Lohn des Todes
bedeuten?
»Kann ich dich kurz sprechen.« Ich hörte Andreas, schrak hoch. Doch die Stimme kam aus dem Wohnzimmer, das Fenster stand auf
Kippe.
»Ich habe einen Unfallbericht angefordert und muss ihn durchgehen, Andreas.« Robert klang unwirsch.
»Ich will dich gar nicht lange stören. Im Grunde genommen wollte ich dich nur fragen, ob du mich noch brauchst? Viele Insekten
haben wir auf den Opfern ja nicht gefunden, und alles, was wichtig war, haben wir abgehandelt. Ich fürchte, ich kann euch
nicht weiterhelfen.«
»Du willst fahren?«
»Wenn das möglich wäre? Wenn du meinst, dass ich noch hilfreich sein kann, dann bleibe ich. Aber es ist Samstagabend, ich
kann nicht viel machen und sitze hier in der Eifel fest …«
Robert lachte leise, ein warmes, angenehmes Lachen. »Hast du was am Start? Na ja, geht mich nichts an. Du hast recht, eigentlich
brauchen wir dich im Moment nicht. Wenn du fahren willst, dann fahr.«
»Okay, mach ich. Maria nehme ich gleich mit.«
»Besser ist das wahrscheinlich.«
Ich zuckte zusammen. Maria nahm er mit? Nicht, dass ich etwas dagegen hätte, aber es überraschte mich. Irgendwie machte es
mich auch sprachlos. Sie floh, ohne sich einer Begegnung zu stellen? Wie einfach. Aber vielleicht hatte Martin sie auch weggeschickt
– der Gedanke gefiel mir.
»Ich werde noch mal die Proben überprüfen und mit dem Bericht aus Flensburg vergleichen. Viel kann ich mir nicht davon versprechen.«
|73| »Mach das. Andreas. Schönes Wochenende.«
Wieder schloss ich die Augen, zur Ruhe fand ich nicht. Meine Gedanken rasten. Warum war Maria nicht bei der Besprechung dabei
gewesen? Wie würde Martin sich mir gegenüber verhalten? Würden wir den Fall aufklären können? Wer war der Täter? Irgendetwas
musste die Opfer verbinden, nur was?
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Kapitel 9
»Conny? Kommst du, wir wollen weitermachen«, sagte Robert Kemper leise. Ich schreckte hoch, öffnete die Augen. »Hast du geschlafen?«
»Nein, nur intensiv nachgedacht. Ich komme gleich.«
Er nickte mir zu, ging zurück ins Haus. Irgendwo heulte eine Motorsäge auf, ein Traktor fuhr über das Feld vor unserem Haus,
versprühte Gülle.
»Sei nicht böse, Maria.« Martins Stimme klang immer noch heiser. Sie standen wohl in der Auffahrt auf der anderen Seite des
Anbaus.
»Ich bin nicht böse, nur überrascht.«
»Es ist nicht meine, sondern Roberts Idee gewesen, das weißt du. Ich weiß auch nicht, was sie hier macht und wieso sie zurückgekommen
ist.«
Sie, damit war ich wohl gemeint. Ich musste mich zwingen, mich zurückzuhalten.
»Nun ja, sie ist da und ich soll fahren.« Maria hob wütend ihre Stimme.
»Auch das ist nicht meine Entscheidung. Aber Robert hat natürlich recht. Wir haben alle forensischen Details besprochen. Du
verschwendest hier nur deine Zeit.«
»Ich verschwende meine Zeit? Wirklich? Oder bin ich im Weg?«
»Sei nicht albern, Maria. Es ist auch für mich nicht einfach.«
|74| Für mich auch nicht, wollte ich schreien, biss mir aber auf die Lippe. Lauscher an der Wand hört seine eigene Schand. Es wäre
besser ins Haus zurückzugehen, aber ich blieb wie gelähmt sitzen.
»Es ist nicht einfach für dich?« Maria lachte hämisch. »Das glaube ich dir aufs Wort. Aber du wirst sicher mit der schwierigen
Situation fertig.«
»Ich muss eine Entscheidung treffen, Maria.«
»Und ich dachte, das hättest du schon längst. Dann triff mal deine Entscheidung, hoffentlich machst du dabei keinen Fehler.«
Ich hörte, dass eine Wagentür geöffnet und dann mit einem lauten Knall wieder geschlossen wurde. Die Frau war wirklich wütend.
Ein wenig konnte ich sie verstehen. Sie hatte gehofft, Punkt, Satz und Sieg mit einem Mal erhalten zu haben. Das war ein Fehler,
denn offenbar war sich Martin gar nicht so sicher.
Der Wagen fuhr davon. Ich stand auf und ging ins Haus.
»Unsere Gruppe hat sich etwas verändert. Constanze ist zu uns gestoßen, was ich sehr begrüße, und Andreas und Maria sind gefahren.«
Robert nickte mir zu. »Constanze könnte möglicherweise einige wichtige Informationen haben.«
Gespannt blickten alle zu mir, bis auf Martin. Er hielt den Kopf gesenkt.
»Ich weiß nicht, ob ich wirklich helfen kann. Erst mal die Fakten. Sonja Kluge war das Kind sehr liebevoller und besorgter
Eltern. Im Alter von etwa zehn Jahren wurde sie immer introvertierter und verschlossener. Sie litt unter großen Ängsten, klammerte
sich an die Mutter. Die Ursache hierfür konnte
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