt sicher genau, wie es dir im Moment geht.«
    Ich versuchte ein Lächeln, putzte mir die Nase. »Sag mir als Freundin und nicht als Mentorin – kann das jemals wieder gut
     werden?«
    Miriam schnaufte. »Schwer zu sagen. Das kommt auf euch an, nicht wahr?«
    »Ja, erstmal muss er sich entscheiden und dann …«
    |59| »Was machst du, wenn er sich tatsächlich für dich entscheidet?«
    Ich drehte das Weinglas in meinen Händen. »Ich weiß es nicht. Kämpfen?«
    »Kämpfen?«
    »Ja, um die Beziehung kämpfen.«
    »Und wie?«
    »Keine Ahnung, sag du es mir.«
    Miriam lachte. »Dass ich nach drei gescheiterten Ehen dafür die richtige Ansprechpartnerin sein soll, will sich mir nicht
     wirklich erschließen. Ich fand es immer sinnlos, um etwas zu kämpfen. Vor allem um eine Beziehung. Das heißt aber nicht, dass
     es tatsächlich sinnlos ist. Aber etwas anderes, wie gehst du nun weiter vor?«
    Ich schüttelte mutlos den Kopf. »Keine Ahnung. Vermutlich werde ich nach Hause gehen und Charlie füttern. Und dann … nachdenken.
     Warten. Was bleibt mir anderes übrig?«
    »Warten ist immer schlecht. Das macht doch nur mürbe.«
    Sie hatte recht, jetzt schon verdrängte ich mühsam all die dunklen Gedanken an Martin und Maria und was sie jetzt wohl zusammen
     machten. Hielten sie Händchen und sprachen über mich? Über sich? Schliefen sie befreit miteinander? Wovon würde Martin seine
     Entscheidung abhängig machen, und was konnte ich tun, um ihn zu überzeugen, dass ich mich wirklich geändert und aus meinem
     dunklen Loch herausgekommen war? Ich hatte zwar meine gröbsten Ängste überwunden, doch die Eifel und unser kleines Haus beinhalteten
     jetzt ganz andere Gefahren. Das nächste Loch tat sich vor mir auf.
    »Ich meinte eigentlich, was die OFA angeht. Wirst du mitarbeiten?«
    Ich sah meine Freundin mit großen Augen an. »Nein!«
    »Warum nicht?«
    »Das kann ich nicht, Miriam. Ich kann doch jetzt nicht mit Martin und ihr zusammenarbeiten.«
    »Nein? Wieso nicht? Was machst du stattdessen?«
    Ich schluckte. »Vermutlich werde ich mich in meine Wohnung |60| verziehen. Mit dem Hund rausgehen, mich um meine Arbeit kümmern. Aber ich kann auf keinen Fall bei der OFA mitarbeiten.«
    »Das ist

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